»Hoffmann« als Revue in einem Cabaret

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Besuchte Vorstellung 22. September 2013 (Premiere)






Regie und


Immo Karaman

Dirigent


Gregor Bühl

Chorleitung


Jaume Miranda

Bühnenbild


Aída Leonor Gardia

Version


Kaye-Keck

Sprache


Französisch




Hoffmann


Michael Spadaccini

Muse


Judith Braun

Olympia, Antonia, Giulietta


Sylvia Koke

Widersacher


James Bobby








Fazit Saarbrücken: Die gute Nachricht zuerst: Saarbücken ist eine Reise wert, schon alleine wegen des wunderschönen Gesangs. Der Mezzo Judith Brauns und der Sopran Sylvia Kokes, beide hauseigene Sängerinnen, hätten auch das Publikum der Scala zum Jubeln gebracht. Zwei selten schöne und perfekte Stimmen zum Niederknien. Innerhalb von fünf Tagen erlebte ich zwei berückend schöne Soprane, die alle drei Rollen umfassten. Auch die beiden männlichen Hauptrollen waren ausgezeichnet besetzt. Dazu begleitete das Saarländische Staatsorchester mit schönem und perfektem Klang. Aber der »Hoffmann« spielte nicht nur in einem Zirkuszelt, sondern wurde vom preisgekrönten Gastregisseur Karaman auch als bisweilen grotesker Zirkus aufgeführt. Teilweise wirkte diese romantische Oper von den Leiden und der Rettung Hoffmanns wie eine Farce oder zumindest wie ein Cabaret oder eine Opernparodie. Regie und Dramaturgie hatten kräftig am Libretto der Contes gebastelt, leider nicht zu deren Vorteil. Respekt vor der Technik und Organisation, welche die schwierige Situation in einem Zelt meisterte.

Hier die Kritik der Saarbrücker Zeitung, der ich weitgehend zustimmen kann. Oliver Schwambach schrieb von einer Rückkehr in den Pariser Amüsierbetrieb des 19. Jahrhunderts, aber auch die Zeitsprünge in die jüngere Gegenwart. In diese Welt setzte der Regisseur den machohaften Hoffmann. Auch die Saarbrücker Zeitung lobt die hohe Gesangskunst dieser Inszenierung und empfiehlt, nochmals hinzugehen.



Sonntag der 22. September 2013, Tag der Bundestagswahl. Schnell noch um 18 Uhr die Prognose des Wahlergebnisses und die ersten Analysen gehört, und dann guten Mutes ab ins Theater.


Das Saarbrücker Theater ist ein wuchtiger Bau aus der Zwischenkriegszeit und wurde 1938 von Adolf Hitler eröffnet - mit einer Wagner-Oper, versteht sich. Die Nazis bezeichneten das Theater als Geschenk an die saarländische Bevölkerung, Die hatten in der Volksabstimmung 1935 für Deutschland und nur zu 0,4% für Frankreich optiert. Das taten sie nocheinmal 1954, bekamen aber nichts geschenkt, weil sie nicht wie von Adenauer erhofft für Frankreich gestimmt hatten. Der CDU-Patriarch wollte nämlich die Saar so klammheimlich seinen französischen Freunden zuschieben.

Also, die Saar ist noch deutsch, wenngleich ihr langjähriger Ministerpräsident Lafontaine hieß. Und nun spielte man in Saarbrücken eine französische Oper, die von dem deutschen Dichter E.T.A. Hoffmann handelt, vom in Köln geborenen Komponisten Jacques Offenbach vertont und nun auf Französisch nur ein paar Meter von französischem Territorium aufgeführt wurde.



Das war nun nicht so einfach, denn zur Zeit wird die Bühnentechnik des einst modernsten Theaters Europas gründlich modernisiert. Um den Spielbetrieb in Gang zu halten, errichtete man vor dem Theater mit großem und sicher nicht billigem Aufwand ein riesiges Zelt, das innen komfortabel bestuhlt wurde. Die Bühne war erhöht, das große Orchester im Frack saß darunter. Ich zählte vier Kontrabässe und fünf Celli.

