Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post August 2020. Bearbeitungsstand: 14.7.2020 |
Quellen und weiterführende Dokumente
Deutschlandtakt für Oberbayern Ende Juni haben die Gutachter den dritten Entwurf für den "Zielfahrplan Deutschlandtakt" vorgelegt [1]. Versuchen wir mal, ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Aspekte für Oberbayern zu beleuchten. Der Gutachterentwurf unterscheidet zwischen folgenden Verkehrsarten im Schienenpersonenverkehr: FV (Fernverkehr), FR (Fernverkehr oder schneller Regionalverkehr), Express (beschleunigter Regionalverkehr), NV (Nahverkehrszug), und S-Bahn. Im Osten viel Neues Wenn man im Osten beginnt, so ist seit langem bekannt, dass die heutigen Railjet-Verkehre München – Wien in der Zukunft über eine ausgebaute und elektrifizierte Strecke via Mühldorf abgewickelt werden sollen. Dabei soll es beim 2‑Stunden-Takt und dem Zusammenführen in Salzburg mit einer Korridorlinie aus Innsbruck bleiben. Neu im Vergleich zu den Entwürfen von 2018 und 2019 ist eine ebenfalls zweistündliche FV-Linie München – Mühldorf – Linz – Wien via Simbach, die im Gegensatz zur Linie via Salzburg auch in Mühldorf halten soll. Diese Verbindung entlastet die Salzburger Strecken, setzt aber eine Elektrifizierung nach Simbach voraus [2]. Zusätzlich ist eine stündliche NV-Linie Mühldorf – Simbach – Neumarkt-Kalham vorgesehen. Zwischen Mühldorf und Salzburg soll jede Stunde eine Express-Linie mit allen Zwischenhalten verkehren. Der stündlich von Regensburg via Landshut – Freising über den Flughafen nach Mühldorf verlängerte Flughafen-Express soll alle zwei Stunden nach Salzburg weiterfahren. Auch die Strecke Rosenheim – Salzburg behält Fernverkehr:
die von Karlsruhe oder Frankfurt kommende Linie wird
zweistündlich von München nach Salzburg (–
Graz/ Im Osten sieht man auch Abweichungen zum "Startkonzept" für die zweite S‑Bahn-Stammstrecke des Freistaats [3][4]. So ist, wie bereits bei der Bedarfsplanüberprüfung 2010, ein S-Bahn-Flügel nach Dorfen vorgesehen [5]. Ab Erding soll die S-Bahn halbstündlich zum Flughafen und weiter nach Freising fahren. Eine mal vom Freistaat vorgesehene zweite Flughafen-Express-Linie Landshut – Mühldorf mit mehr Zwischenhalten kommt dagegen nicht vor. Die Flughafen-S-Bahn via Ismaning soll nicht nur durch eine Express-S-Bahn ab Augsburg ergänzt werden, sondern auch durch eine weitere Linie ab Geltendorf. Die jetzigen Alex-Züge sollen ab Ende 2023 nicht mehr in Schwandorf
geflügelt werden, sondern stündlich fahren und wechselweise
nach Hof und Prag weitergeführt werden [6][7]. Der Stundentakt ersetzt bis Regensburg die
RE-Linie München – Regensburg – Nürnberg. Der
zweistündlich Richtung Hof verkehrende Ast wird im
Deutschlandtakt-Konzept bis Dresden durchgebunden. Eine
Express-Linie München – Passau soll bis Plattling zu einem
Halbstundentakt verdichtet werden, wobei in Landshut jeweils Richtung
Regensburg geflügelt wird. Auf der bisher mit drei S‑Bahnen und
zwei Regionalzügen pro Stunde (plus Güterverkehr) gut
belasteten Strecke München – Neufahrn, die im Gegenteil zu anderen
hier genannten nicht ausgebaut werden soll, verkehren künftig stündlich
vier S‑Bahnen, eine Express-S‑Bahn, zwei Express-Linien und die FR-Linie
nach Dresden
