Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post März 2011.
Bearbeitungsstand: 18.2.2011

 
 

  Stadtbusnetz Freising
Neue Ära oder neue Probleme für die Fahrgäste?

Die zweitgrößte Stadt innerhalb des Münchner Verkehrsverbunds (MVV) ist Freising mit über 45.000 Einwohnern. Hier gibt es, ähnlich wie in Dachau, ein Busnetz in städtischer Regie. Verantwortlich für die Stadtbusse ist die Freisinger Parkhaus und Verkehrs-GmbH (PVG), eine hundertprozentige Tochter der Stadtwerke Freising. Die Fahrleistungen der Stadtbusse sind als Unterauftrag an ein privates Busunternehmen vergeben.

Historische Altstadt mit engen Straßen, ein wachsender Hochschulbereich, Staugefahr auf den Hauptstraßen und Isarbrücken, kleine Vororte mit wenig Fahrgastaufkommen – das sind in etwa die Problembereiche des Freisinger Busverkehrs. In den letzten Jahren wurden trotzdem Fortschritte gemacht: zum Teil Taktverdichtungen in der Hauptverkehrszeit sowie Einführung eines Wochenendverkehrs. Entsprechend ergaben sich Steigerungen der Fahrgastzahlen, insbesondere in Lerchenfeld, dem größten Freisinger Stadtteil auf der rechten Isarseite.

Aber in Lerchenfeld gibt es auch viele Konflikte: Busse werden durch parkende Autos behindert, die Buslinien enden an der Rückseite des Bahnhofs auf dem Park+Ride-Platz, nur ein Teil der Fahrten führt in die Altstadt. Die Interessen der Pendler, die möglichst schnell zum Bahnhof möchten, stehen im Widerspruch zu den Interessen der Fahrgäste, die – möglichst ohne eine Stichfahrt zum P+R-Platz – die Altstadt als Ziel haben.

Auch links der Isar gibt es Probleme: Beschwerden über Umwege in der Linienführung oder die Überfüllung einzelner Fahrten zum Hochschulbereich in Weihenstephan, insbesondere im Winterhalbjahr.

Ab Mitte April sollen nun die Freisinger Stadtbusse andere Wege nehmen und zu anderen Zeiten fahren. Obwohl ursprünglich der Fahrplanwechsel im Dezember 2010 anvisiert war, ist man mit dem April-Termin in Freising nicht unzufrieden, da man sich von einem Fahrplanwechsel in den Osterferien auch Vorteile verspricht.

Leider hat PRO BAHN von den Freisinger Absichten erst Mitte Dezember durch einen Zeitungsartikel erfahren, der Freising "am Beginn einer neuen Ära" sah. Mit Hinweis auf die Praxis der Münchner Verkehrsgesellschaft, die mit ausreichend großem zeitlichen Vorlauf geplante Änderungen vorstellt, und um eine Stellungnahme bittet, haben wir daraufhin die Stadtwerke Freising um mehr Informationen gebeten. Anfang Februar kam es dann zu einem sehr konstruktiven und kooperativem Gespräch mit der zuständigen Mitarbeiterin und dem Vertreter einer Beratungsfirma.

Auf Basis der dort vorgestellten Informationen hat PRO BAHN eine Stellungnahme verfasst, die sowohl an den Freisinger Oberbürgermeister als auch an die Stadtwerke ging. In dieser Stellungnahme weisen wir deutlich auf die Vor- aber auch auf die Nachteile des beabsichtigten Konzepts hin.

In den Stadtteilen links der Isar, rund um die Freisinger Altstadt, ist ein einfacheres und schnelleres Liniennetz geplant. Viele Haltestellen werden öfters angefahren; man erreicht Stadtzentrum und Bahnhof oft auf kürzeren Wegen als bisher. Der Verkehr Richtung Weihenstephan wird durch eine zweite Buslinie verstärkt, die auch neue Stadtgebiete erschließt.

Rechts der Isar, in Lerchenfeld, fällt die Beurteilung negativer aus. Hier erscheint das künftige Liniennetz komplizierter als das jetzige. Gerade in Lerchenfeld hatte es in den letzten Jahren durch Verkürzung der Linienwege und einen dichteren Fahrplan enorme Zuwächse bei den Fahrgastzahlen gegeben. Die Gefahr, dass das neue Konzept diesen Erfolg gefährdet, ist nicht von der Hand zu weisen.

Überhaupt nicht einverstanden kann PRO BAHN mit der Änderung des Fahrplantaktes sein. Die Freisinger Stadtbusse sollen sich künftig nicht mehr am 20-Minuten-Raster der S-Bahn orientieren, sondern alle 15 oder 30 Minuten den Bahnhof anfahren. Damit würden die Anschlüsse zur S-Bahn und den Zügen eindeutig verschlechtert. Die entstehenden Nachteile treffen in erster Linie die Pendler, die auf Umsteigen zum Bahnverkehr angewiesen sind. Das Argument, dass der Freisinger Binnenverkehr für die Erlössicherung wichtiger sei, als die Umsteiger zur Bahn, mag betriebswirtschaftlich richtig sein. Es ist aber nicht sonderlich fahrgastfreundlich und macht für viele Leute das Auto wieder zur besseren Alternative.

Da in der knappen Zeit bis April eine komplette Änderung der Freisinger Pläne kaum zu erwarten ist, hat PRO BAHN einen Kompromiss vorgeschlagen. Links der Isar können die Nachteile beim Umsteigen in S-Bahn und Regionalzüge durch die bessere Linienführung zum Teil kompensiert werden. Daher lautet der Vorschlag, nur dort das Konzept im April umzusetzen und den Fahrplan der Lerchenfelder Linien vorerst nicht ändern. Die Zeit bis Dezember soll genutzt werden, um noch einmal zu überlegen, wie man Fahrgastverluste vermeiden kann.

Dass in Freising künftig ein Nachtbus verkehren soll, wird von PRO BAHN uneingeschränkt begrüßt. Gerade in einer Hochschulstadt sollte es dafür ein Fahrgastpotenzial geben, das bisher nicht ausgeschöpft wird. In der Stellungnahme wird betont, dass die Absicht zur Weiterentwicklung des Freisinger Bussystems grundsätzlich positiv zu bewerten ist. Nachteile für die Fahrgäste müssen aber vermieden werden, da dadurch letztlich nur der Autoverkehr im Stadtgebiet und Richtung München zunimmt.

Auch die Kostenproblematik als Mitauslöser der Fahrplanumstellung wird in der Stellungnahme angesprochen. In Freising ist es, wie anderswo auch, nicht einfacher geworden, das Busnetz zu finanzieren. Statt die Probleme zu Lasten der Fahrgäste zu lösen regt PRO BAHN an, dass die Stadt Freising auf eine angemessenere Geldverteilung im MVV drängen soll.

Die Stellungnahme von PRO BAHN findet man im Internet unter

Edmund Lauterbach

 
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