Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Februar 2011.
Bearbeitungsstand: 20.1.2011

 
 

Foto alter S-Bahn Zugzielanzeiger
Foto Zugzielanzeiger U-Bahn
UFO-Karrikatur (Ausschnitt 145*100)
Foto Zugzielanzeiger 2010
Zugzielanzeiger 2011

"Informationsoffensive"
UFOs bei der Münchner S-Bahn

Schon vor Jahrzehnten gab es an der Stammstrecke der Münchner S-Bahn Anzeigen, die den Wartenden die Länge und die Halteposition des nächsten Zuges verrieten. Die Positionsanzeige funktionierte rein richtungsbezogen, indem für die Zugteile Piktogramme verwendet wurden, aus denen die Fahrtrichtung hervorging. Das System war bewährt und für die meisten Fahrgäste der S-Bahn leicht verständlich. Darüber hinaus wurde im Münchner U-Bahn-Netz die gleiche Systematik und Symbolik verwendet wie bei der S-Bahn.

Inzwischen auch schon wieder über einen recht langen Zeitraum arbeitet die DB AG daran, Zuglängen- und -positionsinformation im Rahmen des DEFAS-Systems auch auf vielen Außenstationen zugänglich zu machen. Das ist sehr zu begrüßen. Diese Informationen dienen nicht nur dem Komfort der Fahrgäste, sondern können – sofern sie richtig verstanden werden – den Fahrgastwechsel wesentlich beschleunigen.

Leider hat man sich mit richtungsbezogener Information wie entlang der Stammstrecke offensichtlich sehr schwer getan. Zum Teil liegt dem sicher die Tatsache zu Grunde, dass man an einigen Stationen nur einen Anzeigemonitor für beide Fahrtrichtungen spendiert hat. Zum anderen hat sich auch eine gewisse Unflexibilität bei der Gestaltung der Monitore und der Anzeigesoftware gezeigt. Und zum Dritten gibt es wohl im DB-Universum global einen Zwang zu einer buchstabenorientierten Positionsanzeige, an dem man nicht vorbeikommt.

Da sich das alles nicht so recht miteinander verträgt, hat man sich nun entschieden, vom System der richtungsbezogenen Informationen ganz abzugehen. Nach dem wohl inzwischen auch auf allen Bahnsteigen im Außenbereich blaue Schilder mit den Buchstaben A, B und C installiert wurden, verlässt man sich darauf, dass die Fahrgäste die Zugposition aufgrund entsprechender Angaben auf den Monitoren eindeutig zuordnen können.

Letzter Schritt, um jede den Fahrgast verwirrende Richtungsangabe aus dem System zu tilgen, war eine Änderung der Zugpiktogramme auf den meisten Anzeigemonitoren. Seit den Anfängen des S-Bahn-Systems wurde ein Symbol verwendet, das auf einer Seite abgeschrägt war, um so die Fahrtrichtung des Zuges anzudeuten. Dieses Symbol ist nun durch ein symmetrisches Piktogramm ersetzt worden, das keinen Hinweis mehr auf eine mögliche Fahrtrichtung gibt.

Das neue Symbol kann natürlich universeller eingesetzt werden, da damit egal ist, ob der Zug von rechts oder von links kommt oder sonstwie am Bahnsteig landet. Passend dazu sieht das Piktogramm nun ein wenig wie ein UFO aus – ein Phänomen, das PRO BAHN schon vor Jahren vorausgesehen hat (www.pro‑bahn.de/meinung). Ob mit dieser Desorientierung das zurückgehende geographische Verständnis in Teilen der Bevölkerung unterstützt werden soll, ist nicht bekannt.

Ob eine Anzeige, die auf den magischen Buchstaben A, B und C basiert, aber wirklich eine größere Orientierungshilfe als eine mehr richtungsbezogene Information ist, darf bezweifelt werden. Die Fahrtrichtung eines Zuges ist eine so unmittelbar präsente und intuitiv erfassbare Information, dass der Verzicht darauf etwas anachronistisch wirkt. Leider hat sich auch in der Vergangenheit verschiedentlich gezeigt, dass nicht alles, was man bei der DB für hilfreich hält, auch wirklich hilfreich ist.

Die oben geschilderten Schwierigkeiten, im Rahmen von DEFAS eine bessere richtungsbezogene Information anzubieten, wären sicherlich überwindbar gewesen. Wenn alle Beteiligten dies gewollt hätten, und wenn eine gewisse Einsicht dazu vorhanden wäre, wie Information von Menschen aufgenommen wird, hätte das wohl kaum mehr Aufwand bedeutet, als die im Laufe der Jahre umgesetzten Änderungen für das A-B-C-System. Ob dahinter nun wirklich das Ziel einer besseren Information steckt, ob man sich von Randbedingungen getrieben sah, die man nicht ändern konnte oder wollte, oder ob man schlicht neu mit richtig verwechselt hat, darüber kann man nur spekulieren.

Da die Verantwortlichen im Bereich des Öffentlichen Verkehrs meistens besser als ihre Kunden wissen, was gut für diese Kunden ist, wurde natürlich auch bei der gesamten Einführung von DEFAS im S-Bahn-Netz auf jede Art von Vorabdiskussion mit Vertretern der Fahrgäste verzichtet. Den S-Bahn-Kunden bleibt daher nichts anderes übrig, als sich mehr schlecht als recht an die neue Systematik zu gewöhnen.

Übrigens: Während bei der S-Bahn das A-B-C für die Halteposition der Züge benutzt wird, wurde bei der U-Bahn begonnen, die Ausgänge auf Bahnhofsplänen und Hinweisschildern mit entsprechenden Großbuchstaben zu kennzeichnen. Auf den im Internet verfügbaren Plänen gibt es diese Kennzeichnung allerdings ebenso wenig wie die A-B-C- Positionen der S-Bahn. Es wäre ja auch zu fahrgastfreundlich, wenn man sich bei MVG und S-Bahn auf ein gemeinsames Vorgehen einigen würde. Die "Koordination" der beiden Verkehrssysteme ist beispielsweise beim neuen Umsteigeknoten Moosach schön zu besichtigen.

Edmund Lauterbach

 
 


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