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Klassischer »Hoffmann« in Zürich mit unerwartetem Schluss
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Besuchte Vorstellung (szenische Premiere) 28. Juni 2025
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Besprechung in Arbeit. Voraussichtliches Ende Mittwoch Abend |
Regie |
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Andreas Homoki |
Dirigent |
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Antonino Fogliani |
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Chorleitung |
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Janko Kastelic |
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Bühne |
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Wolfgang Gussmann |
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Kostüme |
Wolfgang Gussmann und Susana Mendoza |
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Version |
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Eigene Version basierend auf Kaye-Keck |
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Sprache |
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Französisch |
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Hoffmann |
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Saimir Pirgu |
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Muse |
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Marina Viotti |
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Olympia |
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Katrina Galka |
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Antonia |
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Adriana Gonzalez |
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Giulietta |
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Lauren Fagan |
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Widersacher |
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Andrew Foster-Williams |
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Stella |
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Maria Stella Maurizi |
»Hoffmann« »Hoffmann«
Auf der Seite der Oper Zürich findet sich ein Trailer: www.opernhaus.ch/spielplan/kalendarium/les-contes-d-hoffmann
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Fazit Zürich: Ein klassischer »Hoffmann« in einem prächtigen Theater, begleitet von einem perfekt spielenden Orchester, mit wunderschönen Stimmen, passenden Kostümen und einem kreativen und klaren Bühnenbild. Ein zweites so präzise und tonrein spielendes Orchester wird man auf der ganzen Welt lange suchen müssen. Erfreulich auch die offenbachisch-korrekte Auswahl der Nummern und die völlige Abwesenheit von werksfremden Bizarrierien. Dass sich am Schluss Hoffmann und Stella versöhnen und Lindorf leer ausging, war völlig neu. Das Publikum ging gut mit, war begeistert und spendete spontan kräftigen Applaus, der nach sieben Minuten abgewürgt wurde und meiner Einschätzung nach doppelt so lange gedauert hätte. Besonders zu loben ist das ausgezeichnet gestaltete Programmheft, fast ein Buch, in dem qualifizierte Beiträge über die komplizierte Geschichte dieser Oper und über das nicht immer einfache Leben Jacques Offenbachs enthalten sind. |
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Der Zürcher »Hoffmann« hat eine Vorlebenm, das in der gesamten Geschichte des Musiktheaters einmalig ist. Die ursprünglich geplante Premiere fiel in den Corona-Lockdown, wurde aber auf ungewöhnliche Weise trotzdem im März 2021 durchgezogen. Während die Sänger im leeren Theater auf der Bühne agierten, spielte das Orchester in einem entfernten Saal, um Infektionen zu verhindern. Die Musiker spielten soweit möglich mit Masken und saßen weit auseinander. Bühne und Orchester waren synchron durch extra schnelle Datenleitungen miteinander verbunden. Diese Aufführung wurde im Internet übertragen und aufgezeichnet. Nun endlich wurde sie im normalen Rahmen auf die Bühne gebracht, also eine Premiere 2.0 nach mehreren Jahren. . |
Und auf Youtube findet man einen ähnlichen Trailer, wenn man in die Suchmaske eingibt: oper zürich hoffmanns erzählungen |
