Subject: Re: Modell Karlsruhe: Hysterie oder sinnvolle Ergaenzung Date: Fri, 21 Jul 2000 17:29:57 +0200 From: Edmund Lauterbach Newsgroups: de.etc.bahn.stadtverkehr Hallo, wenn ich hier schon genannt werde, will ich auch was dazu sagen. Die Linkliste auf meinen Webseiten (gemeint ist die unter http://www.fortunecity.de/anlagen/ruhe/99/stadtbahn/) ist zunächst mal ohne Bewertung. Wenn überhaupt soll sie die mögliche Vielfalt der Projekte aufzeigen. Karlsruhe ist sicher für viele Vorbild (und aufgrund seines Erfolges auch Argumentationshilfe). Im Extremfall wird halt eine simple Tramverlängerung als "Karlsruher Modell" dargestellt, nur weil sie stückweise neben statt auf der Straße erfolgt. Da es aber überall unterschiedliche Voraussetzungen gibt, gibt es auch bei genauerem Hinsehen Unterschiede bei den Lösungsvorschlägen. Ob so etwas wie Bielefeld (!) abstrus oder sinnvoll ist, kann ich nicht beurteilen. Peter Reinbold wrote: > > Und da gibt es eine Seite der PRO-BAHN, die vorschlagen, für die > Tangentialbedienung des Münchener Umlandes ebenfalls das Karlsruher > Modell anzuwenden. Dabei sollen Fahrzeuge - wohl auf neu zu bauenden > Abschnitten - Ortschaften zwischen den Eisenbahnstrecken an die Schiene > angebunden werden, abschnittsweise ihre Strecke mit der S-Bahn teilen > und über das bestehende Tramnetz in die Münchener Innenstadt geführt > werden. Hier sieht das etwas anders aus, da ich an den Vorschlägen selber mitgearbeitet habe (auch dazu gibt es was unter http://www.fortunecity.de/anlagen/ruhe/99/stadtbahn/). Fakt ist, daß es in und um München Gebiete gibt, die ein Verkehrsaufkommen haben, das Schienenverkehr lohnen würde, aber für neue U- oder S-Bahn-Strecken zu schwach oder zu verteilt ist. So hat der die Stadtgrenze überschreitende Autoverkehr deutlich stärker zugenommen als die Nord-Süd- und Ost-West-Verkehre innerhalb Münchens. Ähnliches gilt für bestimmte stark belastete (und die Anwohner belastende) Tangentialstrecken, die fast vollkommen dem Autoverkehr überlassen sind und wo der ÖPNV mit kümmerlichen und im Stau stehenden Buslinien nicht konkurrenzfähig ist. Die Münchner Trambahn ist mit ihren R-Wagen auch nicht unbedingt geeignet für Überlandstrecken, höhere Geschwindigkeiten und längere Reisezeiten. Auf bestimmten Bahnstrecken - z.B. dort wo nur S-Bahn verkehrt - könnte man sich ein zusätzliche Nutzung der Gleise vorstellen. Grundsätzlich ist aber auch eine Einsystem-Lösung ohne Nutzung von DB-Strecken denkbar. Ob dann genau das rauskommt, was im Pro-Bahn-Konzept vorgeschlagen wird, kann man diskutieren (was im Raum M auch gerade heftigst passiert). Vorschläge wie eine Führung bis in die Innenstadt als Verstärkung der Tram oder die Nutzung eines oberirdisch liegenden U-Bahn-Teilstücks dienen auch hier zunächst mal dazu, die Möglichkeiten aufzuzeigen (quasi der politischen Phantasie auf die Sprünge zu helfen). > Nun meine Fragen an Euch: Haben die angegebenen Projekte eine Chance auf > Verwirklichung? Das Stadtbahn-Konzept wird im Raum München ernsthaft (und leider sehr strittig) diskutiert. Die Stadt München hat einzelne Trassen/Korridore in den Verkehrsentwicklungsplan aufgenommen. Der MVV und andere untersuchen Strecken (wobei als Alternative vereinzelt auch einfache Tramverlängerungen (Dachau) diskutiert werden). Ein Knackpunkt ist sicher die Finanzierung (neben politischer Lethargie oder der Autolobby, die Angst hat, irgendwo ein paar Meter Straße abgeben zu müssen). Wobei das mit dem Geld auch nur relativ gilt, wenn man sieht, daß U-Bahnen für viel mehr Geld an Stellen gebaut werden, die auch nicht mehr recht u-bahn-würdig sind. Leider läuft bei U-Bahn-Strecken aber (zumindest in Bayern) der für Prestigeobjekte übliche Förderautomatismus ab, so daß sie für die beteiligten Kommunen scheinbar günstig sind (der dicke Hammer kommt bei den Betriebskosten und später bei Generalsanierungen z.B. von Rolltreppen). Grüße Edmund -- http://www.fortunecity.de/anlagen/ruhe/99/