Viel Bahn im Südwesten
Reisebericht, Fotos, Fahrpläne – viele Züge, schöne
Orte und ein See (oder auch zwei)
Im September 2025 brachte mich eine Tagung des Fahrgastverbands
PRO BAHN in die Gegend um den Bodensee. Ort der Tagung war Stockach, dass
an der Bahnstrecke zwischen Radolfzell am Bodensee und Mengen im Donautal
liegt. Der südliche Teil dieser Strecke hat seit 1996 wieder
regelmäßigen Personenverkehr; der Abschnitt Stockach –
Mengen wird zurzeit von Mai bis September jeweils sonn- und feiertags als
touristische "Biberbahn" betrieben.
Die Tagung von PRO BAHN begann am Samstag und sollte sonntags mit einer Exkursion mit der Biberbahn enden. Ich hatte mich aber frühzeitig entschlossen, meinen Aufenthalt etwas zu verlängern und plante freitags an- und dienstags abzureisen. Auch die Anreise sollte eher großzügig mit mehreren Umstiegen und einem Aufenthalt in Lindau stattfinden. Vorteil dabei ist unter anderem, dass dafür wegen vorhandenem Deutschlandticket keine weiteren Fahrtkosten anfallen.
Mit dem Deutschlandticket an den Bodensee
Freitagsmorgens fahre ich mit der Regionalbahn nach München und vertraue mich dort einem Flirt-Triebwagenzug von Arverio Bayern an. Bis Memmingen verläuft die Reise absolut pünktlich. Ich hatte mich für die langsame Variante mit Kaffeepause in Memmingen entschieden, wobei sich der Kaffee leider als nicht besonders genieß erweist. Die nächste Etappe startet mit einer Verzögerung, da wir einen verspäteten Euro-City-Express vorlassen müssen. Der Nachteil der Strecke ist, dass sie trotz ihrer internationalen Bedeutung aufgrund der geizigen deutschen Verkehrspolitik nur eingleisig ist.
Unsere Verspätung wird bis Lindau weitgehend aufgeholt, so dass ich fast pünktlich den bekannten Inselbahnhof erreiche. Auch heute bedeutet die Lage direkt am Lindauer Hafen ein touristisch kaum schlagbares Alleinstellungsmerkmal. Historisch hat diese Lage des Bahnhofs damit zu tun, dass hier früher Eisenbahnwagen auf Schiffe verladen wurden. Wie gut eine für die Zukunft geplante Bahnhofsumgestaltung den hier ankommenden Fahrgästen gefallen wird, bleibt abzuwarten.
Das Wetter ist zwar trocken, aber aus fotografischer Sicht ist der stark bewölkte Himmel nicht ganz optimal. Ich lasse es mir trotzdem nicht nehmen, den Aufenthalt für jeweils einen Gang zur Spitze beider Hafenmolen zu nutzen. Nach der Fahrt von München mit blauen Arverio-Zügen, steige ich in Lindau dann in einen roten DB-Regio-Zug der Baureihe 425, der pünktlich und gut gefüllt losfährt. Da die Bodenseegürtelbahn nur teilweise elektrifiziert ist, ist ein weiterer Umstieg in Friedrichshafen nötig. So etwas zumindest bahnsteiggleich einzurichten, war aber wohl in den Planungen nicht vorgesehen – warum kundenorientiert, wenn‘s auch anders geht.
Ab Friedrichshafen geht es dann weiter mit einer zweiteiligen und ebenfalls gut gefüllten Regio-Shuttle-Garnitur (Baureihe 650). Obwohl Stockach ab Radolfzell Bahnanschluss hat, ist von Osten kommend in vielen Fällen die schnellste Verbindung, wenn man in Ludwigshafen in eine Buslinie umsteigt. Dies hat zudem den Vorteil, dass der Bus in der Nähe meines Hotels vorbeikommt, das sich wiederum in der einige Höhenmeter oberhalb des Bahnhofs gelegenen Altstadt befindet.
