Aus dem Kulturmagazin AnDante 7 aus dem Engelhardt-Verlag


www.andante-kulturmagazin.de


Irene Hack


Im Zusammenhang mit der Fähigkeit, künstlerisches Einfühlungsvermögen mit Intelligenz zu kombinieren, sei insbesondere auf Offenbachs Operndelikatesse „Hoffmanns Erzählungen“ verwiesen. Das Paradestück, das wie alle Werke von Jacques Offenbach eine Parodie auf das Leben enthält, ist mit soviel Tiefgang versehen, dass es einer Muse bedarf, die den Platz des guten Freundes und der einzigen Freundin zugleich einnimmt, dabei guter Geist ist und zu geistreichem Gut inspiriert.

Offenbachs Oper birgt Ironie und exakt den Witz, der durch Überagieren in der Witzlosigkeit verebbt. Ann-Katrin Naidu hingegen macht in ihrer Darbietung der Muse/des Niklas deutlich, worauf es ankommt. Denn hier gilt es Feinheiten rüberzubringen, außer Hoffmann auch noch ganz beiläufig das Publikum zu erobern, und, nicht zu vergessen, die Stimme mit ergreifender Würde und Klangfülle zu führen. Ihre auffallend kultivierte Sangesgabe korrespondiert dabei mit fachlicher Disziplin und ausgewogener Beherrschung, wodurch sie die Kontrastfreudigkeit der Klangpassagen zu akzentuieren weiß. Wie oft muss man erleben, dass gerade Bravour-Arien respektive auch die so genannten Ohrwürmer in der Routine versinken und dann wie von einer Drehorgel, die schon eine Weile auf dem Dachboden als Spinnenbehausung diente, heruntergeleiert werden. Nicht so bei Ann-Katrin Naidu. Denn obgleich die elegant-anmutige Mezzosopranistin bereits an etlichen internationalen Häusern „Hoffmanns Erzählungen“ gesungen hat, unter anderem in den USA, an der Seattle Opera, begegnet sie der Offenbach’schen Figur, Muse/Niklas mit scheinbar unermüdlicher Frische und einer zuverlässig konstanten Festigkeit in der Musik. Wie bei allen ihren Darbietungen fügen sich auch hier in bewährter Weise die, den psychologischen Aspekt verfeinernden Phrasierungen sowie die besonders reine Intonation hinzu, die eine spezifische Eigenheit ihrer Gesangskunst darstellen. Mit Bravour gelingt ihr dabei einmal mehr, was die wenigsten schaffen, vielleicht nicht mal anstreben: die Frage nach der Existenz der Seele bei einer Geige, beantwortet sie, indem sie in die Geige, fast greifbar, eine Seele hinein singt.




Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Redaktion