Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Februar 2020.
Bearbeitungsstand: 19.1.2020

 
 

ÖPNV und Kommunalwahl München
Was wollen die Parteien?

Am 15. März ist Kommunalwahl in Bayern. Wichtig ist: Wählen gehen! Auch deshalb, weil es im Bereich der Verkehr­spolitik etwas zu verändern gilt, und weil die Kommunal­politik dafür ein entscheidender Hebel sein kann. Die Bürger werden im Wahlkampf mit vielen Informationen überflutet, und PRO BAHN möchte etwas dabei helfen, wichtige Punkte aus dem Verkehrs­bereich nicht zu übersehen. Da wir das nicht für ganz Oberbayern tun können, geht es in diesem Artikel zunächst um die Region, in der die Verkehrs­probleme den stärksten Druck auf die Politik ausüben: München.

Wir haben uns die Wahl­programme der Münchner Parteien und andere aktuelle Aussagen zur Verkehr­spolitik angeschaut. Eine Liste mit Links zu ausgewerteten Texten sowie zu Programmen weiterer Parteien findet man unter https://ogy.de/parteien. Die Auswahl der hier behandelten Parteien ist teilweise subjektiv, aber auch von den verfügbaren Informationen abhängig. Bei den Themen versuchen wir nicht, möglichst viel abzudecken, sondern beschränken uns auf Projekte, bei denen sich in nächsten Jahren etwas tun sollte, sowie Ideen, bei denen die Parteien unterschiedliche Akzente setzen. Das sich gerade in Bewegung befindende Thema Busspuren wurde ausgespart, so dass es hier nur um Schienen­projekte geht.

Grafik 213*303 - Wahlprogramm SPD   Grafik 214*303 - Mobilitätskonzept CSU

U5 West/Freiham

Die SPD ist (natürlich) für die Verlängerung der U5 bis Pasing. Bei der Anbindung von Freiham legt man sich nicht fest, sondern fordert eine "schienengebundene Erschließung". Ebenso natürlich tut sich die CSU mit einer Festlegung einfacher und fordert die "Fertigstellung der U5 nach Pasing und Weiterführung über Freiham nach Germering". Auch die ÖDP plädiert für eine U-Bahn nach Freiham und Germering, während Grüne und FDP nur die Verlängerung der U5 nach Pasing und Freiham erwähnen.

Tram-Nordtangente

Die SPD will "sicherstellen, dass schnellstmöglich ... mit dem Bau der Tram-Nordtangente (Englischer Garten) begonnen wird". Die Grünen stellen fest, dass sie die Nord­tangente bauen werden, und erwähnen als Linien­führung "von Neuhausen über Schwabing nach Bogenhausen". Die FDP ist ebenfalls für "eine Tram durch den Englischen Garten", während die ÖDP für die Realisierung konkrete Bedingungen fordert: "baumschonend, nicht zu Lasten des Fahrrad­verkehrs und mit Akkubetrieb". Die CSU erwähnt die Tram-Nordtangente nicht; in ihrem Mobilitäts­konzept findet sich insgesamt nur ein Satz zur Trambahn: "Gleichzeitig müssen wir auch im Bereich der Straßen­bahnen einzelne Ergänzungen im Netz durchführen."

Verbindung U2/U6 im Norden

Zwischen den U-Bahnhöfen "Am Hart" und "Kiefern­garten" ist eine neue Schienen­verbindung geplant. Seit 2014 wurde dort – abschnitts­weise zusammen mit einer verlängerten Linie 23 – eine Trambahn entlang der Heidemann­straße geplant. Die SPD/CSU-Rathaus­koalition hat aber auf Drängen der CSU die weit gediehene Planung gekippt, und sieht stattdessen eine U-Bahn vor. Das bedeutet u.a., dass bis weit in die 2040er-Jahre hinein nur Busse entlang der eigentlich vorgesehenen Schienenachse verkehren können.