Ludwigshafen (am Bodensee, nicht am Rhein) liegt am nordwestlichen Ende des "Überlinger Sees", einer langgestreckten nach Nordwesten ragenden Bucht. Südlich davon befindet sich der "Untersee" genannte Teil des Bodensees, der bei Konstanz durch den sogenannten Seerhein mit dem Hauptteil des Sees verbunden ist. Über eine Brücke des Seerheins führt die Bahnstrecke von Konstanz nach Radolfzell, das wiederrum an einer nordwestlichen Ausbuchtung des Untersees liegt. Der deutsche Teil der Bodenseegürtelbahn hat zwei größere Abschnitte, die abseits des Sees verlaufen. So gibt es in der am See liegenden Stadt Meersburg keinen Bahnhof, weil die Bahnstrecke dort weit im Hinterland verläuft. Zwischen Ludwigshafen und Radolfzell quert die Bahn die Landzunge zwischen Überlinger See und Untersee, während die Bahnstrecke Radolfzell – Konstanz wieder dicht am Ufer des Untersees entlangführt.
Für mich endet meine Reise wie gesagt mit einer Busfahrt ab Ludwigshafen. Der Anschluss dort ist knapp, aber machbar, auch weil es vom Gleis 1 nur wenige Meter zur Bushaltestelle sind. Allerdings ist die Kombination der nicht immer zuverlässigen (weil eingleisigen) Bodenseegürtelbahn mit einem nur stündlich fahrenden Bus bei knapper Umsteigezeit sicher keine sehr fahrgastfreundliche Kombination. Meine Ankunft in Stockach ist früh genug, um nach Bezug des Hotelzimmers einen ersten Rundgang durch die Altstadt zu machen. Und am Abend gibt es dann ein Essen im Hotelrestaurant mit den zu diesem Zeitpunkt bereits angereisten Tagungsteilnehmern.
Fahrplan Freitag, 12.9.2025 RB 33 (59249) nach München Hbf ● ab 09:44 Unterschleißheim ▷ Gleis 2 ○ an 10:04 -1 München Hbf ▷ Gleis 25 RE 72 (78927) nach Memmingen ● ab 10:20 München Hbf ▷ Gleis 29 ○ an 11:47 +2 Memmingen ▷ Gleis 3A-B RB 92 (78929) nach Lindau-Reutin ● ab 12:06 +7 Memmingen ▷ Gleis 3C-D ○ an 13:15 +2 Lindau-Insel ▷ Gleis 2 RB 93 (17720) nach Friedrichshafen Stadt ● ab 14:20 Lindau-Insel ▷ Gleis 6 ○ an 14:50 +4 Friedrichshafen Stadt ▷ Gleis 2 RB 31 (17778) nach Radolfzell ● ab 15:02 Friedrichshafen Stadt ▷ Gleis 1 ○ an 15:54 +2 Ludwigshafen(Bodensee) ▷ Gleis 1 Bus 105 nach Stockach, ZOB ● ab 16:01 Ludwigshafen Bahnhof, Bodman-Ludwigshafen ○ an 16:15 Grundschule Tuttlinger Str., Stockach
Ein lehrreicher Samstag
Am Samstagmorgen hätte ich im Rahmen der Tagung noch an einer Exkursion zu einer Elektrofähre teilnehmen können. Stattdessen frühstücke ich etwas später als andere Teilnehmer und spaziere danach durch den Stockacher Stadtgarten. Die dort noch stehenden Palmenpflanzen lassen erkennen, dass der Bodenseeraum ein etwas milderes Klima hat als Oberbayern. Der Rest des Tages findet mit Mittagsimbiss, einigen interessanten Fachvorträgen und Diskussionen sowie dem Abendessen mit anschließendem Fachsimpeln im Hotel statt.
Die Haupthemen der Tagung drehen sich um ÖPNV in einer Touristikregion und damit zusammenhängende tarifliche Fragen. Vorgestellt werden verschiedene Gästekarten rund um den Bodensee und die Zusammenarbeit zwischen Tourismus und den in Baden-Württemberg recht kleinräumigen Verkehrsverbünden. Die überregionale Sicht liefern Vertreter der Fairtiq AG und eines Instituts für Tourismusforschung. Zum Abschluss gibt es von Frank von Meißner, den ich schon seit Jahrzehnten kenne, und der als Geschäftsführer der Regionenbahn GmbH mitverantwortlich für die Biberbahn ist, einige Hintergrundinformationen zur sonntäglichen Exkursion.