Eine mit Glühbirnen beleuchtete Kasse in einem Zirkuswagen vor dem Zelt führte einen in die kommende circensische Atmosfäre ein.

Man betrat das Zelt durch einen kleinen Tunnel und stand in einem geräumigen Vorraum, in dem die Gastronomie untergbracht war. Alles war perfekt organisiert. Mir fiel gleich auf, dass das Publikum altersmäßig gut durchmischt war. Man sah nicht nur Jugendliche, sondern auch zahlreiche Besucher in ihren Dreißigern und Vierzigern, die an den meisten anderen deutschen Operntheatern selten zu sehen sind. Das deutet auf gute Pressearbeit des Saarbrücker Theaters hin.

Da die Zuschauer, nach ihrer gemächlichen Gangart auch nach offiziellem Beginn, kein Interesse an einem pünktlichen Beginn der Vorstellung zu haben schienen, verzögerte sich der Anfang um 10 Minuten. Geht ja noch im Vergleich zu Zypern, wo teuer gekleidete Damen noch eine Dreiviertelstunde nach geplantem Beginn sich fröhlich unterhaltend ins Theater schlenderten


Die Muse


Um 19:40 hob Gastdirigent Gregor Bühl, ein Riese an Gestalt, seinen Taktstock. Der musikalischen Leitung Gregor Bühls sah leicht nervös entgegen, denn ich hatte seine Art von Orchesterbegleitung schon in Lissabon erlebt. Leider scheint er inzwischen seine Haltung zu dieser Oper nicht überdacht zu haben. Den in der Partitur als maestoso notierten Auftakt peitschte er wie in Lissabon eilig durch, als wollte er die eben verlorenen zehn Minuten wieder aufholen. Auch sonst ging er mit der eher gefühligen Musik Jacques Offenbachs eher streng um. Ich möchte ja nicht so weit gehen zu sagen, dass er die Barkarole im Stil eines Militärmarsches begleiten ließ, aber etwas mehr erotisch-sinnlichen Schmalz hätte ich mir schon gewünscht. Doch davon später mehr.

Die Bühne wurde von einem riesigen goldornamentierten Bilderrahmen eingefasst, vor die dem ein livrierter Page saß. Beleuchtungsmuscheln wie in einem Barocktheater säumten den vorderen Bühnenrand.


Ein paar lorbeerbekränzte Musen in wallendem Tüll betraten die Bühne und tanzten umher. Dazu ertönte der schon erwähnte viel zu schnelle Auftakt.

Doch dann kam die richtige Muse. Aber was hatte die denn an? Sie war gekleidet wie eine Revuetänzerin in einem Cabaret. Verblüffung meinerseits. Die Muse soll den Dichter doch zur Kunst führen und ihn nicht zu Abenteuern verlocken. Oder sollte sie ihn in ihrem sexy Outfit von den anderen Damen weglocken?


Wie dem auch sei, ich wurde gleich von ihrem wunderschönen Mezzo hin und hergerissen, der umso wärmer und voller klang, weil er mit dem Timbre eines Alt abgerundet wurde. Das Publikum schien ebenso begeistert wie ich, denn für die kurze Vorstellung der Muse gab es den ersten und hochverdienten Applaus.


Muse und Hoffmann in der Wohnküche


Mein Erstaunen nahm kein Ende, denn man schien das Vorspiel gestrichen zu haben. Ich bin ja für eine kräftige Kürzung des ersten Aktes oder Vorspieles auf das Wesentliche, aber es ganz wegzulassen? Keine fröhlichen Trinklieder in Lutters Kneipe, sondern eine triste Wohnküche aus den 50er Jahren wurde sichtbar, als der Vorhang aufging. So haust also der Dichter Hoffmann wie ein Rodolfo in der Bohème. Seine Mitbewohnerin im Unterrock vergrub ihren Kopf auf dem Tisch. Mit kräftiger und wohlklingender Stimme stellte er sich vor. Und schon erhob sich eine Olympia aus dem Souffleurkasten oder einer Klappe vorne an der Bühne. Dann klingelte es energisch an der Haustür.

