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Interview
Sammler stellen Ihr Sammelgebiet vor
Walter Redeker: Seit über 27 Jahren sammelt und befasst er sich mit der Ueberschallflugpostsammlung "Concorde", entspannender Ausgleich zum Alltag.
1972 bekam ich durch Zufall einen Prospekt der Briefmarkenfirma Hermann E. Sieger AG in die Hand, es handelte sich um ein neues modernes Sammelgebiet "Überschallflugpost" . Angeboten wurden echt beförderte Briefe mit der englischen und französischen Concorde sowie der russischen TU 144 . Im Angebot waren noch Briefmarken und FDC mit Abbildung der Überschallflugzeuge, Concorde-Postsonderstempel., Aerogramme, Vignetten und Concorde-Fotopostkarten sowie Künstlerpostkarten. Das Sammelgebiet "CONCORDE ÜBERSCHALLFLUGPOST" faszinierte mich sehr. Bei den ersten Briefen handelte es sich um offizielle Bordpost der Herstellerfirmen Aerosspatiale Frankreich und British Aircraft Corporation England, diese Belege wurden in geringen Mengen von den Besatzungen der jeweiligen Flugzeuge befördert. Gleichzeitig erschienen bei den Postverwaltungen verschiedener Länder die ersten Concordebriefmarken, Blocks, Ministerblock, gezähnte und ungezähnte Concordmarken, die ersten Concorde Postsonderstempel erschienen, es tauchten die ersten Concorde Fotopostkarten auf, etwas später gab es die ersten Concorde-Künstlerpostkarten. Aus Russland kamen die ersten mit der TU 144 postamtlich beförderten Briefe von Moskau nach Alma Ata und zurück, Aerogramme erschienen ebenfalls. Der Flugverkehr mit der TU 144 wurde nach dem Absturz der Tupalow 144 während der Airschau in Paris und ein 2. Absturz in Russland eingestellt . Erst 1996 wurde in Zusammenarbeit mit der NASA die TU 144 ausgemottet und mit den russischen Behörden ein gemeinsames Forschungsprogramm mit Testflügen durchgeführt. In der Zwischenzeit hatte die erste postamtliche Beförderung von Concordbriefen von Buenos Aires nach Toulouse am 13.9.1971 stattgefunden. Nach Zahlreichen Test und Vorführungsflügen der englischen und französischen Concorde begann mit den ersten Linienflug der Concorde am 21.1.76 von Paris nach Rio de Janeiro die postamtliche Beförderung von Concordebriefen und Zuleitungspost von verschiedenen Ländern.

Zweiter Liniendienst Paris-Caracas-Paris, Paris-Manila- Paris, Paris-New York-Paris, London-New York-London, London-Singapur-London und Paris-Washington-Dallas-Washington-Paris. Ausserdem wurden von der Air France und von der British Airway hergestellten Briefe bei allen Erstflügen weltweit durch die Bordbesatzung der jeweiligen Fluggesellschaft befördert. Geringe Auflagenhöhe haben die von der Bordbesatzung oder vom Concordekapitän unterschriebenen Belege.


Erstagsbrief (FDC) der britischen Postverwaltung mit den 3 englischen Concorde-Marken und Ersttagstempel. "First Day of Issue" 3. März.1969 und französische Concorde-Marke zu Fr. 1,00 und Ersttagstempel. "Concorde Premier Vol 1969 Premier Jour 2. Mars 69 Toulouse" mit Erläuterungskarton

Meine Überschallflugpostsammlung "Concorde" hat in 27 Jahren intensives Sammeln folgenden Bestand erreicht: 1780 geflogene und Erinnerungsbriefe, 810 Concorde-Briefmarken, Blocks, Ministerblocks, ETB., FDC., Sonderblätter, 810 Concorde Sonderstempel inklusive Freistempel, 47 Aerogramme, 120 verschiedene Überschallflugbelege, 430 Concorde Foto- / Künstlerpostkarten und 220 Vignetten grösstenteils auf Brief . Um diese Vollständigkeit zu erreichen bin ich der Firma Hermann E. Sieger AG, Club Aerophilatelique Concord , Herrn Bernhard Lechner, Firma Lollini in Nizza, Transworld Philair Club in der DBZ. und B.P. Stamps Bristol dankbar. Meine Sammlung macht mir viel Freude. Wenn im nächsten Jahrhundert die geplanten Hypersonic Flugzeuge den Linienverkehr aufnehmen, wird eine Concorde Generalsammlung als Pioniersammlung höhen Stellenwert geniessen
  Walter Redeker, Deutschland
E-Mail: airmail.concorde@epost.de
Internet: http://www.airmail-concorde.de
FOTOS: Webdesign, Zürich  
 