Bei Bibern und Räubern
Sonntags sehe ich nach einem kurzen Fußmarsch zum ersten Mal den Stockacher Bahnhof. Und dort steht bereits die zweiteilige Regio-Shuttle-Garnitur der Biberbahn um mit uns die Strecke der nördlichen Ablachtalbahn zu befahren. Zu den Begriffen: Die Ablachtalbahn ist die Bahnstrecke Radolfzell – Mengen, deren Abschnitt nördlich von Stockach als kommunale Eisenbahninfrastruktur betrieben wird, und auf dem neben Güterzügen an Wochenenden Personenzüge unter dem Markennamen Biberbahn verkehren. Der Personenverkehr wird durch die Regionenbahn GmbH im Auftrag und mit Fahrzeugen von DB Regio durchgeführt und vom Land finanziert.
Stockach gehört genau wie Konstanz, Radolfzell oder Ludwigshafen zu Baden, während Überlingen nach seiner Zeit als Reichsstadt lange badisch war und seit einer Gebietsreform heute politisch zum württembergischen Regierungsbezirk Tübingen gehört. Durch die Fahrt mit der Biberbahn verlassen wir Baden, durchqueren bei Krauchenwies ehemals hohenzollerisches Gebiet und landen im württembergischen Mengen im oberen Donautal. Zugleich überwinden wir kurz hinter Schwackenreute die europäische Wasserscheide zwischen Rhein und Donau.
Unterwegs begegnen wir zwar keinem der namensgebenden Biber, können aber die in ehrenamtlicher Arbeit neu errichteten Bahnsteige in Krauchenwies und Göggingen anschauen. Unser Zielbahnhof Mengen ist leider in keinem guten Zustand – Bahnsteigdach abgebaut und Bahnhofsgebäude verschlossen. Bei zeitweise leichtem Nieselregen warten die Exkursionsteilnehmer auf die Rückfahrt, während der Zug abseits des Bahnsteigs abgestellt wird, weil die beiden noch vorhandenen Bahnsteiggleise zwischenzeitlich für Züge des Regelverkehrs gebraucht werden.
Im Gegensatz zur Mehrzahl der Exkursionsteilnehmer führt mich mein Weg nicht mit der Biberbahn zurück nach Stockach. Ich muss noch etwas länger warten, bis der Zug nach Aulendorf eintrifft – natürlich wieder eine Regio-Shuttle-Garnitur in der Kombination von DB-Regio-Rot und Bwegt-Weiß-Gelb.
Dank Internet wusste ich schon, dass im Bahnhof Aulendorf sonntags zumindest eine Backstube für einen kleinen Mittagsimbiss geöffnet hatte. Es wurde dann Kaffee und Kuchen, aber bei der bisher sehr guten Verpflegung ist das auch mal okay. Danach machte ich mich Richtung Schloss Aulendorf, das mir in der Kürze der Zeit als am ehesten lohnenswert erschien. Ein bisschen den Schlossberg hinauf, durch den Schlosshof und durch den oberen Ausgang erreiche ich die Aulendorfer Hauptstraße. Gegenüber liegt, ebenfalls in einem sehenswerten Gebäudekomplex, die Schlossbrauerei mit Gasthof.
Ich laufe ein Stück die Hauptstraße entlang und dann geht es durch einige Gässchen wieder abwärts. Im Bürgermuseum gäbe es eine Ausstellung zum Bahnknotenpunkt Aulendorf, die Öffnungszeiten kollidieren aber mit meinem Fahrplan für den Sonntagnachmittag. Also kehre ich zum Bahnhof zurück und treffe dort auf die Räuberbahn. Dass es sich um eine zweiteilige Regio-Shuttle-Garnitur handelt, ist kaum noch der Erwähnung wert.