Und wie reagierte Hoffmann? Er packte seine Mitbewohnerin und schob die nur leicht Bekleidete gnadenlos in den großen Kühlschrank. Nun frieren ja Mimi und Rodolfo in der Bohème auch, aber muss man dies so forcieren?


Ein älterer Herr, gestylt wie ein Hausierer für Toilettenartikel, der mich irgendwie an einen arbeitslos gewordenen Mercedes-Boss Dieter Zetsche erinnerte, kam herein. Doch er war Coppelius, der Hoffmann die berühmte Zauberbrille verkaufen wollte. Dazu stellte sich die Muse wortlos hin. Auf dem Kopf hatte sie einen sehr hohen Zylinder. Dann trat Coppelius, wie Vertreter das zu tun pflegen, an den Kühlschrank, aus dem es nun rosa leuchtete. Das war wohl das rosa Rauschen, zu dem die vorher hineingeschobene Dame inzwischen mutiert war. Eine muntere Hausfrau hantierte an einem Staubsauger, widmete aber ihre Aufmerksamkeit eher dem Publikum, mit dem sie heftigst flirtete, als bewerbe sie sich um einen Job als Staubsaugerin bei DSDS. Während dieser Ereignisse klingelte es erneut an der Haustür. Und die muntere Hausfrau, die inzwischen auch Teller poliert hatte, kam als Vamp appetitmachend lächelnd mit einem knusprigen Brathähnchen herein. Dazu sang die in der Souffleurkiste stehende Sängerin berückend schön die Arie der Olympia.






Hoffmann erschlägt das Olympia-Double


Später erfuhr ich, warum man die Figur der Olympia zweigeteilt hatte. Die Regie wollte die Rollen der drei Geliebten Hoffmanns in Zeit und Raum doppeln. Eine stumme (die lebende Frau) und eine singende Darstellerin (die tote Frau) sollten verschiedene Ebenen von Traumbild und Wirklichkeit, Diesseits und Jenseits verkörpern. Die singende Tote, als Olympia auf den Raum der Bühnenklappe begrenzt, drang im Antonia-Akt nach und nach in den Bühnenraum der stummen Lebenden ein und tötete sie schließlich. Im Giulietta-Akt agierte dann die Sängerin auf der Bühne, und das Double stand aus der Klappe nach oben. Tja, das soll nun ein Zuschauer spontan kapieren.

Obwohl die Sängerin der drei Sopranrollen erst eine Woche vor der Premiere in die Produktion eingestiegen war, merkte man ihr diese kurze Vorbereitungszeit nicht an.


Diese doppelte Olympia schwächelte nicht, dafür aber Hoffmann, der zur Stärkung einen Schluck aus der Pulle nahm, woraufhin Olympia weitersingen konnte. Dafür trat das Olympia-Double nun in einem einteiligen Badeanzug auf und polierte aufmunternd lächelnd wieder Teller. Das war nun mal eine praktische Olympia. Zu dem Gesang schunkelten Spalanzanis Gäste in Abwesenheit ihres Gastgebers (die Rolle war offensichtlich gestrichen).


Leider spielte das Orchester nach Ende der großartig gesungenen Arie der Olympia gnadenlos weiter, so dass jeder aufkommende (und hochverdiente) Applaus im Keime erstickt wurde. Hoffmann schrieb weiter auf seiner Reiseschreibmaschine, schließlich ist er ja Dichter. Seine Muse schaute auch wieder vorbei, diesmal als Rauschgoldengel.


Das Ende der Olympia war schrecklich. Als Hoffmann herausgefunden hatte, wer sie wirklich war, erschlug er sie gnadenlos mit einer roten Kohlenschaufel. Das musste er auch tun, denn nachdem Spalanzani ganz gestrichen war, konnte es auch keinen Antagonismus desselben mit Coppelius geben, und so musste Hoffmann die Untat selbst erledigen. Eigentlich schlug er ja daneben, aber die Statistin wusste, was sie zu tun hatte und fiel vor Schreck tot um. Die Sängerin der Olympia dagegen blieb am Leben, da sie ja noch gebraucht wurde.


