Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post September 2008.
Bearbeitungsstand: 22.8.2008
  Was die DB sich so leisten kann
Eine kleine Geschichte aus der Provinz

Die Bahnstrecke von München über Freising nach Landshut ist stark belastet. Es verkehrt jeweils eine Regionalexpress-Linie der DB nach Passau und Nürnberg, der Arriva-Länderbahn-Express (ALEX) Richtung Hof und Prag sowie Regionalbahnen von München oder Freising nach Plattling oder Landshut. Stark zugenommen hat in den letzten Jahren der Güterverkehr.

Am 28.10.2007 wurde der neue Haltepunkt in Marzling, einer Regionalbahn-Station nordöstlich von Freising in Betrieb genommen. Die Verschiebung des Haltepunkts beseitigte einen betrieblichen Zwangspunkt: der alte, in einer Kurve liegende Haltepunkt war nur mit einem Seitenbahnsteig ausgestattet. Zughalte Richtung München machten es notwendig, dass die Züge auf das Gegengleis wechselten.

Der neue Haltepunkt liegt ein paar hundert Meter vom alten entfernt an einem geraden Streckenstück und besitzt an beiden Gleisen Bahnsteige. Der Fußweg zur Ortsmitte ist etwas länger geworden; der Haltepunkt bietet aber barrierefreien Zugang und 55 cm hohe Bahnsteige. Angesichts des eingesetzten Wagenmaterials gibt es allerdings keinen barrierefreien Zustieg.

Wenn man berücksichtigt, dass im Zuge der Verlegung auch noch ein Bahnübergang beseitigt werden konnte, scheinen also die geflossenen Fördermittel insgesamt angemessen eingesetzt worden zu sein.

Eine Station weiter Richtung Landshut liegt Langenbach. Kein Haltepunkt, sondern ein Bahnhof mit einer nur noch im Güterverkehr befahrenden abzweigenden Strecke. Der Bahnhof Langenbach hatte einmal mehr Gleise, inzwischen sind es noch drei. Es gibt einen Hausbahnsteig und einen Bahnsteig zwischen Gleis 1 und 2. Um die an Gleis 2 Richtung Freising und München haltenden Züge zu erreichen, musste Gleis 1 überquert werden. Dafür, dass dabei alles sicher zuging, sorgte ursprünglich der örtliche Fahrdienstleiter.

Unglücklicherweise ging zusammen mit dem neuen Haltepunkt Marzling auch das Elektronische Stellwerk (ESTW) Moosburg in Betrieb. Das führte dazu, dass man in Langenbach niemand mehr brauchte, der Signale und Weichen stellte. Also wurde der Fahrdienstleiter abgezogen und in die Betriebsleitzentrale München integriert, die nun die gesamte Strecke einschließlich der ESTW-Außenstellen Moosburg und Langenbach steuert.

Um den Zugang zu Gleis 2 weiterhin zu ermöglichen, setzte man zunächst sogenannte "Reisendensicherer" ein. Da diese Sicherungsposten wohl nach Meinung der DB die Sicherheit nicht ganz so autonom wie ein Fahrdienstleiter gewährleisten konnten, wurde der Bahnsteigzugang durch ein Tor gesichert. Die Schlüssel für dieses Tor waren einem Kasten zu entnehmen, der durch den in München sitzenden Fahrdienstleiter in Abhängigkeit mit den Fahrstraßen in Langenbach freigegeben wurde.

Im Juni 2008 setzte sich bei der DB aber die Meinung durch, dass man jetzt lange genug Einsatz gezeigt hatte, und dass man sich einen betrieblichen Zwangspunkt mit Halt auf dem Gegengleis eher leisten kann, als die Personalkosten für die Sicherung des Bahnsteigzugangs. Also: kein Fahrdienstleiter mehr in Langenbach, keine "Reisendensicherer", dafür wie vormals in Marzling Züge, die zum Halten auf das Gegengleis fahren müssen.

Gemäß Fahrplan begegnen Richtung Freising fahrende Regionalbahnen meist zwischen Moosburg und Langenbach einem RE oder ALEX Richtung Landshut. Haben die von München kommenden Züge leichte Verspätung – was auf dieser Strecke eigentlich der Normalfall ist – muss entweder die Regionalbahn oder der entgegenkommende Zug vor Langenbach warten oder langsam fahren. Da Langenbach deutlich näher als Marzling am Begegnungspunkt liegt, ergibt sich diese Konfliktlage entsprechend häufiger als vor dem 28.10.2007.

Somit wurde die betriebliche Situation durch Inbetriebnahme des ESTW und des neuen Haltepunkts Marzling nicht verbessert, sondern verschlechtert, weil der Halt in Langenbach Zugbegegnungen eher behindert als der in Marzling.

Die ESTW-Einbindung hat nach DB-Angaben etwa 40 Mio. Euro gekostet, der neue Haltepunkt etwa 2 Mio. Euro. Wahrscheinlich etwas weniger spart die DB jährlich durch Abzug des Fahrdienstleiters bzw. der Sicherungsposten in Langenbach. Für ein paar Jahre gibt es einen Verspätungsgrund mehr. Ab 2009 soll der Bahnhof umgebaut werden und einen Bahnsteigtunnel erhalten – geplante Fertigstellung ist Dezember 2010. Bereits ein Jahr früher wird die betriebliche Situation auf der Strecke durch den Stundentakt Richtung Passau nochmals enger werden.

Edmund Lauterbach

Informationen und Fotos zum Bahnhof Langenbach:
www.bahnhof-langenbach.de

 
 


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