In Altshausen zweigt die Räuberbahn von der Hauptstrecke ab, was den Bahnhof wieder zu einem Keil- oder Zwickelbahnhof macht. Der ehrenamtlich hergerichtete Teil macht dabei den positiveren Eindruck. Aus dem Zug sind mehrere besetzte Storchennester zu sehen. Um entsprechende Fotos zu machen, war ich leider nicht flink genug. Auch ansonsten führt die Fahrt durch eine schöne, leicht hügelige Landschaft.
Wie auch bei der Biberbahn müssen einige Bahnübergänge durch Personal mit Warnflagge gesichert werden. Das macht ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, der im Zug auch Prospekte und ein paar Süßigkeiten verteilt. Bei der Unterhaltung mit ihm erfahre ich unter anderem, dass der Name Räuberbahn seinen Ursprung darin hat, dass hier Räuber und Schmuggler ihr Unwesen trieben. Die damalige Kleinstaaterei schuf viele Grenzen, die die Verfolgung der Räuberbanden behinderte, später allerdings auch die Entwicklung der Bahnstrecke, da vor Pfullendorf wieder die Grenze zu Baden verlief.
In Pfullendorf erreicht die Strecke nicht mehr den ehemaligen Bahnhof, sondern endet an einem neuen Bahnsteig am Stadtpark. Pfullendorf hat eine kleine, aber sehr sehenswerte Altstadt mit vielen historischen Gebäuden. Ich mache einen kleinen Rundgang über Hauptstraße und Kirchplatz, bevor ich am Stadtsee entlang den Busbahnhof erreiche. Dieser liegt dort, wo früher der Bahnhof war, und von wo aus früher einmal die Gleise nach Schwackenreute an der Biberbahn weiterführten.
Da es aber hier keinen Bahnhof, sondern nur noch einen Busbahnhof gibt, geht es für mich per Bus weiter. Und zwar nach Überlingen am Bodensee. Dort liegt der Busbahnhof wiederum neben dem Stadtbahnhof, einem eingleisigen Haltepunkt in einem Trog zwischen zwei Tunneln. Die U-Bahn-artige Führung der Bahnstrecke im Stadtgebiet wurde um 1900 mit Rücksicht auf das Überlinger Stadtbild errichtet. Ein zweigleisiger Ausbau dürfte auf diesem Abschnitt sehr unwahrscheinlich sein. Der Haltepunkt im Einschnitt zwischen den beiden Tunneln wurde erst 2001 eingerichtet und ersetzt den ebenfalls eingleisigen Haltepunkt Überlingen Ost. Der ursprüngliche Überlinger Bahnhof ist die heute dreigleisige Station Überlingen Therme im Westen der Altstadt, auch weil die Eisenbahn Überlingen aus dieser Richtung erreichte.
Da das Sonntagswetter inzwischen ausgezeichnet geworden ist, verzichte ich auf den direkten Umstieg zur Bahn, und mache mich auf den Weg durch die Altstadt zum Seeufer. Diesem folge ich zur bereits erwähnten Therme und erreiche über die Bahnhofsstraße den dortigen Bahnhof, dessen durchaus repräsentatives Empfangsgebäude weitgehend privatisiert wurde. Mein Zug fährt ab Gleis 1, aber während ich warte, kommt auf Gleis 3 der Freizeitexpress der SVG (Schienenverkehrsgesellschaft) an, der im Sommerhalbjahr jedes Wochenende Stuttgart mit der Bodenseeregion verbindet, und einen extra Fahrradwagen mit sich führt.
Und nachdem ich seit Freitag viermal mit Regio-Shuttle unterwegs war, taucht für meine Weiterfahrt auf der Bodenseegürtelbahn jetzt tatsächlich eine LINT-Garnitur auf (Baureihe 622). Der Anschluss in Ludwigshafen zur Buslinie 105 klappt ebenso wie zwei Tage zuvor, nur fährt der Bus sonntags nicht an meinem Hotel vorbei. Ich steige eine Haltestelle vor dem Bahnhof Stockach aus und laufe hoch in die Altstadt. Abends gibt es dann noch eine Pizza in einem nahegelegenen Bistro.