Die SPD schreibt nun in ihrem Programm, dass sie vor der U26 als Vorläufer eine Trambahn realisieren möchte. Die CSU sieht natürlich nur die U-Bahn-Planung vor. Das gilt ebenso für FDP und ÖDP. Die Grünen wollen dagegen, dass das ursprüngliche Konzept der Tramlinie 24 fortgeführt wird, und die neue Linie am BMW-Forschungs­zentrum vorbei zu einer S-Bahn-Station am Nordring verlängert wird, sowie am östlichen Ende bis nach Fröttmaning.

Grafik 215*303 - Wahlprogramm Grüne   Grafik 213*303 - Wahlprogramm FDP

Weitergehende Projekte/Studien Tram

Für den Wiederaufbau einer Tramlinie vom Ostbahnhof nach Ramersdorf und weiter nach Neuperlach sprechen sich die SPD und die Grünen aus; die FDP möchte zunächst nur bis Ramersdorf planen. Die Grünen beschreiben konkret eine weitere Linie von Moosach über den Frankfurter Ring nach Johannes­kirchen als Konkurrenz zum diskutierten Seilbahn­projekt. Auch die SPD möchte zwischen Moosach und Kiefern­garten oder Johannes­kirchen eine Trambahn planen lassen. Ebenso will die SPD Trambahnen nach Sendling und Englschalking untersuchen lassen.

Ähnlich wie bei der U26 will die SPD prüfen lassen, ob als Vorlauf zur U9 eine "Tram-Nordsüd-Tangente" möglich ist, die als Verlängerung der Linie 23 von der Münchner Freiheit zum Haupt­bahnhof und weiter über den Goetheplatz auf die rechte Isarseite zur Trambahn 15/25 verkehren soll. Die Grünen schlagen eine "Tram-Süd-Tangente von der Aidenbach­straße zum Ostbahnhof" vor. Die Grünen, die SPD und die ÖDP möchten die Tramlinie 17 über die Endhalte­stelle Amalienburg­straße hinaus verlängern.

Die ÖDP plant eine Abzweigung zum S-Bahnhof Johannes­kirchen, sowie Verlängerungen vom Gondrell­platz in die Blumenau, von Berg am Laim (Nord) nach Daglfing, und von der St.-Veit-Straße in die Gartenstadt Trudering. Linien­verlängerungen nach Haar und vom Petuelring zur Dülfer­straße sollen geprüft werden. Die FDP möchte die Tramlinie 18 ab der Schwansee­straße nach Ottobrunn verlängern. Die SPD fordert allgemeiner, dass "Verlängerungen von bestehenden Trambahn­linien auch in die Nachbar­gemeinden" geplant werden. Die Linke will den "Anschluss bestehender U- und Trambahn­verbindungen an den Umland­verkehr" in Form einer Stadt-Umland-Bahn realisieren.

Weitergehende Projekte/Studien U-Bahn

Die SPD will eine "Machbar­keits­studie für eine U-Bahn-Ringlinie" in Auftrag geben. Die CSU plädiert für mehrere U-Bahn-Tunnels: von Moosach in den Münchner Westen, von Neuperlach nach Ottobrunn und ggf. darüber hinaus, sowie nach Englschalking. Auch die ÖDP stellt sich eine U5-Verlängerung nach Ottobrunn/Taufkirchen vor. Die U6 soll laut CSU über Martinsried hinaus nach Planegg geführt werden. FDP und ÖDP wollen ebenfalls die U3 ab Moosach verlängern und nennen als Ziel Untermenzing.

Die ÖDP und die FDP möchten die U6 bis nach Neufahrn zur S1 verlängern; die Grünen wollen die beiden Linien in Eching verknüpfen. Ebenso fordern ÖDP und FDP eine U1-Verlängerung im Norden zur Fasanerie (S1); die FDP zusätzlich im Südosten über das Klinikum Harlaching bis nach Solln. Die U2 soll laut FDP im Osten bis Feldkirchen (S2) fahren, laut ÖDP bis Heimstetten/Kirchheim. Die Linke möchte "den geplanten Nord-Süd-U-Bahn-Tunnel", also die U9, verhindern, während die ÖDP sie – ohne den Nordast zur U6 – nördlich des Hauptbahnhofs an die U2 anbinden will.