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Das Zürcher Opernhaus ist ein prächtiger neu renovierter Bau und kann sich mit der Opéra Garnier, der Prager Volksoper und dem venezianischen La Fenice an Pracht messen. Ich hatte das Glück, in allen diesen Theatern (außer dem Garnier) einen »Hoffmann« erleben zu dürfen. In Zürich war es schon mein zweiter nach dem von Grischa Asagaroff 2010 inszenierten »Hoffmann«.http://www.myway.de/hoffmann/0910-zrh.html Damals sang der berühmte Tenor Vittorio Grigolo die Titelpartie und Elena Mosuc war als Stella vorgesehen. Doch sie konnte nicht auftreten, und so mussten in Windeseile drei Sopranistinnen einspringen, während die Rumänin stumm agierte. Gebrannte Kinder scheuen das Feuer, und so teilte man diesmal die Rollen der Stella auf vier Sopranistinnen auf. |
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Die Zusammenarbeit mit der Presseabteilung war freundlich und problemlos. Diesmal hatte ich einen guten Platz im Parkett bekommen, während ich 2010 als unbekannter Novize in der Opernkritik in die Juchhöh gesetzt worden war, von der aus ich nur die Hälfte der Bühne sehen konnte. Dazwischen lagen nun 109 andere und besprochene »Hoffmänner« zwischen New York und Zypern, zwischen Umea südlich des Polarkreises und Madrid. |
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Der damalige »Hoffmann« in Zürich ist für mich mit traurigen Erinnerungen verbunden. Ich hatte mich mit dem »Hoffmann«-Pionier Josef Heinzelmann zur Zürcher Premiere verabredet, doch er kam nicht. Josef Heinzelmann hatte in einem französischen Schloss das 90 Jahre lang verschollene Originallibretto entdeckt, übersetzt und bei Reclam veröffentlicht, das sogenannte Zensurlibretto. Bis dahin hatte man die Contes nach Abschriften von Abschriften von veränderten Abschriften gespielt. Zu meiner Bestürzung war Josef Heinzelmann vor der Zürcher Premiere an einer gravierenden Krankheit verstorben. |
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Das restaurierte Zürcher Opernhaus im Stadtzentrum gehört zu den reichstverzierten klassischen Theatern. Es hat 1100 Plätze und wird vom Kanton Zürich betrieben. Der Regisseur des Hoffmann, Andreas Homoki, fungierte auch 13 Jahre lang als Intendant der Zürcher Oper, die in seiner Zeit zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Erfreulicherweise sah ich viele jüngere Leute und solche mittleren Alters im Publikum. Einige jüngere Damen trugen lange Abendkleider. Im Orchestergraben zählte ich drei Kontrabässe und vier Celli. |
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Leider hörte wieder einmal ziemlich schnelle Auftaktakkorde, die so gar nicht maestoso klangen, was nicht nur mir auffiel. Auf der Bühne stand ein großes Fass, aus dem die lorbeerbekränzte Muse stieg. Eine schöne Stella erschien in eleganter Abendrobe. Die Kostüme der Solisten waen an die Zeit angepasst, als E.T.A. Hoffmann lebte und diese Oper entstand. Lindrf erschien angetan mit einem Ausgehmantel und Zylinder. Der Ersteigerung von Stellas Brief folgte eine ausführliche Vorstellung Lindorfs. . |
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Fast 40 Männer in Studentenwichs erschienen, alle gleich gekleidet, denn auch in der Schweiz gibt es traditionelle Studentenbünde, sogar schlagende. Hoffmann sang den Klein-Zaches auf dem Fass sitzend, und ein kräftiger, strahlender Tenor erklang. Stella erschien wieder, als er zu ihr abschweifte. Die Bühne wurde dunkel, und die schöne Angebetete wurde hell angsetrahlt. Heftiger Applaus belohnte den albanischen Tenor. Der Rest in Lutters Taverne zog sich dann etwas hin, auch Gretchen, Fausta und Leonor wurden erwähnt. Der erste Akt blieb aber mit 30 Minuten noch im Rahmen. |
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Und schon waren wir mitten im Olympia-Akt. Die Zürcher Bühne war nämlich raffiniert geteilt. Quer wurde die Bühne geteilt durch zwei verschiebbare Dreiecke, die eine variable Raute ermöglichten, die auf einer Spitze stand. So konnte der vordere Teil der Bühne vom hinteren abgetrennt werden. Man stelle sich eine Blende einer Analogkamera vor, die auch vergrößert und verkleinert werden kann. Vorne agierten der reale Hoffmann und seine Muse, und hinter der sich öffnenden Raute erschienen die fantastischen Erlebnisse Hoffmanns. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Hier waren handwerkliche Bühnenprofis am Werk, denn es gab keinerlei Umbaupausen. |
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Eine nach vorne geneigte rautenförmige Ebene bildete die Basis für die Handlungen von Hoffmanns drei Erlebnissen. Diese Raute hatte ichvor 10 Jahren schon in Berlin bei Barrie Kosky an der Komischen Oper gesehen.
