Ein »Hoffmann« in der Unterwelt


www.staatsoper-berlin.de




Besuchte Vorstellung (Premiere) 16. November 2025







Regie


Lydia Steier

Dirigent


Bertrand de Billy

Chorleitung


Dani Juris

Bühne


Momme Hinrichs

Kostüme


Ursula Kudma

Version


Kaye-Keck + Oeser

Sprache


Französisch




Hoffmann


Pene Pati

Muse


Ema Nikolovska

Olympia


Nina Minasyan

Antonia


Julia Kleiter

Giulietta


Sonja Herranen

Widersacher


Roberto Tagliavini



Ein Trailer läuft auf Youtube:

Einfach in eine Suchmaschine eingeben: Staatsoper Berlin Hoffmanns 2025



Auf Youtube kann man einen Trailer ansehen:

www.youtube.com/watch?v=2zcXMOXS_Ro

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Fazit: Die gute Nachricht zuerst: Gesanglich auf der Bühne und musikalisch aus dem Orchestergraben hörte man nur reine Perfektion, erste Sahne. Was die Inszenierung angeht, gehen die Meinungen weit auseinander. Nachdem ich jetzt seit 1987 neun verschiedene Berliner »Hoffmann«-Inszenierungen gesehen habe, muss ich leider konstatieren, dass diese die entbehrlichste war, und vermutlich eine der teuersten vom Aufwand her. Bühnenbild und Kostüme müssen ein kleines Vermögen gekostet haben. Aber Berlin schwimmt ja bekanntlich in Geld, nachdem es der größte Empfänger von Geldern aus dem Länderfinanzausgleich ist. Die Inszenierung wurde überwiegend negativ beurteilt, zum Teil mit Sarkasmus bedacht. Letzterem muss ich leider zustimmen. Die Verfremdung der Oper, besonders im Olympia-Akt war schon extrem, so dass man sich fragen konnte, ob man in der falschen Oper war. Der Antonia-Akt dagegen war konventionell-brav. Ansonsten viel Bizarrerie und Tanztheater. Verwirrend war auch die Einfügung librettofremder Gestalten wie die stumme verhärmte alte Frau, die nichts sagte und nichts tat sowie die Kinder. So etwas bezeichnet man als atmosfärische Figuren. Diese psychologische Oper lässt sich doch wunderbar aus sich selbst heraus interpretieren, ohne dass man ihr Fremdes aufpropft. Die Figuren blieben überwiegend flat characters. Eine psychologische Vertiefung fand nicht statt, und ein Thema, wie die Regisseurin diese psychologische Oper verstand, wurde nicht erkennbar. Dafür gab es viel Show und Zirkus, doch an Interaktion zwischen den Charakteren mangelte es meistens. Im Finale setzte das Ende Hoffmanns den ersten Akt fort, in dem er gestorben war, und nun schwebte er in einem eisernen Aufzugsgestell langsam in die Höhe, nachdem er offensichtlich dem Fegefeuer entronnen war, das mehrfach Schauplatz des Geschehens war. Was hat der arme Hoffmann denn Böses getan, dass man ihn so schnöde sterben und im Fegefeuer schmachten ließ? Tote Hoffmänner sind seit mehreren Jahren out. Nur feministisch angehauchte Inszenierungen lassen ihn regelmäßig sterben, vermutlich weil er das Verbrechen beging, als Mann geboren zu sein. Kritik an Männern mag vielleicht auch das mehrfache Exhibitionieren von riesigen erigierten Penissen sein, so an die 8 x 45 cm, die vielleicht eine Anspielung auf die in den USA gerade herrschende Macho-Präsidentschaft und Phallokratie des Donald Trump samt seinen Buddies Wein- und Epstein serin sollte..Das Publikum allerdings war von der Oper begeistert. Es gab überdurchschnittliche 12 Minuten gut inszenierten Premierenapplaus, der nicht vom Vorhang abgewürgt wurde. Nur wenige Zuschauer applaudierten im Stehen, die meisten blieben sitzen. Und das Publikum hat wohl immer recht. Wetten, dass diese irrelevante Inszenierung, die auch in Warschau am Teatr Wielki und am Musiktheater an der Wien gespielt werden soll, demnächst in einem Kanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens werden wird?

