Im August habe ich eine Schiffstour auf dem Starnberger See unternommen. Da schaut man natürlich vorab mal in die Fahr­plan­aus­kunft. Auch wenn ich am Ende nicht so zurück­gefahren bin, war auch die Fahrt von Seeshaupt über Tutzing nach München dabei. Bei einigen Verbin­dungen war Umsteigen in Tutzing nötig. Merkwürdig kam mir dabei vor, dass in Tutzing ein Gleis 25 für die Ankunft der Kochel­see­bahn angegeben wurde. Da mir der Bahnhof Tutzing bekannt ist, weiß ich, dass es dort genau drei Gleise gibt, die an Bahnsteig­kanten vorbei­führen, wobei die Gleise 2 und 3 sich einen Bahnsteig teilen.

Wie ich später herausfand, war ich Opfer eines Lesefehlers. Die Fahr­plan­aus­kunft der DB meint nicht Gleis 25, sondern Gleis 2S. Und das "S" steht dabei wohl für "Süd" und soll ein Hinweis sein, dass der Zug im südlichen Teil von Gleis 2 anhält. Das wäre durchaus hilfreich, wenn man das kryptische "2S" erkennen und deuten könnte, und es auf Bahnhofs­plänen auch auffindbar wäre. "2Süd" statt "2S" könnte sicher auch helfen. Der technische Hintergrund dabei ist, dass im Nordteil von Gleis 2 die S-Bahn wendet. Die Verwechselung mit Gleis 25 kommt auch daher, weil die DB bis vor kurzem die Gleis­nummern in weißer Schrift auf dunkel­blauem Hintergrund angab, wenn man die Fahr­plan­aus­kunft im Internet nutzt. Außerdem liegen "5" und "S" bei dem von der DB verwendeten Schrifttyp näher beieinander als bei anderen Schriften.

Ausschnitt aus einer Fahr­plan­aus­kunft der DB vom August 2023

Bevor ich in der Lage war, meinen Irrtum selber aufzuklären, schrieb ich eine E-Mail an den Kundendialog Bayern der DB, und an DB Station & Service. Ich fragte nach, wo denn in Tutzing Gleis 25 sei, und erkundigte mich nach dem Umsteige­wege zu Gleis 1 und ob Treppen oder Aufzüge zu berück­sichtigen seien. Einen Screenshot der Auskunft mit scheinbarer Angabe von Gleis 25 fügte ich bei. DB Station & Service antwortete recht bald, dass man, um meine Fragen zu beantworten, Informationen bei den Kollegen vor Ort anfordere. DB Regio Bayern schrieb mir, dass man mein Anliegen an DB Vertrieb weitergegeben habe. Knapp zwei Wochen später kam dann eine Antwort vom bundes­weiten Kundendialog von DB Fernverkehr. Man entschuldigte sich für die lange Bear­beitungs­zeit und stellte fest: "Der Bahnhof in Tutzingen verfügt über lediglich drei Bahngleise."

Auf die von mir beigefügte Grafik mit der Fahr­plan­aus­kunft wurde nicht eingegangen. Es ist sicher nicht ganz un­wahr­schein­lich, dass bei den bekannten Schwächen der E-Mail-Systeme der DB so etwas auf dem Weg durch die Unter­nehmens­bereiche verloren geht. Und obwohl in Tutzing sogar einzelne ICE halten, scheint in den Tiefen des Konzerns angesichts von Bahnhöfen wie Tuttlingen, Tübingen, Metzingen, Schwetzingen und wie sie alle heißen, eine leichte Namensverwirrung zu herrschen. Falls jetzt DB Station & Service noch auf Antwort von Kollegen aus Tutzingen wartet, weiß ich nicht, ob ich von dort noch eine abschlie­ßende oder gar aufklärende E-Mail bekomme. Sollte jemand den Namen Tutzingen als Inspiration für seine Modellbahn nutzen, bitte darauf achten, dass es dort vorbildgetreu lediglich drei Bahngleise gibt. Tutzing hat dagegen mehr als drei Gleise, außer den Bahn­steig­gleisen gib es zwei weitere ohne Bahnsteige.

Nicht mehr ganz so lustig wird die Sache, wenn man sie aus Sicht der Barriere­freiheit betrachtet. Die Anzeige, wie sie im Screenshot dargestellt ist, führt selbst bei nur leichter Seh­behin­derung schnell zur Verwirrung. Die DB hat zwar die ungünstige farbliche Gestaltung mit dem letzten Update der Fahr­plan­aus­kunft aufgegeben, die Gefahr 2S mit 25 zu verwechseln besteht aber weiterhin. Dass ein Kundendialog so etwas nicht bemerkt, ist unverzeihbar.

Edmund Lauterbach