(Bild aus Berlin) |
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Der Spalanzani sah mir zu sehr nach einem Einstein aus. Albert Einstein war kein Mechanikus und Betrüger sondern genialer Physiker und Mathematiker. Na gut, war nicht zum ersten Mal. Stimmlich perfekt und lebhaft trug die Muse, nun Niklaus, die Gockelarie vor. Leider kein Applaus. Die Gäste des Spalanzani wurden wiederum von den Studenten gebildet, diesmal um die Frauen erweitert, die auch männliche Kostüme von Korpsstudenten trugen und mit Schnurrbärten maskulinisiert waren. Transgender-Fans müssen ihre Freude ghabt haben. Superschnell und präzise kam das Lob auf Olympias Augen. |
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Olympia besang den begeisterten Hoffmann, der völlig vn der Puppe hingerissen war. Doch irgendwie schien er en Braten zu riechen, denn immer, wenn er seine Zauberbrille abnahm, stockte der Gesang der Olympia. Hoffmann schien zu merken, dass ihm die Brille eine Illusion vorschaukelte, denn er nahm sie mehrfach nacheinander ab und setzte sie wieder auf, um seine Wahrnehmung zu überprüfen. Doch wer mag sich schon so einer betörenden Illusion entziehen, die noch dazu in strahlender und präziser Koloratur sang. Dann drohte ein wütender Coppelius Rache an. Eine kahlköpfige und entzauberte Olympia verendete am Boden. Kräftiger Applaus für diesen voll gelungenen Olympia-Akt und erste Pause. |
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Zu Beginn des Antonia-Aktes stand das Fass, aus dem die Tränen sind, wieder auf der Bühne. Die raffinierte Raute ging wieder auf, und Antonia saß an einem Flügel, auf dem ein Bild ihrer Mutter stand. Antonia war ganz in Blau gekleidet. Es gab wieder mal einen Franz, auf den die meisten Inszenierungen nicht verzichten zu können meinen, noch dazu in voller Länge. Und er bekam auch noch Applaus dafür. Lustig, wie Niklaus die Olympia nachäffte, sozusagen eine Mezzo-Koloratur. Gefühlvoll und voll dramatisch sang er/sie dann die Geigenarie. Ein Gedicht von einer Arie. Mirakel erinnerte mich in seiner Maske irgendwie an einen dämonischen Nosferatu. Sein Spazierstock fungierte als eine Art Zauberstab, mit dem er Antonia hypnotisch lenkte.Zum Terzett Mutter – Mirakel – Antonia kamen Hoffmanns Freunde, immer noch im Studentenwichs, kurz auf die Bühne. Drei perfekte Stimmen bezauberten das Publikum. Dann neigte sich die schiefe rautenförmige Ebene noch mehr, und der Flügel rutschte ein paar Meter nach unten und zerbrach dann, wurde aber noch rechtzeitig gebremst, bevor er jemanden verletzen konnte. Kräftiger Applaus, und zweite Pause. |
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Auch im Giulietta-Akt war das große Fass wieder präsent. Hoffmann lag trunken am Boden. Die Blende der verschiebbaren Raute öffnete sich, und eine feuerrote Giulietta erschien. Sie wirkte sowohl wie eine erotische Kurtisane wie auch als elegante Dame von Welt. Leider war wieder einmal die Piccoloflöte das lauteste Instrument zur Barkarole. Nur circa ein Drittel der Dirigenten lassen sie ganz weg. Hauptmann Dapertutto war ala großbürgerlicher Zivilist gekleidet. Er sang eine der beiden Original-Arien Jacques Offenbachs, und zwar die eher nach staccato klingende Version. Die verführerische Giulietta wurde von zwei Männern begleitet, einem Schlemihl als Strizzi, und von einem Pitichinaccio als bizarrer Gestalt. Das Duell Hoffmann - Schlemihl fand hinter den Kulissen statt, und Hoffmann kam als erschrockener und schuldbewusster Sieger wieder auf die Büühne. |
