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INDIE POP
Juni
2009

Review: Primavera Sound 2009

Woran denken Sie spontan, wenn Sie das Wort 'Festival' hören? An eine schlammige Angelegenheit auf einer Rennbahn in der Mitte von nirgendwo, besucht von besoffenen, bekifften Jugendlichen, denen es völlig egal ist, welche Sports-Metal-Bands spielen? Dann liegen Sie in der Regel richtig. Das barcelonesische Primavera Sound geht einen anderen Weg: Im Tram- und U-Bahn-Bereich einer Millionenstadt am Meer gelegen, in der die Sonne immer scheint, ist es seit 2001 dafür bekannt, jedes Jahr eine Mischung aus den angesagtesten neuen Indie-Bands und alten Helden auf die Beine zu stellen. 2009 hatten sich z.B. My Bloody Valentine und die Vaselines angesagt. Genug Gründe um unseren 80-er-Jahre-Experten und Metropolen-, Meer-, Schönwetter- und Straßenbahnfan Peter Kern mit Notizblock und Fotoapparat in den Nachzug nach Barcelona zu setzen und geduldig auf einen Erfahrungsbericht zu warten.

Mittwoch 27.5.2009, La [2] de Apolo

Der französische Regisseur Vincent Moon zeigt einige seiner Videos.

All Tomorrow’s Parties - The Film: Keine Dokumentation sondern eine Collage. Eifrige Sicherheitsleute hindern Vincent Moon am Verlassen des Raums durch den jetzt fürs Publikum geschlossenen Haupteingang.

Agent Ribbons

Donnerstag 28.5.2009

Das Abholen der Festival-Armbändchen und der Einlass gehen in weniger als einer Viertelstunde über die Bühne. Am Eingang bekommt man Ohrenstöpsel und einen Lage- und Zeitplan überreicht. Die erste nennenswerte Schlange dann vor den Automaten für Getränkebons, die man benötigt um an den Schänken etwas zu erhalten. Trotz der relativ frühen Stunde (18 Uhr) ein halbe Stunde, für die Späterkommer wird es noch schlimmer.

La Bien Querida ist Ana Fernández-Villaverde mit ein paar in Insiderkreisen bekannten Musikern, hat vor ein paar Wochen ihr Debütalbum bei Elefant Records veröffentlicht und eröffnet heute das Programm auf der Rockdelux-Bühne mit ihrem Adult Orientated Spanish Indie Pop. Ich bin für so was ja immer sofort zu haben, ein paar andere auch, aber Massenhysterie bleibt erwartungsgemäß aus.

The Bats

Die Flying-Nun-Legenden spielen auf der etwas abseits gelegenen, aber, anders als erwartet, keineswegs kleinen Vice-Bühne. Eher nett als umwerfend, aber ihr Werk ist nicht vertraut, was wahrscheinlich helfen würde, um sie richtig zu würdigen. Im Club-Kontext würde das sicher besser funktionieren, andererseits hat es auch seinen Reiz, eine Band, die in München wahrscheinlich vor 30 Leuten spielen würde, vor schätzungsweise 1000 zu sehen. Vor der Vice-Bühne kommt die reizvolle Lage des Festival-Geländes übrigens am besten zur Geltung: Links von der Bühne hat man Blick auf die größenwahnsinnigen Ergebnisse des letzes Jahr dann endlich doch geplatzten spanischen Immobilienbooms, rechts auf die Berge und wenn man sich umdreht auf das Meer.

The Vaselines habe erst vor noch gar nicht so langer Zeit kennengelernt, nämlich über den Gastauftritt von Eugene Kelly beim Teenage Fanclub vor ein paar Jahren, wurde dann aber doch sehr schnell zum Fan. Heute bin ich, das Auge hört ja mit, auch gespannt, wie die Band aussieht. Dass Eugene zwar gut aussieht, aber eben im Sinne von "gut aussehender älterer Herr" wusste ich ja bereits von seinen Auftritten mit Teenage Fanclub und Isobel Campbell. Frances McKee hat sich dagegen in den letzten 20 Jahren wesentlich weniger verändert als die meisten von uns. Der Gitarrist kommt mir bekannt vor, ich tippe mal auf Stevie Jackson von Belle & Sebastian. Und am Bass war wohl sein Bandkollege Bobby Kildea. Technisch klingen die Vaselines perfekter als auf ihren wenigen Platten, nur die Abmischung ist - zumindest an meinem Platz am linken Rand - etwas basslastig. Der Unterhaltungswert wird durch die zotigen Ansagen noch weiter erhöht. Welche ihrer 19 Songs sie jetzt nicht gespielt haben, lässt sich sicher im Netz recherchieren, die Publikumsfavoriten waren jedenfalls die frühe B-Seite "Molly's Lips" (obwohl sich die Gast-Huperin nicht traute zu hupen), das noch frühere "Son Of A Gun" und dessen B-Seite, die Coverversion "You Think You're A Man". Schön, dass ich das erleben durfte. Selbst wenn von nun an nur noch Scheiße kommen sollte, hätte sich das Kommen schon gelohnt. Und wir sind immer noch am ersten Tag, bevor der erste co-Haeadliner begonnen hat.

Lightning Bolt

Auf der ATP-Bühne passenderweise, denn das ist Musik für Leute, die All Tomorrow's Parties kuratieren. Gestern habe ich sie im ATP-Film gesehen, durchaus beeindruckend, aber eine Minute reicht mir dann doch.

Joe Crepúsculo y Los Destructores

Lokalhelden. Die wichtigste spanische Musikzeitschrift, Rochdelux, hat ihr Album "Supercrepus" zum nationalen Album des Jahres 2008 gewählt. Jungs mit Gitarren, poppig und leicht retro-orientiert. Ich kannte Joe bisher nur von seinem Gastauftritt mit La Bien Quierida und mich erinnert es an Cooper, nur etwas schwächer. Die Text sollen sehr gut sein, was sich ohne Textblatt und mit Spanischkenntnissen, die gerade mal für eine Getränkebestellung reichen, schwer beurteilen lässt. Aber ich werde Euch im Auge behalten.

Bowerbirds

New Americana oder wie sich das nennt, jedenfalls nicht meine Tasse Tee. Die Band sieht so sympathisch aus, dass ich sie gerne mögen würde und momentan läuft auch sonst nichts nach meinem Geschmack, also bleibe ich erst mal hier, allerdings ohne mich wirklich überzeugen zu lassen.

The Jesus Lizard

Auf der ATP-Bühne. Musik für Leute, die in 90er-Jahre Grunge-Bands spielen.

Phoenix wissen, wie man einen guten Popsong schreibt. Das Ausmaß ihres Erfolgs bleibt mir dennoch ein Rätsel.

My Bloody Valentine

Auf der Hauptbühne vor einer riesigen Menschenmenge. Bereits vor Beginn des Auftritts ist es gar nicht so leicht, einen Platz in der 40. Reihe zu ergattern. Die Leinwände an den Bühnenseite blieben dennoch außer Betrieb, offensichtlich dulden MBV keine Kameras. Von der Ferne erinnert Kevin Shields an Ian Hunter oder ähnliche nicht mehr ganz junge Mähnenträger, Debbie Googe dagegen an Debbie Googe vor 20 Jahren. Ich liebe MBV zwar, aber nach einzelnen Songs soll mich bitte niemand fragen, vor allem da ich mir nicht sicher bin, ob die Gesangsmikros angeschaltet sind. Der Schwerpunkt scheint mir jedenfalls auf Loveless zu liegen.

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