Dieses wunderschöne Buch präsentiert Ihnen auf insgesamt 192 Seiten in zehn Kapiteln Spannendes von den abenteuerlichen Anfängen der Nordatlantiküberquerung bis hin zum hochtechnisierten Flugverkehr der Gegenwart. Ein Kapitel gehört da natürlich auch der Concorde, als schnellsten Flieger.
Durch die Homepage wurde man auf meine Sammlung aufmerk-sam und so konnte ich mit insgesamt 18 Belegen bei der Erstellung des Buches behilflich sein.
Das Buch enthält außerdem einen Original-Viererblock der Sondermarke "75 Jahre Nordatlantikflug Ost-West" sowie alle vier Briefmarken aus dem Satz "Historische Luftpostbeförderung".
 
Seite 163

Der Weg zum Überschall
DIE ENTWICKLUNG ZUM ÜBERSCHALLFLUG


Ob 1945 tatsächlich ein deutsches Kampfflugzeug vom Typ Me 262 im Sturzflug eher zufällig die Schallmauer durchbrach, ist heute nicht mehr eindeutig nachweisbar. Tatsache ist aber, dass im Jahre 1953 erstmalig und vorsätzlich ein Flugzeug im Geradeausflug schneller als der Schall flog: eine F- 100 Super Sabre schaffte MACH 1. Das Militärflugzeug Lockheed F- 104 konnte 1958 sogar längere Zeit ununterbrochen mit MACH 2 fliegen.
Seitdem arbeiteten weltweit Ingenieure an der Idee, die transkontinentalen Reisezeiten mit Überschallflugzeugen zu verkürzen. Bei doppelter Schallgeschwindigkeit - so eine Zukunftsvision - ließe sich die Reisezeit von London nach New York auf etwa vier Stunden halbieren, denn man war der Überzeugung, dass nach dem Motto "Zeit ist Geld" jedem nur
Dem "Starfighter" Lock-
heed F-104 gelangen erste
Flüge mit MACH 2.
schneller fliegenden Flugzeug die Zukunft gehören würde.
Schon 1956 wurde deswegen in England eine Kommission ins Leben gerufen, die sich mit dieser Idee befasste. Man erkannte schnell, dass ein einzelnes Unternehmen mit der erforderlichen Grundlagenforschung überfordert war. So entstand das "Supersonic Transport Aircraft Commitee" (STAC), dass aus 28 Mitgliedern aus den Reihen der Flugzeugkonstrukteure von Bristol, de Havilland bis zu Shorts und Vickers bestand. Auch die Fluggesellschaften BEA und BOAC entsandten Mitarbeiter in den Ausschuss, dessen Arbeit durch ein Subkomitee unterstützt wurde.
Die Kommission in Großbritannien konnte 1959 zwei Vorschläge unterbreiten, deren Weiterentwicklung für aussichtsreich erachtet wurde:
- ein 100-sitziges Flugzeug mit einer Reisegeschwindigkeit von MACH 1,5 (1482 km/h) und einer Reichweite von 2778 Kilometern,
- ein 150-sitziges Flugzeug mit einer Reisegeschwindigkeit von MACH 1,8 (2222 km/h) und einer Reichweite von 6482 Kilometern.

Auch in den USA befassten sich mehrere Firmen mit der Verwirklichung eines solchen Überschallfliegers. Nicht zuletzt der damalige Präsident John F. Kennedy wollte den Bau eines MACH-3-Fliegers als nationale Aufgabe verstanden wissen. Am SST-Projekt (Supersonic-Transporter) waren die Firmen Lockheed, McDonnel Douglas und Boeing beteiligt. Allerdings erzielte dieses amerikanische Projekt keine Erfolge, da es 1971 mangels finanzieller Unterstützung eingestellt wurde.
 
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Eine gemeinsame Entwicklungsstudie der Hawker-Siddeley Aviation Ltd. und der Bristol Aircraft Ltd. führte in England zunächst zu Erkenntnissen über den Formbau eines neuen Flugzeugtyps. Man beschloss, den Rumpf des Flugzeuges nicht wie zunächst
Ein Sonderstempel der französischen
Post aus Toulouse zeigt 1963
erstmals einen Entwurf des englisch-
französischen Überschallflugzeugs
"Concorde".
geplant in die Tragflächen zu integrieren, sondern eine Ausführung mit von den Tragflächen getrenntem Rumpf zu realisieren.
Ein erster Konstruktionsentwurf für ein Überschallpassagierflugzeug mit einer Reichweite über den Atlantik war die Bristol Typ 198: ein Flugzeug mit schlanken Deltaflügeln und sechs Olympus-Strahltriebwerken, welche unterhalb der Tragflächen angebracht waren. Vorgesehen waren eine Passagierkapazität von 130 Personen und ein Startgewicht von 172 365 kg.
Bedenken bezüglich der Konstruktion, des sehr hohen Gewichts und der Wirtschaftlichkeit veranlassten die britische Regierung, zunächst nur die Entwicklung eines kleineren Flugzeuges in Auftrag zu geben. Das Ergebnis war die Bristol Typ 223 für 100 Passagiere mit einem maximalen Startgewicht von 113 398 kg.