Vorhang. Drei leichtgeschürzte Damen im Matrosenlook wie von der Reeperbahn – Saarbrücken liegt bekanntlich auch an einer Wasserstraße - traten vor den Vorhang, und die Muse sang beeindruckend schön die Vogelarie, in der sie den Hoffmann vor dem Automaten Olympia warnen will. Aber die Warnung kam definitiv zu spät, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sängerin ihren Auftritt verpasst hatte und ihn jetzt nachholte..


Die großartige Interpretin der drei Sopranrollen


Zu Beginn des Antonia-Aktes schlief Hoffmann wieder am Tisch seiner tristen Wohnküche. Im Souffleurkasten stehend sang nun die Antonia, auf der Bühne mimte die Statistin. Die weckte Hoffmann auf und las in seinen Schriften. Wunderschön begleitete das Orchester den noch schöneren Gesang. Dafür gab es hochverdienten Applaus. Ebenso schön gesungene Duette Antonia-Hoffmann folgten.


Dann klingelte es schon wieder an der Tür. (Ich kann mich nicht erinnern, dass es in einem »Hoffmann« an der Türe geklingelt hatte, schon gleich gar nicht so oft). Mirakel trat ein und begann unvermittelt mit seiner Pseudodiagnose an Antonia. Daneben saß stumm eine graue Gestalt, ein alter Mann, der wohl Antonias Vater Krespel darstellen sollte.


Mirakel hypnosierte Antonia und wickelte sie zusammen mit Hoffmann in ein weißes Laken. Hoffmann schnitt das wieder auf und zog der Antonia ein blutrotes Band aus dem Mund, das wohl Antonias Lungenkrankheit symbolisieren sollte. Dann begann Antonia ihren gefährlichen Gesang und fiel dann in Hoffmanns Armen in eine Bewusstlosigkeit oder gar in den Tod.



Der Vorhang fiel, und ich meinte, der Akt sei zu Ende. Doch nun sang Franz vor dem Vorhang sein Couplet. Auf den gut lesbaren Seitentiteln fand sich diesmal keine „Methode“, die ihm beim Gesang fehle, sondern die „Art und Weise“. Viel besser als „Methode“. Vier Doubles des Franz kamen hinzu, und er bedauerte erneut die Abwesenheit der „Art und Weise“ seines Gesangs. Für seinen Auftritt bekam er Applaus.


Doch Antonia war doch noch nicht tot. Der Vorhang ging wieder auf. Ein paar Revuetänzerinnen traten auf und belebten die Totgeglaubte. Und wer hatte sich unter dem Tisch versteckt? Der böse Mirakel, der aber in seinen Hosenträgern so gar nichts Dämonisches an sich hatte. Er wirkte eher wie ein Hausarzt, den man nachts rausgeklingelt hatte.


Dann kam ein wunderschönes Terzett Antonia – Mirakel – Mutter, wobei Letztere aus den Kulissen zu singen schien, und mit ebenfalls wunderschöner Stimme. Doch plötzlich warf der bislang vornübergebeugt dasitzende und bislang stumme vermeintliche Vater Krespel seinen Bart ab, stand auf und war die Mutter, bzw. die gleiche Sängerin wie die Muse. Daher diese schöne Stimme.


Mirakel war zu einem Zirkusdirektor (schon der dritte innerhalb kurzer Zeit) mutiert und verführte Antonia zu einer Karriere als Sängerin. Schließlich sind wir ja einem Zirkuszelt, in dem ein Cabaret gastiert. Zwei Revuetänzer in Frack, Zylinder und mit dünnen Spazierstöcken unterstützten das Antonia-Wiederbelebungs-Team. Zusammen steppten sie fröhlich, während Antonia starb. Für diesen Akt gab es nun Applaus. Und ich vermisste wieder einmal meine geliebte Geigenarie, die doch in der teuren Kaye-Keck-Version enthalten ist. Diese großartige Muse hätte sie mit Sicherheit hervorragend interpretiert.