Grafik 214*303 - Wahlprogramm Linke   Grafik 214*303 - Wahlprogramm Mut

S-Bahn/Bahnausbau (ohne Flughafen)

Neben der oben erwähnten U-Bahn-Ringlinie ist die SPD für den Ausbau des S-Bahn-Nord- und Südrings in der Stadt und möchten einen "S-Bahn-Ring rund um München" planen lassen. Für Nord- und Südring sind auch Grüne, FDP und ÖDP; die Linke schreibt von einem "S-Bahn-Ring" und ist gegen die Tunnel­lösung für die zweite Stammstrecke. Die Grünen möchten den Nordring Richtung Pasing, Karlsfeld, Freising, Flughafen und Ostbahnhof anbinden. Die SPD hält an einer Tunnel­lösung für die Bahnstrecke von Zamdorf nach Johannes­kirchen fest, während die ÖDP dort einen "kosten­günstigen vier­gleisigen Ausbau" möchte. Die FDP nennt als Kern­forderung zum Güterverkehr, dass er um München herum­geleitet werden soll.

Die Grünen möchten, dass der künftige Regional­zug­halt Pocci­straße auch S-Bahn-tauglich wird, und fordern einen beschleunigten Bau. Die ÖDP möchte einen zusätzlichen Regional­bahn­halt am Kolumbusplatz. Grüne, FDP und ÖDP setzen sich für einen Haltepunkt an der Menterschwaige ein; die Grünen auch für den Halt Berdux­straße. Abseits von Maßnahmen bei der Infrastruktur ist erwähnenswert, dass die Grünen explizit Verbesserungen beim Fahrplantakt und dem Störfall­management der S-Bahn fordern, sowie den Einsatz längerer S-Bahn-Züge. Die SPD fordert "mindestens einen 10-Minuten-Takt auf den Außen­ästen".

Fazit

Forderungen und Vorschläge der Wahl­programme sind zum Teil ähnlich. Im Bereich Trambahn unterscheidet sich die CSU deutlich von anderen Parteien, und die Linke lehnt sehr konsequent größere Tunnel­projekte ab. Tauchen einzelne Punkte bei einer Partei nicht auf, muss das nicht heißen, dass sie dagegen ist – die Programme setzen allerdings bestimmte Prioritäten. Wie diese dann in reale Politik umgesetzt werden, ist auch angesichts der Notwendigkeit von Koalitionen wieder ein anderes Thema. Dieser Artikel kann nicht alles ansprechen. Außer selbst in die Programme zu schauen, kann und sollte man bei Infoständen und Veranstaltungen von Parteien konkret nachfragen, und die Aufmerk­samkeit auf das Thema Öffentlicher Nahverkehr lenken.

Edmund Lauterbach

 

Wahlprüfsteine von PRO BAHN zur Kommunalwahl
Pressemitteilung PRO BAHN München, 28.2.2020
Anmerkung: Zu einigen Punkten sind die Antworten auf die Fragen von PRO BAHN etwas anders gewichtet als die Aussagen der Wahlprogramme. So lautet die Position der SPD zur Westverlängerung der U5 jetzt: "werden wir die Verlängerung der Linie U5 nach Pasing und Freiham beschleunigen – Pasing wird hier sicher bis 2032 erreicht werden, Freiham versuchen wir möglich zu machen."
 

Stichpunkthafte Auswahl von Zitaten aus den Wahl­programmen und verkehrs­politischen Positionen Münchner Parteien (SPD, CSU, Grüne, FDP, ÖDP, Linke, Freie Wähler)
 

Münchner Parteien – Kommunal­wahl­programme/verkehrs­politische Positionen 2020

* Diese Parteien/Gruppierungen sind nicht im Stadtrat vertreten. Mit Stand Januar 2020 ist unklar, ob sie zur Wahl antreten dürfen.
 

Neben dem Münchner Stadtrat wird auch der Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin gewählt. Die Zeitung "Hallo München" hat eine Interviewserie mit den Kandidaten veröffentlicht, aus der einige verkehrspolitische Positionen auf Twitter zitiert werden.

 


eXTReMe Tracker   Tweet   Flattr this

Übersicht Publikationen

Gesamtübersicht

© Edmund Lauterbach – 28.2.2020 / Impressum / Kontakt