Wer zur Zeit einen wirklich guten »Hoffmann« sehen will, der begebe sich nach Nordhausen in Thüringen, wo noch bis 5. Dezember ein inspirierter »Hoffmann« gegeben wird.



Eigentlich brauche ich gar keine eigene Rezension mehr zu schreiben, denn die zahlreichen überwiegend negativen Kritiken sprechen für das Scheitern an der Staatsoper, wo man vermutlich jetzt seine Wunden leckt und wegen des Riesenaufwandes für diesen Flop sparen muss, falls man in Berlin überhaupt weiß, was das ist.


Siehe: www.tz.de/muenchen/kultur/les-contes-hoffmann-staatsoper-unter-den-linden-berlin-offenbach-premiere-kritik-zr-94041035.html



https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/musik-und-buehne/oper/jacques-offenbachs-les-contes-d-hoffmann-in-berlin-gelingt-nicht-110784528.html



https://konzertkritikopernkritikberlin.blog/2025/1117/versifft-a-lamericaine-die-nur-halbwegs-guten-contes-dhoffmann-an-der-staatsoper/

Nicht ganz so negativ ist:
https://opernmagazin.de/der-dichter-der-teufel-sein-engel-und-dem-teufel-seine-oma-les-contes-dhoffmann-an-der-staatsoper-berlin/

Hier redet jemand gekonnt Tacheles:

https://deropernfreund.de/staatsoper-unter-den-linden-berlin/berlin-les-contes-dhoffmann-jacques-offenbach-zweite-besprechung

Etwas milder hatte die erste Besprechung formuliert:

https://deropernfreund.de/staatsoper-unter-den-linden-berlin/berlin-les-contes-dhoffmann-jacques-offenbach

Es gibt aber auch eine positive und dazu höchst qualifizierte Rezension von Sandra Grohmann, die natürlich nicht unterschlagen werden soll. Quot homines tot sententiae:

https://klassik-begeistert.de/jacques-offenbach-les-contes-dhoffmann-staatsoper-unter-den-linden-berlin-premiere-16-november-2025/

Auch ein inforadio.de schrieb eine positive Kritik, aber die beziehen sich vermutlich nur auf Gesang und Orchester, und daran gab es nichts auszusetzen..

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Die Staatsoper unter den Linden ist das dritte große Opernhaus Berlins und wurde erst 2017 nach langer Renovierung und umfangreichen Umbauten wiedereröffnet. Viele Opernfreunde meinen, dass die finanzschwache Großstadt Berlin auch mit den zwei bisherigen durchaus erfolgreichen Opernhäusern, der Komischen Oper im ehemaligen Osten und mit der Deutschen Oper im Westen ausreichend bedient gewesen wäre. Aber nein, die Staatsoper musste teuer renoviert und umgebaut werden. Sie hat 1356 Plätze und wird vom Land Berlin betrieben. Sie ist ein traditionelles Theater in einem Halbrund mit drei Rängen. Die Einrichtung ist luxuriös, an nichts wurde gespart außer an den Toiletten. Dass sich sogar vor den Männertoiletten Schlangen bilden, habe ich bisher nur an der Met in New York erlebt. Aufzüge für Behinderte sah ich jetzt nicht, suchte aber auch nicht danach. Im Orchestergraben zählte ich gewaltige fünf Kontrabässe und sechs Celli. Am Premierenabend sah ich von meinem Platz im zweiten Rang Seite 37 leere Plätze, es müssen also noch mehr gewesen sein, da ich von meinem Platz aus nur eine Hälfte des Theaters überblicken konnte. Die sogenannten Partiturplätze, von denen man die Bühne nicht oder kaum sieht, nicht mitgezählt. Die Zusammenarbeit mit der Presseabteilung war mehr als suboptimal, vorsichtig ausgedrückt. Ich möchte aber nichts in´ s Detail gehen.