Concorde
DIE CONCORDE HEBT AB

Während der langjährigen Entwicklungs- und Bauzeit der Prototypen von Überschallpassagierflugzeugen vollzog sich in der wirtschaftlichen Struktur Großbritanniens ein grundlegender Wandel. Eine Vielzahl von Traditionsfirmen im Flugzeugbau wurde zu wenigen großen Konzernen vereint. Darüber hinaus war die Entwicklungsarbeit sehr kostspielig.
Der Gesellschaft BAC fiel die alleinige Federführung in der Entwicklung der Überschall-Passagierflugzeuge zu. Da die britische Regierung die volle Übernahme der Finanzierung des Projektes ablehnte, musste eine
Der erste Start einer Concorde
am 2. März 1969 in Toulouse.
Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen gesucht werden. Die favorisierten US-Giganten wie Boeing und Lockheed zeigten den Briten jedoch die kalte Schulter, und die BAC wandte sich möglichen europäischen Partnern zu.

Da sich in Frankreich einige Unternehmen bereits seit geraumer Zeit ebenfalls mit der Entwicklung eines Überschallflugzeugs befassten und man eine große Übereinstimmung zwischen beiden Modellen festgestellt hatte, drängte sich eine britisch-französische Kooperation auf.
Im November 1962 wurde in London das englisch-französische Abkommen zur gemeinsamen Entwicklung eines Überschall-Passagierflugzeuges mit dem Namen "Concorde" ("Eintracht") unterzeichnet. Das Abkommen ging auf einen gemeinsamen Entwurf von BAC-Chefingenieur Dr. Bill Strang und dem technischen Direktor der Sud-Aviation-Werke, Lucien Servanty, zurück. Man
 
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Beleg vom ersten Überschallflug der
Concorde 001 vom 1. Oktober 1969.
verwendete zunächst zwei Schreibweisen: Die britische Regierung entschied sich für "Concord", die französische für "Concorde". Erst im Laufe der Zeit einigte man sich international auf "Concorde". Es hieß später einmal scherzhaft, dass die einzige Unstimmigkeit zwischen Großbritannien und Frankreich während der Jahre der Zusammenarbeit lediglich im "e" am Ende des Wortes "Concorde" bestanden habe.

Nach einer siebenjährigen Phase der Konstruktion und Erprobung von Einzelkomponenten fand schließlich in Toulouse am 2. März 1969 der Erstflug der in Frankreich gebauten Concorde 001 statt.
Der 2. März war ein Sonntagmorgen. Hunderte von Journalisten waren angereist, um ausführlich über das Ereignis zu berichten. Das französische Fernsehen übertrug den Jungfernflug in einer Live-Sendung. Die
Drei verantwortliche Leiter des
Concorde- Projekts: Brian
Trubshaw, Direktor des Flug-
testprogramms der BAC, Andre
Turcat, sein französischer
Partner bei Aerospatiale, und
Sir George Edwards, Präsident
der BAC und Programmleiter
auf englischer Seite.
Zuschauer konnten beobachten, wie die Überprüfungen vor dem Flug durchgeführt und die vier Olympustriebwerke gestartet wurden. Feuerwehrfahrzeuge und Rettungsmannschaften waren bereitgestellt. Dann rollte die Concorde unter lautem Getöse zur Startbahn. Von einer Mirage begleitet, stieg der Überschalljet das erste Mal in den blauen Himmel auf. Die Test-Crew brachte die Maschine auf eine Flughöhe von rund 3000 Metern, wobei das 113 500 Kilogramm schwere Flugzeug eine Geschwindigkeit von 460 km/h erreichte. Nach einem gut halbstündigen Flug setzten Pilot Andre Turcat und seine Besatzung die Concorde 001 wieder auf den Boden. Unter dem Applaus der anwesenden Zuschauer und vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern waren sie sicher gelandet. Nur wenige Wochen danach startete am 9. April 1969 das im englischen Filton gebaute Muster 002 des Typs Concorde zu seinem Erstflug. Im selben Jahr wurden die beiden Prototypen auf der alle zwei Jahre stattfindenden Paris Air Show präsentiert.