Im Westen wird's kompliziert Via Ingolstadt über die Schnellfahrstrecke nach Nürnberg soll neben den klassischen FV-Linien und einem stündlichen München-Nürnberg-Express auch eine FR-Linie nach Frankfurt und weiter nach Westerland verkehren. Das ergibt insgesamt sechs Züge pro Stunde, wobei eine der nach Berlin verkehrenden Linien (wohl als stündlicher Sprinter) nicht in Ingolstadt hält. Ein Halbstundentakt auf der Paartalbahn endet wechselweise in Ingolstadt Nord und am Hauptbahnhof, eine NV-Linie aus München fährt bis Gaimersheim und eine Express-Linie aus Regensburg bis Eichstätt Stadt. Durchgehende Züge München – Ingolstadt – Treuchtlingen – Nürnberg sind nicht mehr vorgesehen, sondern fahren erst ab Ingolstadt. Im Gegensatz zum "Startkonzept" für die zweite S‑Bahn-Stammstrecke ist beim Deutschlandtakt eine Münchner Express-S‑Bahn bis Augsburg vorgesehen (stündlich, bis Mammendorf halbstündlich). Ein Ast des heutigen Fugger-Express-Systems soll bis Nürnberg durchgebunden werden. Ebenfalls enthalten ist ein Halbstundentakt auf der Ammerseebahn und das geplante Express-S‑Bahn-Konzept bis Buchloe. In Buchloe halten zudem der dann beschleunigte, zweistündliche FV-Zug nach Zürich, sowie stündlich und zweistündlich Express-Linien, die in einem komplizierten System aus sich überlagernden Linien und Flügeln in Immenstadt bis Lindau und Oberstdorf fahren. Füssen und Pfronten sind nicht direkt mit München verbunden, sondern mit Augsburg (bzw. Pfronten auch mit Ulm). Ob einzelne Züge trotz des Taktprinzips zwischen den Linien wechseln können, bleibt abzuwarten. Die halbstündlich verkehrende Ammerseebahn endet im Pfaffenwinkel wechselweise in Schongau und Peißenberg. Die Werdenfelsbahn bekommt bis Mittenwald ein überlagerndes System aus einer Express- und einer NV-Linie, wobei die NV-Züge in Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck und Pfronten geflügelt werden. Zusätzlich sollen – nur in Lastrichtung – HVZ-Züge fahren. In Tutzing wird nicht mehr geflügelt, sondern nach Kochel verkehrt jede Stunde eine NV-Linie ab München (plus HVZ-Verstärker Tutzing – Kochel). Fazit und Ausblick Was der Zielfahrplan Deutschlandtakt beschreibt, ist kein Auftrag an Aufgabenträger und Bahnunternehmen einen bestimmten Fahrplan zu einem bestimmten Zeitpunkt umzusetzen. Insofern ist alles Gesagte mit Vorsicht zu genießen. Mit dem Zielfahrplan gibt sich der Bund selber den Auftrag, die Infrastruktur (mit Hilfe von DB Netz) so auszubauen, dass die geschilderten Linien und Takte möglich werden. So widersprechen sich auf eingleisigen Strecken wie nach Plattling oder Richtung Werdenfels die dichten Takte und der jetzige Ausbauzustand. Wobei Landshut – Plattling im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) steht, die Werdenfelsbahn aber nicht [8][9][10]. Über den Münchner Abschnitt Daglfing – Johanneskirchen wird aktuell heftig gestritten, da hier zunehmender Güterverkehr und die vorgesehenen sieben S‑Bahn-Fahrten pro Stunde mit der jetzigen Infrastruktur nicht durchführbar sind. Der Münchner Oberbürgermeister dringt massiv auf eine Tunnellösung und spricht von einer Realisierung "in mehr als 20 Jahren" [11][12]. Andererseits ist auf dem Abschnitt zwischen Feldmoching und Neufahrn eine ähnlich starke Zugbelegung geplant (ebenso behindert durch mehrere störanfällige Bahnübergänge), ohne dass man in den letzten zehn Jahren eine umsetzbare Idee zum Ausbau entwickelt hätte [13][14]. Wann welche Versprechungen realisiert werden, ist nicht abzusehen – erfahrungsgemäß dauert es länger als man denkt, und viel länger, als uns anfangs versprochen wird. Den Deutschlandtakt und seinen Zielfahrplan kann man aber zumindest als Richtungsansage verstehen. Edmund Lauterbach |
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