Busanpassung zur U6 in Garching-Hochbrück Ende 1995

Positionspapier des Fahrgastverbands PRO BAHN

Planungsstand Februar 1995
 

Voraussichtlich am 28. Oktober 1995 wird die derzeit in Fröttmaning endende U-Bahn-Linie 6 bis Garching-Hochbrück verlängert. Damit besteht erstmals die Chance, eine ganztägige Verkehrserschließung im Bereich nördlich von München nicht mehr ausschließlich dem Individualverkehr zu überlassen.

Voraussetzung dafür ist ein vollständig überarbeitetes, übergreifendes und attraktives Busnetz, das in Ergänzung zum Schienennetz allen Gemeinden, Gewerbegebieten und dem Forschungsgelände eine optimale Verknüpfung untereinander, mit der Landeshauptstadt München und dem Umland ermöglicht; und zwar nicht nur zur Hauptverkehrszeit. Erst wenn die Bürger das Vertrauen gewinnen, auch dann noch ihr Ziel mit dem MVV erreichen zu können, wenn sich ihre Pläne im Laufe des Tages spontan ändern, werden sie bereit sein, auf die Benutzung ihres Autos "für alle Eventualitäten" zu verzichten.

Seit September 1994 befindet sich der Fahrgastverband PRO BAHN im Dialog mit MVV, Busunternehmern sowie den betroffenen Kommunen und Landkreisen. Es wurde ein Konzept erarbeitet, das den Erfordernissen eines fahrgastfreundlichen Verkehrssystems gerecht wird. Das Konzept gliedert sich in drei Stufen, die zeitlich aufeinanderfolgend erarbeitet werden:

  1. Liniennetz: Wo werden die Busse fahren?
  2. Taktzeiten: Wie oft sollen sie verkehren?
  3. Fahrplan: Wann wird gefahren?
Die erste Stufe konnte in Form eines Kompromisses der Vorschläge von PRO BAHN und des MVV abgeschlossen werden. So wird in Zukunft, wie schon öfters in den Medien berichtet, die Buslinie 219 die Gemeinden Unterschleißheim und Ismaning mit der Stadt Garching und dem neuen U-Bahnhof Garching-Hochbrück verbinden. In Oberschleißheim und in Garching wird es Ortsbusse geben, die ganztägige Verbindungen zu den S- und U-Bahnen herstellen. Die Linie 293 wird die Bereiche Freimann, Auensiedlung und Dirnismaning erschließen und mit der Linie 82 wird von der Region aus der Norden Münchens im Bereich der U2 zu erreichen sein. Auch die Bürger der Gemeinden Eching, Neufahrn und Dietersheim sollen mit den Linien 291 und 691 über das Forschungsgelände und die Stadt Garching in Zukunft häufiger und in regelmäßigen Intervallen die U-Bahn erreichen können.

In der jüngsten Zeit wurde bei PRO BAHN der Vorschlag für die Taktzeiten ausgearbeitet. Das Ergebnis zeigt die Graphik "Der Garching-Hochbrück-Takt". Die Verlängerung der U-Bahn nach Garching-Hochbrück bringt erstmals das attraktive Angebot eines 20-Minuten-Takts in der Nebenverkehrszeit (NVZ) und der Spätverkehrszeit (SVZ) in die Region nördlich von München. Damit dieses Angebot für die Bevölkerung dieser Region auch nutzbar wird, muß es durch ein entsprechendes Angebot mit Bussen in der Region ergänzt werden.

Wichtig ist, daß auch nach Ankunft der letzten U-Bahn in Garching-Hochbrück noch Busse in Richtung Garching, Unterschleißheim, Oberschleißheim, Eching und Neufahrn abfahren, um nächtlichen Spätheimkehrern die Heimfahrt zu ermöglichen.

Den Taktzeiten liegt ein Fahrplanentwurf zugrunde (Stufe 3), der nicht nur optimale Übergangszeiten für die Fahrgäste an den meisten S- und U-Bahn-Haltestellen enthält, sondern auch die Fahrzeiten der Busse und die Pausenzeiten für die Fahrer berücksichtigt.