Das Ziel der Concorde-Entwicklung war die Serienreife, um auch in wirtschaftlicher Hinsicht mit dem
Beleg vom Erstflug der französischen
Concorde vom März 1969. Die genaue
Flugroute ist unbekannt.
Projekt Erfolg zu haben. Man arbeitete sofort an der weiteren Überschall-Erprobung und verbesserte die Modelle kontinuierlich, zumal sich internationale Konkurrenz anbahnte. Denn auch in Russland arbeiteten mehrere Arbeitsgruppen schon seit Jahren an einem Überschallflugzeug. Seit dem 5. Juni 1969 war man dort auf Testflügen im supersonischen Bereich, und der weltweite Export eines Überschallflugzeugs war bereits angekündigt.
 
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Tupolew Tu-144
KONKURRENZ AUS RUSSLAND: TUPOLEW


Die Entwurfsarbeiten der Tu-144 standen unter Leitung von Professor Alexej Andrejewitsch Tupolew, des Sohnes des russischen Flugzeugpioniers Andrej Tupolew. Auch die Sowjets erprobten - wie die Hersteller der Concorde - die charakteristische Tragflächenform der Überschalljets an einem speziellen, maßstäblich verkleinerten Forschungsflugzeug.

Die russische Tupolew Tu-144
weist die charakteristische Form
der Concorde auf.
Die UdSSR hatten 1957 mit dem Sputnik-Satelliten den Wettlauf ins All gewonnen, nun wollte man auch den Wettlauf um die zukunftsweisenden Überschallflugzeuge gewinnen. Die Vorstellung des Tupolew-Modells auf dem Pariser Aero-Salon im Frühjahr 1965 hatte die westliche Presse zu einer Reihe von Spekulationen veranlasst, die in der Behauptung gipfelten, dass die Tu- 144 lediglich eine Kopie der Concorde sei. Schon bald machte der
Eine Blockausgabe des Jemen von
1969 zeigt Charles de Gaulle und
die Concorde.
spöttische Begriff von der "Concordski" die Runde.
Äußerlich besteht in der Tat zwischen der Concorde und der Tu-144 eine große Ähnlichkeit: Beide Entwürfe verwenden Delta-Doppelsichelflügel und eine zur Landung senkbare Rumpfspitze mit einziehbaren Cockpitfrontscheiben. Die Tragflächen der Tu-144 sind jedoch - zumindest beim Prototyp -weniger kompliziert. Die Seitenleitwerksfläche ist im Verhältnis größer, die Rumpfunterseite flacher als bei der Concorde. Der größte erkennbare Unterschied liegt im Triebwerksbau. Bei der Tu-144 werden vier Kusnezow-Mantelstromtriebwerke mit Nachbrennern verwendet, die Concorde hingegen hat Strahltriebwerke, die paarweise unter dem Rumpf angeordnet sind. Jedes Paar besitzt getrennte, nach der Flächenregel geformte Abgasführungen und veränderliche Lufteintrittsöffnungen. Alle vier Triebwerke sind zur Unterstützung bei Start und Steigflug mit Nachbrennern, die beiden Außentriebwerke mit Schubumkehr ausgestattet.
Beleg vom Erstflug der Concorde 002. Die
Auflage solcher Belege ist oft sehr gering.
Der vorliegende Brief ist die Nummer 28
von 162 geflogenen Belegen.
Der Prototyp der Tupolew Tu-144 startete am 31. Dezember 1968, knapp zwei Monate vor dem Erstflug der Concorde, vom geheimen Moskauer Militärflughafen Zhukovsky zu seinem ersten Probeflug. Erst nach dem geglückten Erstflug der Tu-144 schickten die russischen Nachrichtenagenturen die Bilder um die Welt. Westlich des Eisernen Vorhangs war man über diese Nachricht aus Moskau nicht sonderlich erfreut.
Die Tupolew Tu- 144 war Moskaus Paradeflugzeug und galt als Beweis für den hohen Standard sowjetischer Technik und als ein sichtbarer "Erfolg der Werktätigen". Nun versuchten die russischen Konstrukteure, ihr Flugzeug technisch zu verbessern und für den westlichen Markt zu perfektionieren.
 
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Paris 1973
SHOWDOWN AERO-SALON PARIS


Beleg vom ersten Flug einer Con-
corde mit MACH 2 am 12. November
1970, unterschrieben von Pilot Brian
Trubshaw.
Der jährliche Aero-Salon in Paris gilt als die wichtigste Messe für Flugzeuge. Beide Überschallflugzeuge waren dort bereits vertreten gewesen, wenn auch nicht im selben Jahr. 1973 kam es zum ersten Aufeinandertreffen der britisch-französischen Concorde und der russischen Tupolew Tu-144.

