thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail
thumbnail

Was müssen wir tun,
um die Zukunft zu gewinnen?

Denkanstöße: Verbändearbeit, Horber Schienen-Tage, Future Mobility Camp

Beitrag zum Tagungsband der 31. Horber Schienen-Tage
von Edmund Lauterbach

Bei der Mitgliederversammlung des Landesverbands Bayern von PRO BAHN gab es kürzlich einen düsteren Blick in eine mögliche Zukunft: Für 2015 wurde die Auflösung des Verbands prognostiziert, falls bestimmte negative Entwicklungen nicht aufgehalten werden können.

Diese Entwicklungen und ihre Ergebnisse wurden dabei wie folgt beschrieben:

  • Anforderungen, Wünsche zugenommen,
  • Zahl der Aktiven abgenommen,
  • Überlastung der Verbliebenen,
  • Kollaps des Landesverbands.

Die zugrunde liegenden Probleme findet man in ähnlicher Form bei anderen Verbänden; und auch die Horber Schienen-Tage (HST) werden nicht frei von Zukunftssorgen sein.

Mit dem ÖPNV die Zukunft gewinnen – auch die Zukunft der Verbände?

Mitte November fand bei den Dresdner Verkehrsbetrieben eine Diskussion mit dem Titel "Von der Generation Golf zur Generation Abo – Was kann der ÖPNV tun, um die Zukunft zu gewinnen?" statt. Ein genauerer Blick auf die Problematik zeigt, dass sich der ÖPNV beim "Zukunft gewinnen" eventuell leichter tut, als Verkehrs- und Umweltverbände oder Veranstaltungen wie die HST.

Festzustellen ist, dass der jahrzehntelange Trend zum Auto heute bei jüngeren Menschen etwas gebremst ist. Wie nachhaltig diese Trendbremsung Lebensphasen wie Berufseintritt und Familiengründung übersteht, muss sich allerdings noch erweisen.

Und natürlich ist die Automobillobby nicht untätig. Recht erfolgreich gelang es, Elektroautos als politischen und medialen Zukunftstrend zu etablieren. Ob daraus irgendwann ein echter Trend wird – also bei Autohändlern und Zulassungsstellen anstatt in den Köpfen von Politikern und Journalisten – ist zurzeit nicht absehbar.

Festzustellen ist leider auch, dass Verkehrs- und Umweltverbände vom Misstrauen der jungen Generation gegenüber dem rein automobilen Lebensstil bisher nicht profitieren konnten. Dass man jüngere Menschen durchaus für eine Diskussion über die Zukunft von Verkehr und Mobilität gewinnen kann, zeigt aber das bereits zweimal durchgeführte "Future Mobility Camp" (FMC).

Was ist ein Future Mobility Camp?

Angelehnt ist das Future Mobility Camp an die Idee sogenannter Barcamps. Ein Barcamp ist ein Treffen mit offenen Workshops, deren Inhalt und Ablauf von den Teilnehmern selbst entwickelt werden. Beim FMC handelt es sich nicht um ein reines Barcamp, da zusätzlich zur Möglichkeit der offenen Gestaltung einige thematische Schwerpunkte vorgegeben werden. Kern der Veranstaltung ist aber, dass Ideen und kreative Impulse der Teilnehmer ganz wesentlich die Diskussionen bestimmen.

Der Lückenschluss zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ist dabei ein erklärtes Ziel des Future Mobility Camps. Mit diesem Ziel ist es dann nicht ganz so weit weg von den Zielen etablierter Tagungen wie den Horber Schienen-Tagen.

Ein deutlicher Unterschied zeigt sich allerdings bei der Finanzierung. Es gibt keine Tagungsgebühren; alles wird über Sponsoring finanziert, bis hin zu den Mahlzeiten der Teilnehmer. Das beeinflusst natürlich die Optik einer solchen Tagung: In Berlin waren unter anderem die Logos von Daimler und Siemens recht präsent, und rund um die Tagungsgebäude fand sich eine Auswahl an Elektroauto- und Carsharing-Beispielen. Partner vor Ort war das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ), das zu 50 Prozent von der Deutschen Bahn AG getragen wird.

Ohne Zweifel ist das Future Mobility Camp ein attraktives Format und eine Bereicherung für die Verkehrs- und Mobilitätsszene. Neben einer Abendveranstaltung, bei der auf dem Podium unter anderem Hartmut Mehdorn und Toni Hofreiter über Infrastrukturprobleme diskutierten, gab es Workshops mit unterschiedlicher Thematik und Teilnehmerzahl. Und egal, ob das jeweilige Thema von den Organisatoren oder den Teilnehmern gesetzt war – es entstanden dabei viele Denkanstöße.

