Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post November 2023.
Bearbeitungsstand: 23.10.2023

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Fahrgastinformation bei Baustellen

"Information zu S1 nach München Hauptbahnhof über Feldmoching, Abfahrt 10:12 Uhr, heute bis München Hauptbahnhof, heute mit Halt in München Hauptbahnhof, heute ohne Halt in München Hauptbahnhof, Grund dafür ist eine Umleitung." (Original-Audio)
Das ist ein Beispiel für eine der Durchsagen, die seit mehreren Monaten auf den Bahnsteigen der S1 bei Stammstreckensperren zu hören sind.

Bezogen auf die Fahrgastinformationen bei Baustellen entsteht bei den Fahrgästen unweigerlich ein ganz bestimmter Eindruck: Es wird immer schlimmer. Das Schlimmerwerden beginnt dabei bereits bei der Organisation der Baustellen und Ersatzfahrpläne. Durch die Kombination und den Wechsel zwischen verschiedenen Bauzuständen und Fahrplänen entsteht eine Komplexität, die kaum beherrschbar ist. Offensichtlich gilt das auch für die DB selber, zumindest die Bereiche, die für Fahrgastinformationen zuständig sind. Zusätzlich zur ohnehin schon schwierigen Situation kommen dann noch Fehlinformationen und weitere Unzulänglichkeiten hinzu.

Liniennetzskizzen der DB für die Stammstreckensperungen (animiert).
Drei Linienverläufe für die Wochenendbaustellen im Oktober, und drei Linienverläufe für die Baustellen der ersten Novemberwoche.

An den Stationen sind die gedruckten Informationen zur Stammstreckensperrung unvollständig. Und auch durch die Durchsagen wird beispielsweise nicht vermittelt, wann die S1 am Starnberger Flügelbahnhof endet, oder dass sich in vielen Fällen Umsteigen in Feldmoching in die U-Bahn empfiehlt. Stattdessen gibt die DB an, dass alle im Hauptbahnhof endenden Züge der S1 in die Haupthalle fahren ("Gleis 20 bis 26"), was definitiv falsch ist.

Außer den noch kommenden zwei Wochenenden mit Einschränkungen auf der Stammstrecke wurden von der DB weitere Umleitungen am Feiertag Allerheiligen sowie am 3. November nachgereicht. Gleichzeitig ist nun die Zufahrt zum Münchner Flughafen gesperrt, was zu mehreren komplexen Ersatzfahrplänen für die S1 und die S8 mit teils deutlich verlängerter Reisezeit führt. Am Samstag hingen an den Stationen der S1 drei verschiedene Linienpläne mit Umleitungen zum Flughafen. Mangels Platz in den Vitrinen wurden sie auf die Wände der Wartehäuschen geklebt. Fahrpläne gibt es bisher nur im Internet. Der Artikel www.airliners.de/analyse-s-bahn-ausfaelle-flughafen-muenchen-dagewesene-belastungsprobe/71143 beschreibt die Situation, und hat über 20 PDF-Dateien gezählt, die zur Information über Sperrungen und Ersatzverkehre verfügbar sind. Bei den fünf Wochenendbaustellen auf der Stammstrecke im Oktober/November waren es sicher insgesamt noch etwas mehr.

Liniennetzskizzen der DB für die Ersatzverkehre zum Flughafen (animiert).
Drei Linienverläufe für die Baustellen auf den Flughafenlinien vom 23.10. bis zum 13.11.2023.

Die besondere Situation beim Flughafen sind viele Fahrgäste, die etwas seltener mit der S-Bahn unterwegs sind, und natürlich Flugreisende, die mit teils großen Koffern anreisen. Wer von einer längeren Reise zurückkommt, wird von den DB-Maßnahmen wohl eher überrascht. Aber auch wer im Prinzip informiert ist, kann noch über einige "interessante" Erlebnisse stolpern. Nicht jedem wird die Kombination des 40-Minuten-Takts zum Flughafen mit dem Wenden jeder dritten S1 in Moosach am kommenden Wochenende und an Allerheiligen gefallen, oder die Alternative der 67-minütigen Busfahrt nach Johanneskirchen. Wie sich für Reisende mit Gepäck das Umsteigen über teils weite Wege zu den Ersatzbussen, ohne Rolltreppen und mit nur wenigen Aufzügen anfühlt, kann sich jeder vorstellen.

Das Mitdenken mit den Fahrgästen ist aber bei der DB wohl nicht so beliebt. 2018 gab es auf der S1 eine "Sommerbaustelle", bei der – auch durch Einfluss von PRO BAHN – zumindest zu spüren war, dass man die Interessen der Fahrgäste mit in die Planung und Information einbezog. Statt auf diesem Weg weiterzugehen, sind die Ersatzverkehre im Raum München seitdem immer schlechter geworden. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Schienenpersonenverkehr "plant, finanziert und kontrolliert", lässt die DB gewähren. Ob das Zustimmung oder Unvermögen bedeutet, bleibt etwas unklar. Über allem schwebt Minister Bernreiter, von dem eher Dienstwagenperspektive auf dem Weg zum Flughafen zu erwarten ist, als Expertise dazu, was dies alles für die Fahrgäste bedeutet.

Vier Fotos von Baustellenaushängen an einer Station der S1 (animiert).
Ein Beispiel für die verteilte Information: Aushänge zu verschiedenen Baumaßnahmen an verschiedenen Plätzen einer Station der S1. (4 Fotos)

Das wenig rücksichtsvolle Vorgehen bei Bauarbeiten und die fragwürdige Qualität der Information führen zur Frage, was in den kommenden Jahren passiert, für die die DB großflächig "Generalsanierungen" mit langen Streckensperrungen plant. Gerade in Südbayern wird dabei mit starken Einschränkungen gerechnet, teilweise durch weiträumige Umleiterverkehre, die Regionalzüge und sogar S-Bahnen verdrängen.

Edmund Lauterbach

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