Fahrplan Sonntag, 14.9.2025 RB 32 (74301) nach Mengen ● ab 09:17 Stockach ▷ Gleis 2 ○ an 10:29 Mengen ▷ Gleis 1 RB 53 (17807) nach Aulendorf ● ab 11:17 +2 Mengen ▷ Gleis 2 ○ an 11:56 Aulendorf ▷ Gleis 1a RB 54 (17978) nach Pfullendorf ● ab 13:13 Aulendorf ▷ Gleis 3 ○ an 14:10 Pfullendorf Bus 500 nach Überlingen, Busbahnhof ● ab 15:00 +3 ZOB, Pfullendorf ○ an 15:37 Busbahnhof, Überlingen RB 31 (17780) nach Radolfzell ● ab 16:45 Überlingen Therme ▷ Gleis 1 ○ an 16:54 Ludwigshafen(Bodensee) ▷ Gleis 1 Bus 105 nach Stockach, ZOB ● ab 17:01 Ludwigshafen Bahnhof, Bodman-Ludwigshafen ○ an 17:09 Am Hermannsberg, Stockach
Wo die Bahn wie ein Uhrwerk funktioniert
Sonntags steht ein Ausflug ins gelobte Land des Bahnfahrens auf dem Programm. Für den Weg nach Zürich und zurück habe ich jeweils vorab einen günstigen "Super Sparpreis Europa" gebucht. Die Auskunft der DB lautet, ab der Bushaltestelle "Grundschule Stockach" via Ludwigshafen und Radolfzell zum Intercity-Halt in Singen zu fahren. Entsprechend hatte ich meine (zuggebundene) Fahrkarte ab Ludwigshafen gebucht. Zum Glück erlaubt mir aber mein Deutschlandticket stattdessen die S‑Bahn-Linie ab Stockach nach Radolfzell zu nehmen. Wäre ich der DB-Auskunft gefolgt, hätte ich den Anschluss in Radolfzell verpasst, da der Zug aus Friedrichshafen zwanzig Minuten verspätet war. Damit wäre die gesamte Tagesplanung gefährdet gewesen.
So fahre ich wie geplant ab Singen in die Schweiz. Es geht am Schaffhauser Rheinfall vorbei und dann durch die hügelige Landschaft des Zürcher Unterlands. Die Ankunft im Hauptbahnhof der größten Schweizer Stadt ist immer eindrucksvoll. Obwohl Zürich weniger als halb so groß wie München ist, fahren hier auf weniger Gleisen mehr Züge ab, wie die große Anzeigetafel am Querbahnsteig belegt.
Durch eines von mehreren Untergeschossen arbeite ich mit zur Tramhaltestelle Bahnhofsquai vor. Auf dem Weg nach Zürich hatte ich das WLAN des Doppelstock-Intercitys genutzt, um eine Tageskarte für Zürich zu erwerben und einen Plan des Liniennetzes auf mein Smartphone zu laden. Da es in der Schweiz kein EU-Roaming gibt, und WLAN anscheinend auch weniger verbreitet, möchte ich aus Kostengründen während des Aufenthalts auf Datennutzung verzichtet. So ausgestattet steige ich in die Tramlinie 4, da deren Route unmittelbar an der Limmat vorbeiführt, und die damit einen bequemen ersten touristischer Blick auf Teile der Zürcher Altstadt erlaubt.
Ausstieg ist an der Haltestelle Bellevue, die ziemlich verkehrsumtost direkt am Zürichsee liegt. Hier führt die Quaibrücke über die Limmat, die als südlichste Zürcher Brücke wohl wie ein Magnet den Autoverkehr anzieht. Nicht nur verkehrlich, sondern auch fotografisch hat der Weg über die Brücke einiges zu bieten. Auf der linken Limmatseite liegt der Bürkliplatz, von wo aus ich die Tramlinie 8 zum Römerhof und damit zur Talstation der Dolderbahn nehme.