Unbeantwortet blieb allerdings die Frage, was mit diesen Denkanstößen nach Ende der Veranstaltung passiert. Hier bietet sich eventuell ein Ansatzpunkt dafür, kreative Diskussionsforen wie das FMC mit der Arbeit von Verbänden, die naturgemäß etwas stetiger sein kann, zu verknüpfen.

Und wo bleibt der ÖV?

Verglichen mit den Horber Schienen-Tage oder Verbänden wie PRO BAHN und dem VCD fällt weiterhin auf, dass beim Berliner Future Mobility Camp der Öffentliche Verkehr (ÖV) eine eher untergeordnete Rolle spielte. Dieser Eindruck ergab sich schon aus der Präsenz der Sponsoren und Partner, aber auch die Teilnehmer schienen eher die Modernisierung des Individualverkehrs (IV) im Fokus zu haben.

Ebenfalls spürbar war ein Anspruch auf Vielfalt bei der Verkehrsmittelwahl, und darauf, diese Wahl auch möglichst spontan treffen zu können. Die Frage, ob die dazu notwendigen Infrastrukturen auf Dauer parallel zur Verfügung gestellt werden können, wurde trotz des Themenschwerpunkts Infrastrukturfinanzierung nicht deutlich genug angesprochen. Kann der ÖV mit seinen Kostenstrukturen die Zukunft gewinnen, wenn gleichzeitig Carsharing und individuelle E-Mobilität zur Auswahl stehen? Oder gibt es eine Zukunft für den ÖV nur in Kombination mit solchen Verkehrsformen? Können wir uns eine solche Vielfalt leisten? Oder lassen sich dadurch die Gesamtkosten unserer Mobilität sogar senken?

Ob der Anspruch auf Vielfalt und die Machbarkeit bzw. Finanzierbarkeit im Widerspruch stehen oder nicht, wurde auf dem FMC kaum thematisiert. Ähnliche Defizite waren in Bezug auf die unterschiedlichen Einflüsse von ÖV und IV auf die Siedlungsstruktur erkennbar, oder auch in der Frage, wie affin eine älter werdende Bevölkerung gegenüber neuen Mobilitätsformen sein wird. Beim nächsten Future Mobility Camp besteht natürlich Gelegenheit, diese Themen nochmals aufzugreifen und zu vertiefen.

Wie schließt man die Lücke? Mehr Offenheit? Mehr Wohlfühlfaktor?

Bei einigen der beim FMC angesprochenen Fragen sind Umwelt- und Verkehrsverbänden vielleicht schon etwas weiter. Hier zeigt sich ein Vorteil der Verbändearbeit: Themen auch über längere Zeiträume bearbeiten zu können. Andererseits bestehen die Nachwuchsprobleme der Verbände, ihre anscheinend fehlende Attraktivität für jüngere Menschen. Was muss man also tun, um die Zukunft in Form der jüngeren Generation zu gewinnen? Oder scheitern die Verbände am Anspruch dieser Generation auf möglichst frei und einfach verfügbare Mobilitätsalternativen?

Müssen sich die Organisationsstrukturen ändern, müssen Verbände sich für neue Themen öffnen oder eher für neue Formen, Themen zu diskutieren? Oder ist einfach die Tatsache abschreckend, dass oft nur ein langer und mühseliger Weg zu Lösungsansätzen führt? Kann man die Lücke zwischen den kurzen Workshops eines FMC und der Notwendigkeit, Themen langfristig zu bearbeiten, so schließen, dass die Mitarbeit für jüngere Menschen attraktiv ist? Liefern Verbände oder auch die Horber Schienen-Tage genügend Wohlfühlfaktor?

Antworten auf diese Fragen werden noch gesucht. Aber vielleicht kommt man von Denkanstößen zu Handlungsansätzen, wenn man sich gegenseitig besser wahrnimmt. Bisher sind die Teilnehmerkreise von Horber Schienen-Tage und Future Mobility Camp nahezu disjunkt und beim FMC waren nur sehr wenige Vertreter aus dem Verbändebereich. Dies ein wenig zu ändern könnte vielleicht ein kleiner Schritt auf dem Weg sein, die Zukunft zu gewinnen.

 

Anregungen und Weiterführendes findet man auch im Netz:

 

 
 


eXTReMe Tracker     Tweet   Flattr this

Übersicht Horber Schienen-Tage

Übersicht Publikationen

Gesamtübersicht

© Edmund Lauterbach – 18.12.2013 / Impressum / Kontakt