YEAH YEAH YEAH YEAH YEAH | Juni 2002 |
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INDIE POP | ||
Review: Southside Festival Neuhausen ob Eck 22./23.6.2002 |
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Samstag |
![]() Die Landstraße vom Provinzkaff Tuttlingen zum Festival ist bereits am Samstagmorgen gesäumt mit Bierdosen - ein Anblick, den man allen Dosenpfand-Gegnern wünscht.13.40 Die viel gelobten Promise Ring aus der Bierstadt Milwaukee gelten seit Jahren als Teil der Emo-Szene. Auf Verrenkungen, Gejammer und Gekreische, kurz alles was Emo zum Schimpfwort gemacht hat, wartete man bei The Promise Ring jedoch vergeblich, statt dessen bieten sie recht angenehm poppigen Post-Hardcore/Indierock. Der Auftritt ist allerdings schon nach einer halben Stunde vorbei, also bevor der noch nicht ganz wache Korrespondent viel mitgekriegt hat. |
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Die für 14.15 auf der Zeltbühne
angekündigten Simian fallen aus. Dem Typen mit Samiam-T-Shirt
(siehe dazu auch Kasten rechts), der die Ankündigung sicher
für einen Schreibfehler hielt, dürfte das eine Enttäuschung
erspart haben. Angenehmer Nebeneffekt, dass sich Readymade fast
nicht mit The Promise Ring überschneiden, wo ich Readymade doch
schon seit Jahren nicht mehr live gesehen habe. Und gerade die fünf
sympathischen Hessen sind eine Band, die live gegenüber ihren
streckenweise so la-la dahindümpelden Alben enorm gewinnt, was
sicher auch an der Repertoireauswahl liegt: Schließlich können
sie live einfach das Füllmaterial weglassen. Trotz Mittagshitze
kommt im gut gefüllten Zelt Partystimmung auf. Ein Paar Worte noch zum Zelt: Eine geniale Idee, auf die bei anderen Festivals schon viel früher mal jemand kommen hätte können: Das Zelt war nach 3 1/2 Seiten offen - also fast eher ein Schirm als Zelt - so dass erstens für Frischluftzufuhr gesorgt war und zweitens niemand wegen Überfüllung draußen bleiben musste. Mercury Rev, in den letzten Jahren die Lieblingsband ALLER Bands und Musikjournalisten, waren auf dem letztjährigen Reading/Leeds Festival die Headliner der zweiten Bühne. Hier müssen sie sich mit der Frühnachmittagsschiene begnügen. Wahrscheinlich gibt es hierzulande einfach zu wenig Bands und Musikjournalisten. Tut mir leid, auch ich bin keines von beiden und kann mich nicht in die imaginäre Welt des Jonathan Donahue versetzen. ![]() |
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![]() Überhaupt trägt das zum Reiz dieses Festivals bei: Genug Platz zu haben bei Bands, bei denen man sonst gnadenlos zerquetscht wird. Aber so richtig wollen die schwedischen Revoluzzer nicht in diese tropische Atmosphäre passen. Das Publikum ist zwar in guter Stimmung, der Auftritt rauscht aber seltsam unbewusst vorbei. ![]() 18.00 Television: Die New Yorker Punk-Veteranen sind eine der Bands, deren Platten zwar nicht von vielen Leuten gekauft wurden, dafür hat jeder dieser Plattenkäufer eine Band gegründet. Schön, dass man solche Bands auch mal außerhalb des All Tomorrow's Parties zu sehen bekommt. |
Soulfly:
Von der Band des Ex-Sepultura-Sängers hätte ich mir
eigentlich etwas mehr erwartet als Lärmorgien. 19.30 Madrugada: Zugegebenermaßen hatte ich bisher keinen blassen Schimmer, was für Musik die stylishen Norweger machen. Aus irgendwelchen Gründen hatte ich Postrockjazz mit Mittelalterrock-Einflüssen erwartet. In Wirklichkeit war es dann glücklicherweise eher 80's-orientierter Indierockpop. 20.00 Seit ein paar Wochen haben die Queens Of The Stone Age einen neuen Trommler, Dave Grohl, der früher mal bei einer recht guten Band war. In der letzten Zeit machte er allerdings hauptsächlich durch betrunkenes Vespafahren, unqualifizierte Äußerungen über Courtney Love und vor allem den immer seichter werdenden MOR-Rock seiner Foo Fighters von sich reden. Im Gegensatz zu den Foos tut den Queens die neue poppigere Richtung jedoch recht gut. Überhaupt wären sie eigentlich die ideale Boygroup für die 00er Jahre, für jede Geschmack ein Liebling: Ein Sister Of Mercy an den Keyboards, ein Army-Sergeant an der Gitarre, eine Jahrmarktsattraktion am Bass, der würdige Erbe von Keith Moon (*1946 † 1978, ehem. Drummer-Lunatic von The Who, Anm. d. Musikgeschichte-Red.) an den Drums und manchmal noch ein Lissabonner Parkplatzeinweiser als Sänger. |
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![]() ![]() Zur neuen Tocotronic-LP hat schon jeder seinen Senf gegeben. Komischerweise ging es dabei meist um die angeblich plötzlich so abstrakt/reif/wasweißich gewordenen Texte. Ist doch klar, dass 30jährigen niemand mehr abnimmt, sich an ihren "letzten Sommerferientag" zu erinnern wie in Drüben Auf Dem Hügel. Eben so logisch, dass auf die Dauer nicht mehr so interessant ist, den Fans zu erzählen, was jeder von denen sowieso selbst erlebt hat (ich denke da z. B. Ich Heirate Eine Familie oder Du Und Deine Welt bzw. eigentlich fast alles von den ersten 3 1/2 LPs). Dabei wird oft übersehen, dass der wesentliche Unterschied zu früher darin besteht, dass das neue Material selten eine summbare Melodie oder einen tanz-/hüpfbaren Rhythmus hat. Oder wenigstens mal ein kurz hingerotztes Gitarrensolo. Dazu kommt, dass weitgehend auf Tempo- und Lautstärkewechsel verzichtet wird. Piano/allegro ma non troppo. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie z. B. die Single This Boy Is Tocotronic, die auch beim heutigen Publikum gut ankommt. Nach ein paar aktuellen Albumtracks hintereinander lässt sich die Menge jedoch nur zu höflichem Applaus hinreißen. Erst Dirks Ansage "Das nächste Stück ist ein altes Stück" führt zu Jubel, bevor er sagen kann, um welches es sich überhaupt handelt. Diese Reaktion sollte einem vielleicht zu denken geben. Tut es auch, irgendwie: "Aha, viele ältere Leute hier. Wir wissen das zu schätzen." Zum Schluss gibt es dann noch einen ganzen Block mit alten Hits. The public gets what the public wants. Mal sehen wie lange sich Tocotronic noch dazu zwingen werden, diese Theater mitzumachen. |
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