Am dritten Tag des Salons zeigten die britischen Piloten John Farley und Andy Jones während einer Flugvorführung der Concorde interessante Manöver und Beschleunigungen. Anschließend starteten die russischen Piloten mit ihrem Überschallflugzeug. Auch sie zeigten spektakuläre
Blick ins Cockpit der
Concorde.
Flugmanöver. Bei einem imposanten Steigflug der Tupolew allerdings passierte das Unglück: Die russischen Piloten brachen den Steigvorgang offensichtlich abrupt ab, die Maschine geriet außer Kontrolle und stürzte ab.
Sowohl in Paris als auch in Moskau wurde die Untersuchung des Unglücks auf politischer Ebene durchgeführt. Man verständigte sich auf die diplomatische Formulierung eines technischen Defektes als Unglücksursache. Ein offizieller Untersuchungsbericht wurde nie veröffentlicht, auch der Flugdatenschreiber der russischen Maschine wurde angeblich nie gefunden.
Erst Jahre später drangen Einzelheiten des Unglücks ans Licht der Öffentlichkeit: Eine französische Mirage sollte während des Fluges geheime Fotos von der russischen Überschallmaschine
Beleg des Jungfernflugs der engli-
schen Concorde am 17. Dezember
1971.
machen. Die Anwesenheit eines weiteren Flugzeuges im Luftraum war den Piloten der Tupolew beim Start verschwiegen worden. Das abrupte Abbrechen des Steigfluges war die einzige Möglichkeit für die Piloten, eine Kollision mit dem plötzlich auftauchenden französischen Spionageflugzeug zu verhindern - mit fatalem Ausgang.

Der Tupolew-Absturz von 1973 hatte keinen merklichen Einfluss auf den Wettstreit um die Aufnahme des Linienbetriebs mit Überschallflugzeugen. 1975 wurde mit einer Tupolew Tu- 144 der regelmäßige Flugverkehr zwischen Moskau und der kasachischen Hauptstadt Alma-Ata aufgenommen, allerdings zunächst nur für Transportflüge mit Frachtgütern und Post. Dank Überschall wurde die Strecke statt in vier in nur zwei Stunden zurückgelegt.
Die Concorde befand sich 1975 ebenfalls kurz vor der Reife zum Liniendienst. British Airways waren bereits dabei, einen Linienflugplan zu konzipieren.
 
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Linienverkehr
LINIENVERKEHR UND ENTTÄUSCHUNGEN


Beleg vom ersten Überschallflug der französi-
schen Concorde 001 auf der Strecke von Buenos
Aires nach Toulouse am 13. September 1971.
Der reguläre Passagier-Liniendienst wurde am 21. Januar 1976 gemeinsam in England und Frankreich aufgenommen. Die British Airways schickten ihren Überschallflieger nun regelmäßig von London nach Bahrain, Air France flog im Liniendienst von Paris nach Rio de Janeiro. Die Nordatlantikroute wurde
Am 30. Juni 1973 bot die Ge-
schwindigkeit der Concorde
Wissenschaftlern die Möglich-
keit, eine totale Sonnenfinster-
nis 75 Minuten lang zu
beobachten.
von den British Airways am 26. Mai 1976 auf der Strecke von London nach Washington D. C. erstmals im Liniendienst geflogen. Die vielen Vorführungen und Verkaufsreisen der Concorde wurden erfolgreich beendet, und über 70 Maschinen waren von zwölf Fluglinien bestellt worden. Aber als 1976 die Verkehrsflüge begannen, reduzierten sich aufgrund steigender Kosten und unter den zunehmenden Protesten von Umweltschutzorganisationen die Bestellungen auf neun Maschinen für Air France und British Airways. Wer erwartet hatte, dass der erfolgreiche Betrieb der Concorde bei Air France und British Airways Nachbestellungen auslösen würde, sah sich getäuscht. Ein wesentlicher Faktor für das Ausbleiben der Käufer war die nicht vorhersehbare Preisexplosion des Erdöls.
Pünktlich zum sechzigsten Jahrestag der Oktoberrevolution am 1. November 1977 wurde schließlich auch der Passagierbetrieb mit der russischen Tupolew Tu-144 eröffnet. Für 83,70
Wie bereits bei Katapult- und Zeppelinpost
wurden auch Postsendungen, die für den
Transport mit der Concorde bestimmt waren,
aus anderen Ländern zugeleitet. Dieser Bri ef
wurde zunächst von der bolivianischen Luftpost
nach Rio de Janeiro transportiert, ab Rio
erfolgte der Transport auf dem Erstfiug der
Concorde von Rio nach Paris am 21. Januar
1976.
Rubel, damals etwa 265 DM, konnte man das Abenteuer Überschall in Russland erleben. Doch die Tu-144 flog bald ins technische und wirtschaftliche Abseits. Reisende berichteten von ohrenbetäubendem Lärm in der Kabine, an normale Unterhaltung war nicht zu denken. Nachrichten wurden auf Zettel geschrieben und weitergereicht. Die Sitze waren unbequem, man saß sehr beengt, die Bordverpflegung bestand aus Wodka und Butterkeksen.
1978 wurden die sieben hergestellten Serienmaschinen plötzlich aus dem Verkehr gezogen. Der Konstrukteur Tupolew äußerte offiziell gegenüber französischen Industriemanagern, die Maschinen verbrauchten zu viel Treibstoff und der Betrieb sei deshalb unrentabel.
 