Die Geigenarie ist erst seit den siebziger Jahren bekannt, nachdem der Musikwissenschaftler Fritz Oeser die erste quellenkritische Ausgabe dieser Oper auf Grund des damaligen Kenntnisstandes erarbeitete. Leider wird diese wunderschöne und dramatische Arie viel zu oft gestrichen. Man kann sie auf Youtube hören, wenn man die Stichwörter Hoffmann Violin Aria eingibt. Ein gelungener Clip ist die Aufnahme an der Met 2009, gesungen von Kate Lindsey mit Joseph Calleja als Hoffmann. Die Geigenarie beginnt nach 1:30 Minuten.



Es folgte eine relativ kurze Pause, denn man durfte nur bis 22 Uhr spielen, damit die Anwohner auf der anderen Straßenseite nicht gestört werden. Den Verkehr hatte man zwar auf eine Geschwindigkeit von 30 km/h begrenzt, aber nicht alle Motoristen schienen sich daran zu halten. Die Pause verlängerte sich aber, weil sich das Publikum wiederum sehr gemächlich an seine Plätze zurück begab, nachdem ein Mann mit einer großen Handglocke das Ende der Pause eingeläutet hatte.



Ein paar mehr Stühle waren jetzt leer, was aber nicht an Gesang und Orchester liegen konnte.


Giulietta und Hoffmann


Im Giulietta-Akt überwog wieder die Cabaret- und Revue-Atmosphäre, denn Giulietta war von rüschengeschmückten Tänzerinnen umgeben. Die flirrenden Geigen eröffneten die Begleitmusik zur Barkarole. Leider pfiff mal wieder eine Piccoloflöte, ziemlich laut noch dazu. Oh je. Und dann fuhr noch ein Rettungsauto mit Tatü-Tata am Zelt vorbei, als die Muse und Giulietta wunderschön sangen. Leider begleitete das Orchester diese sinnliche Nummer nicht entsprechend. Es wäre zwar übertrieben zu sagen, der Dirigent habe die Barkarole in der Manier eines Marsches begleiten lassen, aber man hätte sich schon deutlich mehr sinnlich-erotischen Schmalz aus dem Orchester gewünscht.


Giuletta stand nun nicht mehr im Souffleurkasten, sondern sang und agierte in einer Person auf der Bühne. Und beides tat sie hervorragend.


Dappertutto war durchgehend spießig gekleidet mit seinen Hosenträgern an der Schlabberhose. Aber Giuliettas andere Besucher waren auch nicht schicker gekleidet. Ja, was war denn das plötzlich? Der Klein-Zach aus dem Vorspiel erklang. Hatte man den doch glatt in den Giulietta-Akt verlegt. Aber es war nur der erste Abschnitt bis zum Übergang zu Stella, den man zu hören bekam. Was die Regie damit bezweckte, kann man nur erspekulieren.


Hauptmann Dappertutto mit Personal


Dann kam Dapertutto herein, nein das musste jetzt Lindorf sein, denn Hoffmann und der Rat Lindorf fiesten sich ausführlich an. Ja, dann musste er flugs wieder zu Dappertutto werden, denn er sang die traditionelle Spiegel-Arie, die eigentlich in der Kaye-Keck-Version entbehrlich ist, aber vom Publikum häufig gewünscht wird. (Bekanntlich hatte Jacques Offenbach dieses Motiv für die Ouvertüre zu seiner Operette Die Reise zum Mond komponiert). Dafür gab es kurzen Applaus.


Dann klingelte es wieder an Giuliettas Haustür, doch das war das Signal für Hoffmanns Wohnküche, die nun wieder als Hintergrund erschien. Zwei schöne Duette Hoffmann-Giulietta folgten. Dazwischen verlor Hoffmann sein Spiegelbild. Der Verlust wurde aufwändig gestaltet. Man hatte einen dreistufigen lebendigen Endlosspiegel mit Doubles gestaltet, die sich synchron zueinander bewegten.


Und plötzlich waren die Doubles weg. Hoffmann wurde vom Chor heftig verspottet, und die Giulietta liebte ihn auch nicht. Dafür übte er grausame Rache, indem er sie umbrachte.