Um ein gutes Angebot mit einem vergleichsweise geringen Kostenaufwand zu realisieren, wurden die Streckenführungen so konzipiert, daß erstens möglichst wenig Busse entlang ihres Weges möglichst viele Funktionen erfüllen: umsteigearme Querverbindungen, S- und U-Bahn-Zubringer, Ortsverkehre, Flughafenanschluß über die S8. Zweitens entsteht im zentralen Bereich durch die Überlagerung mehrerer Linien eine Taktverdichtung und drittens ergibt die Länge der Strecken Umlaufzeiten, die mit den angestrebten Taktzeiten zusammenpassen.

Dabei hat PRO BAHN zunächst keine Rücksicht auf bestehende Konzessionen genommen, da die U-Bahn-Verlängerung ein vollständig neues Busliniennetz erfordert. Eine Vergabe der Konzessionen zu etwa gleichen Anteilen wie bisher ist jedoch selbstverständlich möglich.

Die positiven Auswirkungen, die ein attraktives Bussystem im Norden Münchens haben wird, reichen weit in die Zukunft. Wenn in ein oder zwei Jahren die Maschinenbau-Fakultät der TU nach Garching umzieht, wird das zu diesem Zeitpunkt existierende Busnetz für die Entscheidungen der ca. 900 Mitarbeiter und etwa 4100 Studenten bezüglich der Wahl ihres Wohnortes und ihres Verkehrsmittels von ausschlaggebender Bedeutung sein. Da in den Garchinger Forschungsinstituten auch häufig abends und am Wochenende noch reger Betrieb ist, wird diese Wahl nicht nur vom Angebot in der HVZ bestimmt.

Um das durch die neuen Institute entstehende Entwicklungspotential für die Region nutzen zu können, muß schon mit der Eröffnung der U-Bahn das Angebot geschaffen werden: Nicht nur die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes muß sichergestellt sein, auch in der Freizeit darf man nicht ausschließlich auf das Auto angewiesen sein. Die Busse sollten daher während der Betriebszeiten der U-Bahn fahren; vielleicht zu einem mitunter recht dünnen Takt, etwa alle 60, 80 oder 120 Minuten, aber grundsätzlich. Nur so kommt man auch dann noch nach Hause, wenn es am Abend in München einmal spät geworden ist.

Positive Beispiele für den Einfluß des öffentlichen Nahverkehrs auf die Siedlungsstruktur kann man in der Region Zürich und ansatzweise bereits im Geltungsbereich des Allgäu-Schwaben-Takts der Deutschen Bahn beobachten.

Ein unattraktives Busnetz würde mit Sicherheit dazu führen, daß die Mehrzahl der Betroffenen sich nicht im räumlichen Zusammenhang mit ihrem Arbeitsplatz ansiedelt. Die dadurch weiterhin ungebremste Zunahme des Individualverkehrs in der Region wäre unausweichlich und würde für die Infrastruktur und die Umwelt fatale Folgen haben.

Im folgenden werden die einzelnen Komponenten des integrierten Konzepts von PRO BAHN vorgestellt:

    Linie 219 und 293:

    Die aus Unterschleißheim kommende Linie 219 soll ganztägig alle 20 Minuten bis zur neuen U-Bahn-Haltestelle, und von dort aus in der HVZ alle 20 Minuten weiter über Garching-Mitte und Garching-Süd nach Ismaning fahren. Während dieser Zeit verkehren die Busse der Linie 293 im 20-Minuten-Takt von Garching-Hochbrück über Garching-Mitte und Garching-Süd zur Studentenstadt. Durch die Überlagerung dieser beiden Linien ergibt sich zwischen dem U-Bahnhof und Garching-Süd ein 10-Minuten-Takt.

    In der übrigen Zeit stellen die drei Busse der Linie 293 ihren Betrieb ein; stattdessen bedienen die sechs Busse der Linie 219 auch den Abschnitt der Linie 293. Von den alle 20 Minuten aus Unterschleißheim kommenden Bussen fährt dann nur noch jeder zweite als Linie 219 nach Ismaning; der jeweils andere fährt als Linie 293 zur Studentenstadt. Auf diesem Wege entsteht ein umsteigefreier 20-Minuten-Takt zwischen Unterschleißheim und Garching-Süd und jeweils ein 40-Minuten-Takt auf den Abschnitten Garching-Süd - Ismaning und Garching-Süd - Dirnismaning - Studentenstadt.