Seite 169

Ersttsgsgestempelte Blockausgabe aus
Bahrain, die anlässlich der Eröffnung
der Concorde-Route von Bahrain nach
London am 22. Januar 1976 veraus-
gabt wurde.
In Wahrheit hatten die russischen Deltaflügler jedoch mit wesentlich ernsteren Problemen zu kämpfen: In der ersten Juniwoche 1978 war eine Tu-144 nach dem Start zu einem Werkstattflug in Moskau abgestürzt. Als kurz darauf eine weitere Tu- 144 abstürzte, wurde der Flugbetrieb vorläufig eingestellt. Insgesamt wurden 102 Passagierflüge absolviert. Zunächst kündigte man an, den Flugzeugtyp bis 1980 wieder einsetzen zu können. Dies ließ sich allerdings nicht realisieren, und über Jahre herrschte Ungewissheit, bis 1983 der russische Minister für Zivilluftfahrt das endgültige Aus für die Tu-144 erklärte.

Die Concorde-Maschinen hingegen flogen zunächst über zwei Jahrzehnte störungsfrei mit MACH 2 von London und Paris über den
Am Flughafen von San Francisco
wird neben anderen Flugzeugen
auch eine Concorde abgefertigt.
Nordatlantik. Wann und wo immer eine Concorde mit ihren auffallend langen Stelzenbeinen einschwebte, fühlte sich die lokale und nationale Luftfahrt geadelt. Concorde-Erstflüge gerieten zu wahren Volksfesten auf den Flughäfen. 1983 war die Concorde erstmals in München zu erleben, 1984 in Köln-Bonn.

Technik
DIE TECHNIK DER CONCORDE

Die Concorde-Modelle wurden stets weiterentwickelt, ihre technische Daten sind herausragend. Neben der außerordentlichen Geschwindigkeit, dem großen Gewicht und der Triebwerksleistung beeindrucken insbesondere Navigations- und Stabilisierungstechniken.
Concorde-Sonderflug am 13. April 1978
von London nach New York anlässlich des
50. Jahrestages des Atlantikflugs von
1928.


Das Treibstoffsystem der Concorde wird nicht nur zur Versorgung der Triebwerke benutzt, sondern auch zur Kühlung und Veränderung der so genannten Trimmlage des Flugzeugs. Diese Stabilisierungsmethode durch Umpumpen des Treibstoffgewichts wurde bereits bei Zeppelin Luftschiffen eingesetzt. Jede Haupttankgruppe hat zwei stets gefüllte Sammeltanks, um die Triebwerke auf ihrer Seite mit Treibstoff zu versorgen. Der restliche Treibstoff wird im Flugzeug verlagert und zusätzlich als Wärmespeicher verwendet, um die Belüftungsanlage, die Hydrauliksysteme, die elektrische Ausrüstung und die Triebwerkschmierung zu temperieren.
 
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Beleg vom Concorde-Erstflug von Berlin
nach London am 30. Juni 1985.
Kernstücke des Navigations- und Flugsteuersystems der Concorde sind ein Digitalcomputer und die Trägheitsplattform, eine kleine Baugruppe, die sich um jede Achse drehen kann.
Zur Elektronik der Concorde gehören verschiedene Systeme zur Funkkommunikation, zwei Navigations- und Instrumentenlandesysteme, jeweils zwei Höhen- und Entfernungsmess- Systeme, ein Empfangsgerät für Markierungsfeuer von Bodenstationen und ein Wetter- radar im Bug, das Stürme, dichte Wolkenschichten und auf dem Flugweg befindliche Turbulenzen erfasst. Das Flugkommando-Computersystem steuert die Triebwerksleistung während der Blindlandung automatisch.