Zürich hat gleich mehrere Bergbahnen, zu denen man die Polybahn, die Standseilbahn Rigiblick und als Adhäsionsstrecke die Uetlibergbahn zählen kann. Letztere war wegen Bauarbeiten leider nicht befahrbar. Die Dolderbahn ist seit 1973 eine moderne Zahnradbahn, wurde aber 1895 als Standseilbahn auf einer kürzeren Route in Betrieb genommen. In der Nähe der Bergstation gibt es ein paar schöne Ausblicke auf die Stadt und den See. Ich entschließe mich ein Stück durch den Wald zu laufen, wobei sich der der Weg teilweise als recht matschig herausstellt. Ziel ist die Haltestelle Susenbergstraße der Linie 6.
Die Tramstrecke hat in diesem Bereich ein Gefälle von etwa 7,5 Prozent und insgesamt einen interessanten Verlauf mit engen Kurven. Ich fahre bis zur Bahnhofsstraße, die als exklusive Einkaufsstraße berühmt ist. Meine Ausgaben hier halten sich aber in Grenzen, da ich mir nur etwas Proviant besorge. Damit geht es zur Aussichtsterrasse Lindenhof, wo ich auf einer Bank unter den dortigen Bäumen erst einmal Mittagspause mache. Danach tue ich das, was alle Touristen hier tun: Ich mache ein paar Fotos.
Durch die Altstadt und über den Münsterhof erreiche ich das Limmatufer und werde dabei immer wieder durch meine lästige Fotografiererei aufgehalten. Nachdem ich mittels Rathausbrücke die Seite gewechselt habe, fahre ich zwei Stationen zum Verkehrsknoten "Central". Außer vielen Trambahnen und vereinzelten Obussen/Trolleybussen (teilweise als Doppelgelenkbus) gibt es hier die Polybahn. Dies kurze Standseilbahn überwindet einen Höhenunterschied von 35 Metern auf 176 Metern Streckenlänge. Der Name rührt daher, dass die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) früher den Namen Polytechnische Schule hatte, und ihre Gebäude sich nahe der Bergstation befinden.
Mein nächster Plan bestand darin mittels Tram zum Bahnhof Oerlikon zu fahren und von dort per S‑Bahn wieder in die Innenstadt. Leider gab es im Zürcher Norden einen Unfall zwischen zwei Trambahnen. Daher endet meine Fahrt mit der Linie 10 der Verkehrsbetriebe Glattal bereits an der Haltestelle Milchbuck. Ich entschließe mich, die Tramlinie 14 zur Rückfahrt bis Bahnhofsquai zu nutzen, und eine Stunde früher als eigentlich geplant Zürich wieder zu verlassen.
Für die Rückfahrt nutze ich eine andere Strecke und besteige einen Interregio Richtung Konstanz. Der Zug besteht aus einer modernisierten doppelstöckigen IC2000-Garnitur, bei der sich die Wagenübergänge im Oberdeck befinden. Wir halten am Flughafen Kloten, in Winterthur, Frauenfeld und Weinfelden, bevor wir die Hügelkette des Seerückens überqueren, die das breite Tal der Thur vom Bodensee trennt. Hier gibt es zunächst nach Süden schönen Blick auf die Alpen, bevor kurz vor Kreuzlingen dann der See in Sicht kommt.
Kreuzlingen bildet mit dem deutlich größeren Konstanz fast eine Doppelstadt. Die Staatsgrenze läuft hier durch besiedeltes Gebiet unmittelbar südlich der Konstanzer Altstadt. Die Altstadt wird vom größeren Teil des Konstanzer Stadtgebiets durch den Seerhein getrennt. Und zwischen Altstadt und Hafen liegt der Konstanzer Bahnhof, wo unsere Fahrt endet. Der Bahnhof war früher in schweizerischen und deutschen Teil getrennt und südlich des Empfangsgebäudes mit eindrucksvollem Bahnhofsturm steht noch das Gebäude des Schweizer Bahnhofs. Rangier- und Abstellgleise des Bahnhofs befinden sich in der Schweiz.