Das Programmheft (7.- Euro) war gut gestaltet, auf Deutsch und Englisch, wobei ich besonders die chronologische Auflistung der Geschichte E.T.A. Hoffmanns, des Komponisten und dieser Oper weiterempfehlen möchte. Nur die beiden Autoren des Schaupiels, denen wir die Idee zu den Contes verdanken, wurden nur am Rande erwähnt. Ohne die geniale Idee Jean Paul Barbiers und Michel Carrés, Hoffmann zum Protagonisten seiner eigenen Geschichten zu machen, gäbe es diese Oper nicht. Nun endlich sind Aufsätze zu den beiden in der Wikipedia zu finden.


Mit sieben Minuten Verspätung begann die Vorstellung, was bei einer Premiere normal ist. Der Vorhang ging auf, und wir befanden uns offensichtlich vor einem Kino statt bei Lutter. Das wurde angedeutet durch die beleuchtete Kino-Lichtreklame mit den großen roten beweglichen Buchstaben: STELLA STARS IN PRIMADONNA; daneben ein Bild einer platinblonden Frau, die mich an Marilyn Monroe erinnerte. Seltsam, denn es gab im Berliner »Hoffmann« doch gar keine Stella sondern drei verschiedene Sopranistinnen wie auf den meisten Bühnen. Primadonna schien also auf den ersten Blick ein Film oder etwas Ähnliches zu sein.


Ich musste lange suchen, bis ich eine mögliche Erklärung fand. 2022 erschien ein italienischer Film mit dem Titel PRIMADONNA, der allerdings international kein größeres Aufsehen erregte, bei Lydia Steier eventuell schon. 1966 war in Sizilien eine junge Frau aus dem Volk namens Franca Viola vom Sohn eines Grundbesitzers vergewaltigt worden, um sie in die damals übliche Zwangsehe zu drängen. Sie weigerte sich jedoch und führte langwierige und letztlich erfolgreiche Gerichtsprozesse gegen ihren Vergewaltiger. Die Italienerin Marta Savini drehte einen Film über dieses Verbrechen, und in Italien wurden Gesetze geändert. Das als mögliche Erklärung für die Kinoreklame. Einen Bezug zu Hoffmanns Erzählungen sehe ich allerdings nicht.



Dann wurde die Muse mit Engelsflügeln und einem Brustharnisch zusammen mit einem kleinwüchsigen Engel auf einer Wolke herabgelassen. Vor dem Kino war ein Penner kollabiert. Kollegen und dann Sanitäter kümmerten sich um ihn, doch die Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Er wurde hinausgeschleift. Wie ich später merkte, war das der Hoffmann. Lindorf mit einem riesigen umgeschlnallten erigierten Penis samt Hoden kam herein. Die Staatsoper hat keine Dreh- sondern eine Hebebühne. Im nun sichtbaren Untergeschoss fand ein Teufelsballett statt, und viele der Riesendildos wurden geschwenkt..Die Unterwelt veschwand wieder, und nun waren wir bei Lutter oder im Fegefeuer, denn eine grüne Leuchtschrift hing quer über der Bühne PURGATORY. Seltsam, denn das Fregefeuer ist eine katholische Erifindung, im protestantischen Berlin eigentlich ungebräuchlich zur Einschüchterung des Volkes, und beim Protestanten E.T.A. Hoffmann sowieso nicht. Ebenfalls seltsam, denn im Fegefeuer gibt es vermutlich kein Bier und keinen Wein.