Die Besatzung bringt zudem eine winzige Kassette mit an Bord. Sie enthält ein Videoband, das auf dem in der Instrumententafel befindlichen 8-Zoll-Bildschirm die Einzelheiten der erforderlichen Flugroute und mögliche Umleitungen zu anderen Flughäfen einspielt. Das Trägheitsnavigationssystem überwacht fortwährend die Videobanddarstellung, so dass die Lage des Flugzeugs immer im Mittelpunkt des Bildschirms angezeigt wird. Das Display zeigt darüber hinaus die Lage des Flugzeugs mit Hilfe anderer Navigationsmethoden an, wozu externe oder bodenunabhängige Funk-und Radarsysteme herangezogen werden.

Trotz der vielen Superlative der Concorde und werbewirksamer Flüge wie des Weltflugs von 1988 blieben Air France und British Airways die einzigen Luftlinien, die solche Überschallflugzeuge gekauft
Der Weltflug der Concorde führte 1988 in
knapp 40 Stunden von Paris über Dakar, Rio
de Janeiro, Guam, Bangkok und Kairo zurück
nach Paris. Viele Stationen des Fluges sind
auf diesem Beleg festgehalten.
haben. Insgesamt wurden bis heute nur 14 Concorde-Serienmaschinen gebaut. Entsprechend exklusiv ist es, mit einer Concorde über den Atlantik zu reisen. Während an Bord Champagner und Kaviar verkostet werden können, fliegt man bei doppelter Schallgeschwindigkeit dem Ziel entgegen, mit 2060 Kilometern pro Stunde.

Einen besonderen Geschwindigkeitsrekord stellte eine Concorde am 7. Februar 1996 auf dem Flug von London nach New York auf, den sie in nur drei Stunden zurücklegte. Die gewöhnliche Reisezeit auf dieser Strecke beträgt im Durchschnitt sonst knapp vier Stunden.
 

Seite 171

Zeitdokument
CONCORDE-BELEGE ZUM ZEITGESCHEHEN
Sonderflug der französischen Fußballnationalmannschaft
zur Fußball-Weltmeisterschaft 1978 von Paris nach Buenos
Aires am 24. Mai 1978.
Sonderflug von London nach New York mit Sonderstempel
und Aufdruck anlässlich der Hochzeit von Prince Charles
und Diana Spencer am 29. Juli 1981.

 

 
Seite 172

Im "höchsten und
schnellsten Postamt der
Welt" wurden 1989 am
Jahrestag des Erst-
fluges 1400 Belege bei
MACH 1,5 gestempelt.
Aufgrund der immensen Geschwindigkeit der Concorde im Flug durch die Zeitzonen kommt man bei Transatlantikflügen früher in New York an, als man in London losgeflogen ist. Ein Flug, der um 10.30 Uhr in London beginnt, endet bereits um 9.25 Uhr in New York.

Seit dem Premierenflug des Liniendienstes von London nach Bahrain 1976 hatten die sieben Concorde der British Airways bis 1999 über 45 000 Flüge absolviert. Die Maschinen waren dabei etwa 127 000 Stunden in der Luft, davon über 100 000 Stunden mit Überschall. Die Flugzeuge hatten weit über 205 Millionen Kilometer, das entspricht etwa 4000 Erdumrundungen, störungsfrei zurückgelegt, bis sich im Jahr 2000 erstmals ein Unglück ereignete.
Beleg vom Concorde-Erstflug von
Berlin-Schönefeld nach Paris am
3. Oktober 1991


Am 25. Juli 2000 verunglückte eine Concorde nahe dem Flughafen "Charles de Gaulle" in Paris. Bei dem Absturz von Flug F-4590, der sich um 16.43 Uhr nur zwei Minuten nach dem Start der Überschallmaschine ereignete, kamen 113 Menschen ums Leben. Die genaue Unglücksursache ist ungeklärt. Aus einem beschädigten Tragflächentank entweichendes Flugbenzin verursachte ein heftiges Feuer in einem Triebwerk und führte zur Katastrophe. Die brennende Maschine stürzte kurz nach dem Start in ein Hotel im Pariser Vorort Gonesse. Als mögliche Auslöser für die zum Unglück führende Beschädigung des Tanks wurden sowohl ein verlorenes Metallteil eines zuvor gestarteten Flugzeugs genannt als auch Versäumnisse des Bodenpersonals der Air France,
Erstflug Paris-Stuttgart-Paris am 1.5.1998
anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der
Unterzeichnung des Vertrages für deutsch-
französische Zusammenarbeit. Den Beleg
zieren neben verschiedenen Sonderstempeln
auch zwei motivgleiche Sondermarken aus
Frankreich und Deutschland.
wobei ein wichtiges Bauteil am Fahrwerk der Concorde vergessen worden war. Zudem soll, laut "The Observer", die Unglücksmaschine fast sechs Tonnen Übergewicht gehabt haben, was den Schwerpunkt der Maschine gefährlich weit nach hinten verschoben haben könnte.
Nun flogen Frankreich und Großbritannien die Concorde nicht nur aus wirtschaftlichen Überlegungen. Sie galt vielmehr als Symbol des britischen und vielleicht noch mehr des französischen Nationalstolzes. In einer französischen Zeitung hieß es: "Für Frankreich ist das Unglück mehr als ein Flugzeugabsturz. Es ist das Ende eines Symbols."
 