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Der Verlust von Hoffmanns Spiegelbild wurde mit Hilfe eines Handspiegels dargestellt. Hoffmann blickte ungläubig in den leeren Spiegel. Die verführerische Giulietta tröstete ihn: Jetzt da ich dich bezwang, schone ich dein Leben. |
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Zum Finale lag Hoffmann wieder trunken am Souffleurkasten, und der Hörnerchor erklang. Stella kam mit Lindorf. Dann sang die elegante Stella mit berückend schöner Stimme, leider nur wenige Takte. Ihr Begleiter Lindorf hatte jedoch nicht lange Freude an ihr. Stella stritt mit ihm, nahm seinen Spazierstock und brach ihn über´s Knie. Die Muse hatte sich zum trunkenen Hoffmann gesetzt und tröstete ihn mit der bewegenden Asche deines Herzens. Hoffmann kam wieder zu sich und wurde von Stella und der Muse besungen. Dann geschah etwas, das ich noch nie in den bald 150 »Hoffmännern« gesehen hatte: Stella nahm Hoffmann an der Hand und führte ihn nach links ab, während ein empörter Lindorf rechts mit seinem Schicksal haderte. Das war verblüffend, denn üblicherweise geht Stella mit Lindorf ab. Man kann den beiden nur vorsichtig alles Gute wünschen, denn in traditioneller Bühnensprache droht jemandem, der nach links abgeht normalerweise nichts Erfreuliches. Und die Oper war aus. |
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Spontaner Jubel und heftiger Beifall brausten auf, als die letzten Töne verklungen waren. Schon nach einer halben Minute standen die ersten Zuschauer auf und spendenten stehend Applaus. Schon der riesige Chor wurde kräftig beklatscht. Stella eröffnete den Reigen, Riesenjubel für Olympia, Jubel für Antonia und Giulietta und die Männer. Auch das vierköpfige Regieteam erschien. Das Publikum war echt begeistert und klatschte unermüdlich. Doch leider würgte der rote Vorhang nach sieben Minuten den immer noch heftigen Applaus ab. Ich schätzte, der hätte noch locker weitere sieben Minuten dauern können. |
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Es gab Unklarheiten wegen einer möglichen Premierenfeier, die in der deutschsprachigen Schweiz üblich ist. Mehrere Angestellte des Theaters hatten mir gesagt, es gebe keine, da ja die Premiere schon vor mehreren Jahren stattgefunden habe Das konnte ich nicht glauben, denn wieso erschien dann das Regieteam beim Schlussapplaus auf der Bühne? Solches gibt es nur bei Premieren.. Es gab aber doch eine Premierenfeier, und zwar eine formlose und inoffizielle in einem Lokal im Gebäudekomplex der Oper. Davon hatte ich von Solisten am Büheneingang erfahren, die ich um Autogramme gebeten hatte. Sie nahmen mich mit auf den Vorplatz der Oper, auf dem Insider der Zürcher Oper an mehreren Tischen feierten. Es gab nur eine kürzere Rede zu Ehren des nach 13 Jahren scheidenden Intendanten (und Regisseurs) Andreas Homoki. Interessante Gespräche mit den internationalen Mitwirkenden ergaben sich. Wegen des warmen Abends konnte man bis tief in die Nacht im Freien sitzen. |
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Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen bei und beim Fotografen...... Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit. |
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