    Für die Achse Unterschleißheim - Garching - Ismaning ist es besonders wichtig, daß die Verbindungen auch abends und an den Wochenenden bestehen. Gründe hierfür sind das gemeinsame Volkshochschulprogramm der drei Gemeinden, weshalb die Linie 219 intern auch als "VHS-Shuttle" bezeichnet wird, sowie die ständige Erreichbarkeit der Flughafenlinie S8.

    Damit die Busse der Linie 219 sowie Schulbusse die Möglichkeit bekommen, von der neuen B471 auf die alte zu wechseln, um so den extrem staugefährdeten Bereich zu meiden schlägt PRO BAHN die Errichtung einer Busschleuse südöstlich von Garching vor. Damit läßt sich der Einsatz von Fahrzeugen in der kritischen Haupverkehrszeit reduzieren und ein stabilerer Fahrplan realiseren. Hinzu kommt die gesteigerte Attraktivität von Bussen, die an einem Stau vorbeifahren und sich nicht in diesen einreihen.
     

    Linie 290 und 292:

    Im Konzept von PRO BAHN werden diese bisher als getrennte Linien vorgesehenen Ortsbusse zu zusammenhängenden Linien verknüpft, und somit umsteigefreie Verbindungen geschaffen. Die aus der Parksiedlung Oberschleißheim kommende Buslinie 292 soll nicht an der U-Bahn in Garching-Hochbrück enden, sondern zumindest außerhalb der HVZ als Linie 290 bis zur Breslauer Straße im Osten Garchings weitergeführt werden. Durch die so entstehenden direkten Busverbindungen beispielsweise zwischen dem Ortsteil Hochbrück und der Stadt Garching wird unter anderem der Besuch von Veranstaltungen im Ortszentrum abends und am Wochenende auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht.

    Neben dem höheren Komfort für die Fahrgäste ergeben sich Kostensenkungen durch eine bessere Ausnutzung der vorgesehenen Busse. Die Vorschläge von PRO BAHN führen sowohl am S-Bahnhof in Oberschleißheim als auch am neuen U-Bahnhof Garching-Hochbrück zu guten Anschlüssen von und nach München. Um diese Anschlüsse herzustellen, ist ein längerer Aufenthalt für die Busse an den Bahnhöfen nicht erforderlich. Ein Bus aus Oberschleißheim kommt zum Beispiel am U-Bahnhof Hochbrück kurz nach Ankunft der U-Bahn aus München an und fährt nur ein bis zwei Minuten später nach Garching weiter. Aufgrund der notwendigen Wendezeit der U-Bahn ist Zeit genug sowohl zum Umsteigen aus Richtung Oberschleißheim nach München als auch aus München in Richtung Garching.

    Es ist vorgesehen, die Linie 290 in der HVZ nicht fahren zu lassen. Dafür gibt es folgende Gründe:
     

    1. Die Straßen, durch die die Linie 290 in Garching fahren wird, sind so beschaffen, daß keine großen Linienbusse eingesetzt werden können. Die vorgesehenen "Midi-Busse" können jedoch das Verkehrsaufkommen in der HVZ nicht aufnehmen.

    2. PRO BAHN fordert für die anderen Garching durchquerenden Buslinien (219, 291, 293, 691) in der HVZ jeweils einen 20-Minuten-Takt. Da sich sowohl für Garching-Nord als auch für Garching-Süd durch Überlagerung dann ein 10-Minuten-Takt ergibt, ist das gesamte Ortsgebiet zu dieser Tageszeit auch ohne die Linie 290 gut erschlossen.

    Für die Linie 292 ist in der HVZ aufgrund des starken Verkehrs auf der Bundesstraße 471 eine verlängerte Fahrzeit zwischen Oberschleißheim und Garching-Hochbrück vorgesehen. Dadurch werden Verspätungen vermieden, und das Angebot zwischen dem U-Bahnhof und der Haltestelle Hochbrück, Hohe-Brücken-Straße kann zusammen mit den Bussen der Linie 219 zu einem regelmäßigen 10-Minuten-Takt verdichtet werden.
     