Da wir uns nun im Fegefeuer befanden, war der oberirdisch gestorbene Hoffmann auf seiner Höllenfahrt und in der Zwischenstation Fegefeuer irgendwie wiederbelebt worden. Interessant, inzwischen muss er einer Auferstehung anheim gefallen sein. Er kam unverändert als Penner herein und erwies sich als Hoffmann. Der Mythos vom Säufer und Penner Hoffmann ist nicht auszurotten. Wäre er das gewesen, hätte er in seinen wenigen Lebensjahren kein so umfangreiches und vielfältiges Werk hinterlassen und wäre nicht Richter am obersten preußischen Gerichtshof geworden, dem Kammergericht, das noch heute so heißt. Zu seinem Klein-Zaches tanzte ein Teufelchen-Ballett um ihn herum.. Es wurde überhaupt viel getanzt. Das hätte meinen Onkel Fritz gefreut, denn er war in den 30er Jahren Solotänzer und Ballettmeister an der alten Staatsoper in Berlin. Lindorf kam mit Hörnern auf der Stirn in leuchtendrotem Samtanzug auf die Bühne. Es wurde viel geraucht auf der Bühne, was doch eigentlich aus der Mode kommt. Applaus für den Klein-Zaches, der mit wohlartikulierter weicher lyrischer Stimme vorgetragen worden war.


Es folgte ein raffinierter Übergang zum Olympia-Akt. Verblüffung: Ja wo waren wir denn da gelandet? Waren Professor Spalanzani oder Cochenille zu einem Father Christmas bzw. Santa Claus mutiert, wie er weiland von Coca Cola gestaltet wurde? Wir befanden uns in einem prächtigen Palais, das sich bei näherem Hinsehen als eine Einkaufsarkade erwies, wie man sie in Milano findet. Ein luxuriöses Bühnenbild verbreitete Gucci- und Armani-Atmosfäre, und aufwändig geschneiderte Kostüme verstärkten diesen Eindruck. Ein überladener Weihnachtsbaum à l´americaine konnte bestaunt werden. An dem hing so viel Schmuck, dass man gar kein Grün mehr sah. So etwas ist in Amerika üblich. Der Penner Hoffmann wirkte ziemlich deplatziert in diesem Ambiente. Zahlreiche Kinder bevölkerten die Bühne und trieben allerlei Spielchen.



Für die Gockelarie des Muse gab es keinen Applaus, obwohl wunderschön gesungen. Coppelius kam wieder mit seinen Teufelshörnern. Viel Ballett fand beim Physikprofessor Spalanzani statt. Der Santa Claus stieß natürlich sein Ho-ho-ho heraus. Der Chor sang nun auf drei Ebenen. Olympia kam in einer kastenförmigen Minibühne herein, als Püppchen gekleidet. Disneyland hätte mit seinem alljährlichen Weihnachtskitsch keine bessere Christmas-Show inszenieren können, die an Klamauk grenzte. Alles war grell und superamerikanisch. Eine Zirkusnummer war das Ganze jedenfalls. Spieluhrenmäßig sang Olympia ihre Arie, die zu recht bejubelt wurde.


Die Hebebühne senkte sich wieder und wurde zum PURGATORY (Warum eigentlich Englisch?) In die Minibühne der Olympia hatte sich ein Knabe gestellt und sich unter deren Rock platziert. Hoffentlich fand dort kein Upskirting statt. Die Minibühne drehte sich, und Omypia war zerstört. Die Kinder trugen Teile der Olympia herein,


Seltsam, in diesem Akt gab es kaum Interaktion zwischen den Figuren, eine dramatische Entwicklung wurde nicht erkennbar. Das war nun der ausgeflippteste und schwerst verständliche Olympia-Akt unter meinen inzwischen 147 »Hoffmännern«. Doch das Publikum applaudierte, und erste Pause. .



Auf der Premierenfeier bekam ich einen Hinweis von einem freundlichen Mitarbeiter der Oper, wie dieser Akt zu Stande kam. Die amerikanische Regisseurin habe eine neuere Videoadaption von Charles Dickens´ Weihnachtsgeschichte mit dem Titel Second Chance for Christmas in die Oper eingebaut. Hmm. Ich musste etwas im Netz suchen, bis ich etwas über diesen Film fand. Eine junge Schlagersängerin und Weihnachtsgegnerin wird von drei übel aussehenden Monstern heimgesucht, von denen sie dann bekehrt wird. Was diese Geschichte mit E.T.A. Hoffmanns Geschichte von der automatischen Pupppe zu tun hat, mit der Hoffmann getäuscht wird, bleibt wohl das Geheimnis der Regie. Auf diese Beziehung wäre ich nie gekommen, und vermutlich auch niemand im Publikum. Kryptisch-enigmatische Opernesoterik für Eingeweihte in Reinkultur. Aldous Huxley schrieb mal einen Aufsatz darüber, wie man auf diese Weise Kunst und Publikum vonenander entfremdet.