Die durch früher Abfahrt in Zürich gewonnene Zeit kommt mir jetzt gerade recht. Bei bestem Wetter kehre ich für ein frühes Abendessen in den Biergarten der "Hafenhalle" ein. Der Name Hafenhalle weist noch darauf hin, dass die langestreckten Gebäude parallel zu den Gleisen früher zur Güterabfertigung des Bahnhofs gehörten. Auch hier gab es früher ein Trajektgleis zum Verladen von Eisenbahnwagen auf Schiffe, sowie weitere Gleise im Hafengebiet. Wie eng Bodensee und Bahn verquickt waren, zeigt auch die Tatsache, dass die Bodenseeschiffe lange Zeit zur ehemaligen Deutschen Bundesbahn gehörten, und erst 2002 von den Stadtwerken Konstanz übernommen wurden.
Nach dem Abendessen geht es am Hafen zunächst mit ein paar Fotos weiter, bevor ich über den nördlichen Zugang den Bahnsteig zu Gleis 1 erreiche. Hier fährt auch prompt mein Intercity ein. In Konstanz verkehrt nur ein DB-Fernzugpaar, da einmal am Tag der Intercity aus Stuttgart anstatt nach Zürich dorthin fährt. Die Tatsache war für mich wichtig, um einen günstigen "Sparpreis Europa" auch für die Rückfahrt von Zürich zu buchen. Wie auch auf der Hinfahrt wurde die Zugbindung aus nicht nachvollziehbaren Gründen aufgehoben, aber ich entscheide mich trotzdem dafür, auf dem kurzen Stück nach Radolfzell den Doppelstock-IC zu nutzen.
Während der Fahrt gibt es von meinem Sitzplatz im Oberdeck ein paar nette Aussichten auf den Untersee. In Radolfzell nutze ich den Aufenthalt noch einmal für ein paar Fotos am Seeufer, bevor ich mir in der Altstadt noch ein Eis kaufe. Die Fahrt nach Stockach führt zu einer leicht verspäteten Ankunft, und weil das einteilige Regio-Shuttle weit hinten am Bahnsteig hält, während der Ausgang zum Busbahnhof ganz vorne ist, müssen sich alle Umsteiger dann sehr beeilen. Hoch in die Altstadt bringt mich dann ein Kleinbus der Linie 104. Ich ziehe mich im Hotel kurz um und kehre für ein Weißbier in das gleiche Bistro wie am Vortag ein. Ein heftiges Gewitter verursacht allerdings einen schnellen Umzug von der Terrasse in den Gastraum. Der Rückweg ins Hotel ist dann wieder regenfrei.
Fahrplan Montag, 15.9.2025 (ohne Tram Zürich) S 61 nach Radolfzell ● ab 09:46 Stockach ▷ Gleis 1 ○ an 10:04 Radolfzell ▷ Gleis 1 SBB S6 nach Engen ● ab 10:16 Radolfzell ▷ Gleis 5 ○ an 10:26 Singen(Hohentwiel) ▷ Gleis 1 IC 183 nach Zürich HB ● ab 10:32 Singen(Hohentwiel) ▷ Gleis 3 ○ an 11:23 +2 Zürich HB ▷ Gleis 13 IR 2125 nach Konstanz ● ab 15:35 Zürich HB ▷ Gleis 5 ○ an 16:50 Konstanz ▷ Gleis 2 IC 2382 / RE 87 (52382) nach Stuttgart Hbf ● ab 18:07 Konstanz ▷ Gleis 1a ○ an 18:22 Radolfzell ▷ Gleis 5 S 61 nach Stockach ● ab 18:51 Radolfzell ▷ Gleis 1 ○ an 19:10 +3 Stockach ▷ Gleis 1 Kleinbus 104 nach Heudorf, Kirchplatz/Rathaus ● ab 19:15 ZOB Stockach ○ an 19:19 Grundschule Tuttlinger Str., Stockach
Der lange Weg nach Norden
Ursprünglich hatte ich geplant, ab Radolfzell mit einem durchgehenden Regionalexpress über die Schwarzwaldbahn nach Karlsruhe zu fahren, und dort in einen ICE Richtung Rheinland einzusteigen. Leider ergab sich, dass die DB den September für eine Sperrung der Strecke ausgesucht hatte. So wurde es dann die Gäubahn und Umsteigen in Stuttgart, wodurch ich eine halbe Stunde spare, aber die landschaftlich und streckentechnisch interessanten Abschnitte im Schwarzwald verpasse.