    Linie 291 und 691:

    Der nördliche Teil des Konzepts von PRO BAHN sieht eine ganztägige Busverbindung zwischen der U-Bahn-Station Garching-Hochbrück und den S-Bahn-Haltestellen in Eching und Neufahrn vor. Die Busse fahren von der U-Bahn über Garching und die Forschungsinstitute nach Dietersheim und abwechselnd weiter bis Eching oder Neufahrn. Jede der beiden Buslinien verkehrt in der HVZ im 20-Minuten-Takt, während der NVZ im 40-Minuten-Takt sowie abends und am Wochenende alle zwei Stunden. Für Dietersheim, die Forschungsinstitute und Garching-Nord bedeutet dies in der HVZ eine zehnminütige, in der NVZ eine zwanzigminütige und in der übrigen Zeit eine stündliche Anbindung zur U-Bahn in Garching-Hochbrück.

    Um den Interessen der in Garching-Hochbrück umsteigenden Fahrgästen gerecht zu werden, wurde ein Fahrplan entwickelt, der sich an den Ankunfts- und Abfahrtszeiten der U-Bahn orientiert. Nach jeder Ankunft einer U-Bahn fährt ein Bus zu den Instituten und weiter nach Neufahrn oder Eching ab. Bei den gegebenen Fahrzeiten zwischen Garching-Hochbrück und Eching oder Neufahrn erreicht man eine gute Anbindung an die S-Bahn in Eching mit kurzen Umsteigezeiten in beiden Richtungen. Der Fahrplan der S1 erlaubt dagegen in Neufahrn keine gleichwertige Verknüpfung zwischen der S-Bahn und dem Bus. Die Anbindung der beiden Buslinien an die U-Bahn ist immer mit fahrgastfreundlichen Umsteigezeiten gewährleistet.

    Das Konzept für die Linien 291 und 691 benötigt zu seiner Verwirklichung in der HVZ sechs Busse, während der NVZ drei Busse und einen Bus in der übrigen Zeit, wobei abends ein kleinerer Bus ausreicht. Diese geringe Anzahl von Fahrzeugen genügt unter anderem deswegen, weil die beiden Linien an ihrer gemeinsamen Endhaltestelle in Garching-Hochbrück betrieblich miteinander verknüpft werden. Das heißt, ein zum Beispiel aus Eching kommender Bus der Linie 291 in Hochbrück wendet und nach kurzem Aufenthalt als Linie 691 nach Neufahrn fährt. Diese Maßnahme führt zu einer besseren Ausnutzung der vorgesehenen Busse als ein rein linienbezogener Betrieb.
     

    Weitere Buslinien im Planungsgebiet:

    Um für Pendler eine schnelle Anbindung nach München zu schaffen, soll die bestehende Buslinie 695 Allershausen - Eching - München, Scheidplatz über den neuen U-Bahnhof Garching-Hochbrück statt über Studentenstadt geführt werden. Dieser Bus benutzt zwischen Eching und Garching-Süd die Autobahn; zwischen Eching und Garching-Hochbrück ist eine Verdichtung des Angebots anzustreben.

    PRO BAHN schlägt vor, die Linie 691 künftig in Neufahrn enden zu lassen. Dies ist gerechtfertigt, weil erfahrungsgemäß die meisten der aus Richtung München kommenden Fahrgäste spätestens in Neufahrn den Bus verlassen. Für die dadurch entfallenden Fahrten über Hallbergmoos nach Freising ist als Ersatz die Linie 694 vorgesehen, die bisher zwischen Eching und Neufahrn verkehrt. Diese neue Buslinie ist von Eching kommend über Neufahrn und Mintraching bis Hallbergmoos und zeitweise bis nach Freising zu verlängern. Sie wird zum einen wie bisher die Industriegebiete Eching und Neufahrn mit den beiden Bahnhöfen der S-Bahn-Linie 1 verbinden und zum anderen Eching und Neufahrn an die S8 und Hallbergmoos anbinden. Damit werden günstige Umsteigeverbindungen zum Flughafen und nach München-Ost geschaffen, aber auch das neue Freizeitbad "Neufun" gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen.


Durch Einbindung der Vorschläge von PRO BAHN in die bestehenden Konzepte wird die Attraktivität des geplanten Busanpassungsnetzes verbessert und die Auslastung der U-Bahn gesteigert. Wird dagegen ein für die Fahrgäste wenig attraktives Busnetz realisiert, führt dies zu mehr Autoverkehr und einer mangelhaften Kostendeckung des Betriebs der U-Bahn nach Garching-Hochbrück.


Grafik: Der Garching-Hochbrück-Takt




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