Zu Beginn des Antonia-Aktes sah ich ein paar freie Plätze mehr in meiner Umgebung. Der Antonia-Akt hingegen war weitgehend konventionell. Antonia lebte in einem Kasten über der Bühne in ihrer eigenen Welt der 50er Jahre, Sie war eher wie eine bürgerliche Ehefrau gekleidet denn wie ein junges abenteuerlustiges Mädchen. Hinweise auf ihre fragile Natur gab es nicht. Aber immerhin fanden nun Interaktionen zwischen de Figuren statt. Hoffmann und Antonia begrüßten sich stürmisch, wie es sich gehört. Wo sonst die Teufel agierten, zeigte die Hebebühne nun Vater Krespels Geigenwerkstatt.


Unterhalb von Antonia saßen mehrere Teufelchen, die sich, wie ich es verstand als Künstler in einer Malschule betätigten. Vater Krespel war auch ganz bürgerlich gestylt mit Anzug und Krawatte. Wieder mal musste ein Franz sein, der als Transe gekleidet war, sehr originell, und von seiner Unfähigkeit singen. Unter ihm waren die teuflischen Malschüler eingeschlafen,.. Dann kam erfreulicherweise meine Lieblingsarie von der wahren Liebe, die von einem echten Stehgeiger auf der Bühne begleitet wurde. Danke für diese strahlende Interpretation an Niklaus/Muse.



Der falsche Arzt Mirakel war wieder teuflisch angedeutet mit den Hörnern auf der Stirn, als ob es eines teuflischchen Wesens bedürfte, um ein schlechter Arzt zu sein. Von dieser Sorte gibt es genügend im wahren Leben. Krankenkassen schätzten mal, dass stellenweise bis zu einem Drittel aller Diagnosen falsch sind. Klar, dass es dazu keines Teufels bedarf. Dieser Arzt vollzog seine Diagnose nun an Antonia selbst. Unter ihm tobten die Teufel.



Zum Terzett ging Mirakel, gefolgt von den Teufelchen, zu Antonia und sagte zu ihr: Deine Mutter singt durch mich. Dann folgte eine Szene, die es in Berlin schon mal gegeben hatte, nämlich an der Deutschen Oper, die Pellys »Hoffmann«-Inszenierung übernommen hatte. Eine Treppe führte zu Antonias Gemach, und die fuhr weg von ihrem Apartment, Hoffmann befand sich auf der Treppe, und so wurde die Trennung bildlich symbolisiert.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen bei und beim Fotografen...... Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.


Dann erklang das großartig gesungene Terzett Antonia – Mutter – Mirakel. Die Mutter war elegant im Pelzmantel erschienen. Diesen hängte sie dann ihrer Tochter um. Die Teufelchen begleiteten die Mutter, die einen großen Auftritt hatte, und Mirakel holte sich den running gag dieser Oper, den Riesenpenis aus der Hose. Antonia starb, musste aber durch Selbstmord nachhelfen; und zweite Pause.



Zum Giulietta-Akt befanden wir uns wieder im PURGATORY: Auf drei Ebenen waren nummerierte Zellen oder Zimmer zu sehen, vor denen sich zum Teil bizarre Gestalten aufhielten. Es schien eine billige Absteige mit kleinen Zimmern zu sein, denn unten stand HOTEL und ROOMS. Man denkt an „Rooms to let, 50 cent.“ Warum frau auch den Giulietta-Akt, der doch eigentlich in Venedig spielt, nach Amerika verlegt hatte, verstehe ich nicht. Jacques Offenbachs Beziehung zu den USA ist dünn. Er befand sich dort auf einer Konzertreise, um seine Finanzen aufzubessern, und soweit ich weiß, spielt keines seiner Werke in den USA:



Zur Barkarole pfiff wieder einmal eine Pikkoloflöte, aber der Flötist der Berliner Staatsoper beherrschte die seltene Kunst, sein Instrument so leise zu spielen, dass es nicht zum lautesten wurde. Bravo. Eine üppige, rothaarige und in Rot gekleidete Giulietta trat auf und zeigte ein Riesendekollete. Eine echte Wuchtbrumme oder ein unwiderstehliches Vollweib. Und wieder befanden wir uns im Pennermilieu. Was dann folgte, konnte man kaum glauben. Es hat sich offensichtlich nach 45 Jahren noch nicht bis unter die Linden herumgesprochen, dass die traditionelle sogenannte Spiegelarie nicht von Jacques Offenbach stammt, sondern von Andreas Bloch 1904 in Monaco in diese damals noch chaotische Oper eingefügt wurde. Es wurde jedenfalls nach den bekannten Einleitungstakten tatsächlich dieser Fremdkörper gesungen, aber sehr schön. Sogar in der Provinz singt man inzwischen eine der beiden Originalarien des Komponisten. Dazu umtanzten die Teufelchen den Dapertutto.



Muse/Niklaus versuchte Hoffmann von Giulietta abzuhalten; eine der seltenen Interaktionen zwischen den beiden. Doch Hoffmann war dieser sexy Kurtisane verfallen. Er stieß seine Begleiterin ärgerlich weg. Ein merkwürdiger Schlemihl trat auf, in weißem Hemd ohne Hose, mit Strumpfhaltern um die Waden. Echter platter Slapstick als Stilmittel. Was wirkt lächerlicher als ein Mann ohne Hose mit Strumpfhaltern an seinen Socken? Und der soll ein Intimus der Giulietta sein? Und dann wurde wieder einmal das Sextett mit Chor gesungen, das ebenfalls und noch weniger von Jacques Offenbach stammt, aber eine beeindruckende Melodie bietet.



Zum Duell brachte Hoffmann allerdings die Giulietta um, verzweifelte aber sofort über seine Tat. Tja, die menschliche Leidenschaft, und das Testosteron. Den Raub des Spiegelbildes bekam ich nicht mit, Man verzeihe mir, wenn ich ihn übersehen haben sollte. Und schon waren wir im Finale. Die Übergänge von Akt zu Akt waren fugenlos und klappten perfekt.



Der melancholische à cappella-Männerchor erklang sauber gesungen. Die Kinoreklametafel wurde wieder hereingefahren. Tristesse überall; Hoffmann drohte sogar seine Muse umzubringen. Dann lag er trunken auf dem Boden, und Lindorf hob ihn auf. Das stumme alte Weiblein und Hoffmanns Widersacher brachten ihn in einen eisernen offenen Fahrstuhl. Zu les cendres de ton coeur hob sich der Fahrstuhl samt Hoffmann langsam nach oben, was wohl eine Himmelfahrt symbolisieren sollte, und Hoffmanns Verflossene kamen wieder. Also wieder mal kein Happy End. Dann erfolgte ein gewaltiges Finale mit on est grand par l´amour mais plus grand par les pleurs. Muse und Lindorf standen nebeneinander.



Dann hob ein Beifallssturm an, und alle Solisten wuirden bejubelt. Auch der Chor und das Orchester. Diesen Beifall hatten sie sich redlich verdient. Als das Regieteam auf die Bühne kam, ertönten ein paar Buhrufe, in die das Publikum allerdings nicht einstimmte. Und weiter ging es mit den Solisten, bis nach überdurchschnittlichen 12 Minuten der Applaus verebbte.



Die Staatsoper Berlin lud anschließend ihr Premierenpublikum zur gut besuchen Premierenfeier ein, auf der es was zum Trinken gab, aber keine Häppchen. Die Intendantin helt eine erträglich lange Lobrede auf das Ensemble.




Die Intendantin auf der Premierenfeier rechts am Mikrofon. Ganz links mit dunklem Brillengestell die Regisseurin



















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