Bahnknoten München – warum geht es nicht weiter?

 

Das Bayerische Kabinett und der Bayerische Landtag haben 2010 ein Konzept zum Ausbau des Bahnknotens Münchens beschlossen. Folgende Dokumente informieren über die bis heute bestehende Beschlusslage:

Ende 2010 wurden die Ergebnisse der Bedarfsplanüberprüfung für die Schienenwege des Bundes veröffentlicht. Dort finden sich auch Festlegungen zu Maßnahmen im Bahnknoten München. Für den Güterverkehr sind beispielsweise folgende kleinere Netzergänzungen erwähnt:

  • Wiederaufbau einer Kurve am Eisenbahn-Nordring zwischen Feldmoching und Milbertshofen (Investition Bestandsnetz, daher außerhalb der Bedarfsplanung des Bundes)
  • Bau einer Kurve zwischen Daglfing und Riem ("Daglfinger Kurve")
  • Bau einer Kurve zwischen Riem und Trudering ("Truderinger Kurve")
  • Zweigleisiger Ausbau der Verbindung Daglfing – Trudering ("Truderinger Spange")

Weitere Informationen und Verweise zur Bedarfsplanüberprüfung findet man im Artikel "Flughafenexpress verdrängt S-Bahn".

Die Ergebnisse der Bedarfsplanüberprüfung und die Beschlüsse von Staatsregierung und Landtag stammen von 2010. Dass sich seitdem Situation und Perspektive für den Bahnknoten München nicht grundlegend geändert haben, mag man noch als Bestandteil des Desasters der Verkehrspolitik akzeptieren. Dass wir aber heute außer vielen Worten keinerlei auch nur kleine Verbesserungen vorfinden, ist schon schlechter zu verstehen. Keiner der Beteiligten – Bund, Deutsche Bahn AG, Freistaat – haben auch nur mit irgendeinem der seit Jahren und Jahrzehnten angekündigten substanziellen Schritte begonnen.

So existieren die oben aufgelisteten Netzergänzungen für den Güterverkehr immer noch nur auf dem Papier. Insbesondere für die Verbindungskurve Feldmoching – Milbertshofen, die eine Investition ins Bestandsnetz also kein Ausbau wäre, fehlen nur etwa 100 Meter Gleis.




Die Karte zeigt die Lage der fraglichen Gleiskurve (Luftbild).


Die Tatsache des fehlenden Gleisstücks als Aufhänger genommen, entstand Anfang April 2013 der im Folgenden verlinkte Brief zur Thematik Eisenbahnknoten München. Adressiert ist der Brief an Bundesverkehrsminister Ramsauer, den bayerischen Verkehrsminister Zeil und den Münchner Oberbürgermeister Ude.


Die aktuelle Lage bei den Antworten auf diesen Brief sei hier ebenfalls dargestellt:

  • Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) antwortete am 3.5.2013. In seinem Brief verweist das Ministerium auf den Bund als Zuständigen sowie auf das Bahnknoten-Konzept der Staatsregierung. Explizit wird der Aussage widersprochen, dass die Planungen zum zweiten Stammstreckentunnel den Ausbau im Bereich Johanneskirchen – Daglfing blockieren.

  • Über die Einrichtung dieser Webseite wurden die angeschriebenen Stellen am 21.5.2013 mittels E-Mail informiert.
     
  • Das Schreiben ans Münchner Rathaus wurde am 19.4.2013 zuständigkeitshalber an das Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur Beantwortung weitergeleitet. Von dort traf am 22.5.2013 eine Stellungnahme ein. Zum Güterverkehr weist man auf ein noch nicht veröffentlichtes Gutachten hin (siehe Nachtrag 1 und 2), das aber bezüglich der thematisierten Gleiskurve zu keinem positiven Ergebnis komme. In einem weiteren Absatz geht es um die Flughafenanbindung. Auf das Argument, dass die Strecke München – Freising, wenn man über den Tellerrand der Münchner Stadtgrenze hinweg schaut, verkehrlich deutlich wichtiger ist als die Anbindung zum Flughafen über die S8-Strecke, wird jedoch nicht eingegangen.

  • Um sicherzustellen, dass bezüglich der Meinung zur Flughafenanbindung kein Missverständnis entsteht, wurde das Schreiben des Münchner Planungsreferats kurz beantwortet.

  • Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) erhielt Anfang Juni eine Nachfrage, ob noch mit einer Antwort in der Sache zu rechnen sei. Am 20.6.2013 traf dann eine E-Mail vom Bürgerservice des Ministeriums ein. Die Zuständigkeit für den Wiederaufbau der Verbindungskurve wird darin allein der Deutschen Bahn AG zugewiesen. Das auf dem zweiten Stammstreckentunnel basierende Konzept für den Bahnknoten München "ist aus Sicht des Bundes sehr gut geeignet".

  • In einer weiteren E-Mail an das BMVBS wurde darauf hingewiesen, dass angesichts der Lärmproblematik auch eine politische Verantwortung gegeben ist. Die Aussagen zum Verhältnis zwischen Großprojekten und kleineren Ausbaumaßnahmen wurden noch einmal dargelegt, da das BMVBS-Schreiben in diesem Punkt Unklarheiten in der Interpretation zu enthalten scheint. Eine Kopie dieser E-Mail ging ans StMWIVT.

     

 
Nachtrag 1 zum Stand April 2014:

Das im Mai 2013 vom Planungsreferat angekündigte Gutachten ("wird demnächst veröffentlich") wurde bereits im März 2012 erstellt, aber erst im Februar 2014 dem Münchner Stadtrat vorgelegt. In einer im April 2014 veröffentlicher Kurzfassung kommen weder die zerstörte Gleiskurve noch die im Schreiben des Planungsreferats erwähnte Bewertung durch die BMW AG vor.

 
Nachtrag 2 zum Stand Oktober 2014:

Am 17.9.2014 berät der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung der Stadt München das "Verkehrskonzept Münchner Norden". In dem Konzept kommt auch der in den Dokumenten als "Feldmochinger Kurve" bezeichnete Gleisabschnitt vor. Im ursprünglichen Entschlussentwurf findet man in Kapitel 8.2 (Seite 45) eine Darstellung der Problematik und die Aussage, dass eine Reaktivierung der Kurve "erhebliche Vorteile" bringe:

Trotz der Weigerung des BMW-Konzerns, sich an den Kosten zu beteiligen, soll die Stadt die Reaktivierung der Feldmochinger Kurve weiterverfolgen (Kapitel 8.3, Seite 46).

Es handelt sich bei dem hier genannten Gutachten offensichtlich um eine nicht veröffentlichte Fassung des 16 Monate vorher vom Planungsreferat angekündigten Gutachtens, in dessen veröffentlicher Kurzfassung die zerstörte Gleiskurve aber nicht vorkommt.

Im überarbeiteten Entschlussentwurf vom 11.9.2014 gibt es nur noch einen kurzen Abschnitt zum Thema (Seite 36, Kapitel 2.5). Nach Intervention des zuständigen Bezirksausschusses (Seite 22/23) wird im endgültigen Antrag die Reaktivierung unter den Vorbehalt von Schallschutzmaßnahmen gestellt und soll "in Zusammenarbeit mit den Unternehmen im Münchner Norden" nur noch geprüft werden:

Im Beschluss des Ausschusses vom 8.10.2014 (Seite 3, Kapitel 2.5) und des Stadtrats vom 22.10.2014 sollen nach weiteren Änderungsanträgen nur noch die Vor- und Nachteile einer Reaktivierung intern geprüft werden:

 
Nachtrag 3 zum Stand Februar 2015:

Im Rahmen der Ausschreibung der Planungsarbeiten für die Außeneinheit eines Elektronischen Stellwerks (ESTW-A) in München-Milbertshofen wurde von der DB ProjektBau GmbH am 6.2.2015 auch die Planung der "Reaktivierung der Feldmochinger Kurve" ausgeschrieben (siehe II.1.5 Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens). Ob und wann dies zum Wiederaufbau der Gleise führt, und inwieweit man irgendwo bei der Deutschen Bahn AG überhaupt registriert hat, welche Gutachten, Anträge, Beschlüsse und Stellungnahmen zu diesem Thema bei Verwaltung und Rat der Stadt München erzeugt wurden, bleibt zunächst einmal ungewiss.

Auch im Zusammenhang mit den oben dargestellten Schreiben andere Behörden bleibt der Eindruck, dass die Durchführung von Maßnahmen der DB AG und deren Begleitung durch die politischen Institutionen ziemlich voneinander entkoppelt und teilweise aneinander vorbei geschehen.

 

Weitere Querverweise:

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