Tristesse bei Hoffmann


Im Nachspiel saß Hoffmann wieder in seiner tristen Wohnküche, und es klingelte wieder, nachdem der ernüchternde Bläserchor erklungen war. Lindorf schaute vorbei, dem Hoffmann den Rest des Klein-Zach entgegenschleuderte. Auch die Muse, nun wieder Revuegirl, ließ sich wieder blicken. Bewegend schön sang sie von der „Asche deines Herzens“.


Und damit war die Oper aus, fünf Minuten früher als geplant, nachdem sie zehn Minuten zu spät begonnen hatte. Dazu hatten wohl die schnellen Tempi des Dirigenten beigetragen. Freundlicher Applaus füllte das Zelt. Starker Applaus und Jubel brandeten auf, als die großartigen Solisten ihre Verbeugungen machten. Auch, als der Dirigent das wirklich gute Orchester aufstehen ließ, brandete starker Applaus auf.



Als das Regieteam auf die Bühne kam, gab es Buhrufe und Pfiffe, die sogleich nach deren Verschwinden wieder erstarben. Doch der Applaus, der sieben Minuten dauerte, überwog bei weitem. Und besonders die Sängerinnen, aber auch die Sänger und das Orchester hatten sich den redlich verdient.


Hoffmann beim nachgereichten Klein-Zach


Schlussbetrachtung: Ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher »Hoffmann«. Der ungewöhnliche Spielort lässt sich erklären. Das unmotivierte Basteln am Libretto dagegen nicht. Aber dafür gibt es Vorbilder. In Frankfurt gab es vor gut drei Jahren eine »Fledermaus« des renommierten Regisseurs Christoph Loy, der auch schon einmal an einem »Hoffmann« herumgebastelt hatte. Als man dort fragte, warum man denn mehrere Nummern in andere Akte verschoben hatte, bekam man zur Antwort, dass doch eine »Fledermaus« sooo bekannt sei und jeder den traditionellen Ablauf kenne. Damit man sich nicht lanweile, habe man die Akte etwas durchgemischt. Gilt diese angebliche Langeweile auch für jüngere Erstbesucher? Mich hat bisher keine traditionelle Abfolge der Akte und Nummern gelangweilt, sei es nun Olympia-Antonia-Giulietta oder Olympia-Giulietta-Antonia. Diese Oper hat so viele Facetten, und jedes Theater muss aus dem vorhandenen Material auswählen, so dass es keine zwei identischen Inszenierungen geben kann.

Den Hoffmann in eine Zirkusatmosfäre zu versetzen hat es auch schon gegeben.

Nicolas Joël hatte das in Madrid getan und noch dazu eine lebensgroße Dampflokomotive auf die Bühne gestellt. Ich sah diese an mehreren Theatern, u.a. in Tel Aviv, gespielte Inszenierung in Bergen und fragte mich, was das soll.

Hätte ich diesen Saarbrücker »Hoffmann« nie vorher gesehen, hätte ich gar nichts kapiert, und gleich gar nichts von der eigentlichen Botschaft der Contes mitbekommen.

Aber das hohe musikalische Niveau an diesem sympathischen Theater machte alles wieder wett.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen beim Theater an der Wien und beim Fotografen Thomas M. Jauk Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.

An dieser Stelle möchte ich auch die selten hohe Qualität der Szenenfotos hervorheben, was sowohl die Wahl der Motive wie auch das technische Niveau betrifft.


Nach der Vorstellung lud das Theater Saarbrücken sein Publikum zur Premierenfeier ein, auf der folgende Bilder entstanden. Ich lernte einen Saarbrücker Fan dieser Oper kennen, der viel über die Contes weiß. Wir waren uns weitgehend einig über diese Inszenierung.

Einige der Darsteller entspannten sich in der Kantine des Theaters.




Die umwerfend gute Muse mit Ehemann



In der Kantine des Theaters

Dritter von rechts ist der Darsteller des Franz



Ein kenntnisreicher Saarbrücker Hoffmann-Fan










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