Während ich am Vortag noch zu Fuß den Stockacher Bahnhof erreicht hatte, nehme ich nun mit Koffer wirklich den Bus zum Bahnhof. Und zwar etwas früher, als die DB-Auskunft empfiehlt, da ich den Weg über Ludwigshafen mit knappem Anschluss nach Radolfzell und weiter nach Singen zum Intercity wieder für zu unsicher halte. Warum es Busse mit vierstelligen Liniennummer gibt, andere mit dreistelligen, erschließt sich mir nicht. Der Verkehrsverbund Hegau-Bodensee (entspricht etwa dem Landkreis Konstanz) bietet im Gegensatz zu den Nachbarn Naldo (reicht von Überlingen bis südlich von Stuttgart) und Bodo (nördlicher Bodenseeraum bis nach Bad Saulgau und Isny) keinen Liniennetzplan an, so dass die Übersicht schwierig ist.
Am Stockacher Bahnhof habe ich ausreichend Zeit zum Umsteigen, ebenso funktionieren die Anschlüsse in Radolfzell und Singen. Der Intercity nach Stuttgart ist, auch weil einige Zusteiger mit Fahrrädern anscheinend unsicher sind, wo sie einsteigen müssen, mit knapp fünf Minuten Verspätung unterwegs. Das gefährdet aber nicht den Anschluss Richtung Frankfurt. Schönstes Stück der Gäubahn ist eigentlich die Einfahrt nach Stuttgart über die sogenannte Panoramabahn, die immer wieder Blicke auf die Innenstadt und den gegenüber aufragenden Fernsehturm erlaubt.
Der ICE 518 beginnt in Stuttgart und sollte als ICE 517 schon lange eingetroffen sein. Durch Probleme in Norddeutschland ist der Zug aber gerade erst mit anderthalb Stunden Verspätung angekommen. Dem DB-Personal gelingt es, die Wendezeit auf eine gute Viertelstunde zu verkürzen (auch wenn sich das leider auf den Reinigungszustand auswirkt). Die anfänglichen knapp fünf Minuten Verspätung werden bis zum Frankfurter Flughafen fast gänzlich aufgeholt. Dort reicht die Zeit noch für einen Nachmittagskaffee und etwas Süßes, bevor die letzte Etappe beginnt. Der ICE 818 erreicht Siegburg/Bonn dann sogar etwas vor Plan, so dass der Abschluss dem positiven Gesamtbild der Reise entspricht. (Über die Fahrt von Siegburg nach München eine Woche später wollen wir lieber nicht reden.)
Fahrplan Dienstag, 16.9.2025 Bus 7377 nach Überlingen, Busbahnhof ● ab 10:20 Grundschule, Stockach ○ an 10:26 ZOB Stockach S 61 nach Radolfzell ● ab 10:46 Stockach ▷ Gleis 1 ○ an 11:04 Radolfzell ▷ Gleis 1 SBB S6 nach Engen ● ab 11:16 Radolfzell ▷ Gleis 5 ○ an 11:26 Singen(Hohentwiel) ▷ Gleis 1 IC 280 / RE 87 (50280) nach Stuttgart Hbf ● ab 11:36 +3 Singen(Hohentwiel) ▷ Gleis 4 ○ an 13:32 +4 Stuttgart Hbf ICE 518 nach Hamburg-Altona ● ab 13:51 +5 Stuttgart Hbf ○ an 15:07 +1 Frankfurt(M) Flughafen Fernbf ▷ Gleis Fern 6 ICE 818 nach Köln Hbf ● ab 15:30 +2 Frankfurt(M) Flughafen Fernbf ▷ Gleis Fern 6 ○ an 16:24 -1 Siegburg/Bonn ▷ Gleis 3
Die Streckenlänge beträgt 520,9 km mit Bahn und 2,3 km mit Bus.
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Zuletzt geändert am 15.10.2025 /
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