Seite 173

Beleg des Sonderflugs vom 7. November 1999
(Passage du Mur du Son) von Paris zum
Ärmelkanal, weiter in Richtung des Atlantiks
und in einer großen Schleife über der
französischen Küste zurück nach Paris.
Unter diesem Aspekt betrachtet, war es unabdingbar, dass die Concorde wieder abheben musste. So wurden die Flüge nur kurze Zeit ausgesetzt und die Flugerlaubnis alsbald wieder erteilt, doch die inzwischen seit über einem Vierteljahrhundert linienmäßig verkehrenden Maschinen sind nicht erst durch das Unglück im Jahr 2000 einer wachsenden Kritik ausgesetzt.
Die Concorde ist zwar seit ihrer Entstehung das schnellste zivile Passagierflugzeug der Welt, ein wirtschaftlicher Erfolg für die Hersteller hat sich jedoch nie einstellen können. Nicht zuletzt aufgrund des hohen Treibstoffverbrauchs konnte bis in die Gegenwart auch kein weiterer Absatzmarkt für das Flugzeug eröffnet werden. Die Treibstoffmenge, die eine Concorde zum Flug von London über den Nordatlantik benötigt, reicht anderen Transatlantikjets für dieselbe Strecke hin und zurück. Ökologisch orientierte Unternehmen kehrten der Concorde auch wegen der hohen Umweltbelastung durch ihre Abgase den Rücken.

Was bleibt, ist die Geschwindigkeit. Prominente und Spitzenmanager schätzen den Zeitvorteil, der
"Ein Sammlertraum wurde Wirklich-
keit", schrieb ein Concorde-Beleg
Sammler, als es ihm 1999 ermöglicht
wurde, selbst an einem Flug teilzu-
nehmen und einen entprechenden
Beleg an sich zu senden.
sich durch die Flugzeit von durchschnittlich nur knapp vier Stunden für die Nordatlantiküberquerung ergibt. Die schnellen Concorde-Flüge werden oftmals auch an besonderen Terminals auf den Flughäfen abgefertigt, wodurch die Check-in-Zeit ebenfalls verkürzt wird.
Weniger der Zeitvorteil als vielmehr die Exklusivität des Fluges reizt Touristen, die für viel Geld einen relativ kurzen Flug in 20000 Meter Höhe bei Rekordgeschwindigkeit absolvieren. Über den Wolken ist die Geschwindigkeit allerdings fast nicht zu erahnen. Einzig die Digitalanzeige in der Kabine beweist, dass mit Überschall geflogen wird.

Zwar waren in den USA in den achtziger und neunziger Jahren neue Supersonic-Pläne gereift, und die US-Regierung hatte einem Team von Ingenieuren und Konstrukteuren über zwei Milliarden Dollar für die Entwicklung eines futuristischen Hyperschalljets bereitgestellt, doch die Umsetzung wäre erst durch weitere zehn Milliarden Dollar möglich geworden. Eine solche Summe hätte eine globale Finanzierung erfordert, die unter den gegebenen Umständen nicht realisierbar war.
So wird die Concorde wohl mittelfristig das einzige Überschallflugzeug für die zivile Nutzung bleiben, denn im Moment wird nirgendwo auf der Welt an solchen Projekten geforscht.
 
Seite 190

Danksagung
Nur durch Kooperation mit unzähligen Sammlern, Sammlerverbänden, Firmen, Fliegerverbänden und Flughistorikern konnte dieses Buch entstehen. Die Autoren danken insbesondere dem BDPh sowie dem Verein "Wir holen die BREMEN nach Bremen", durch deren Vermittlung die ersten wichtigen Kontakte bei der Recherche geknüpft werden konnten.

Privatsammlungen
Folgende Personen haben für die Realisierung dieses Buches ihre umfangreichen privaten Sammlungen geöffnet und philatelistische und zeithistorische Dokumente zur Verfügung gestellt:

Ronny Vogt, Zürich (Atlantikflug der Bremen 1928)
Dieter Leder, Meersburg (Katapultflug-Belege)
Manfred Neumann, Bremen (Luftpoststempel)
Walter Redeker, Nürnberg (Concorde-Belege)
Wolfgang Haseloff, Lonsee (Lufthansa-Belege)
Günter Mair, Hausach (Luftpost-Zettel)
[aktualisiert am 29. Juni 2003]