Im Dezember 2023 hat die Deutsche Bahn eine grundsätzliche Änderung bei der Methode vorgenommen, wie sie die Preise für Fahrten festsetzt, die sowohl Fernverkehrszüge, als auch Züge des Nahverkehrs (Regionalzüge und S‑Bahnen) enthalten.
Vorher gab es seit Einführung des DB-Citytickets die "erweiterte tarifliche Gleichstellung". Bei Fahrten über 100 Kilometer ab einer beliebigen DB-Station innerhalb eines Gebiets, das normalerweise die Stadtzone eines Verbund- oder vergleichbarem Nahverkehrstarifs umfasst, wurde immer der gleiche Preis fällig. Diese Stationen waren zum preisbildenden Bahnhof, meist Hauptbahnhof einer Stadt, tariflich gleichgestellt. Bezogen auf München, das hier als Beispiel dient, hieß das, es war preislich egal, ob man die Fahrt am Hauptbahnhof oder an einer S‑Bahn-Station wie Solln oder Daglfing begann.
DB-Fahrkarten gemäß Flexpreis oder Sparpreis enthielten ohne weiteren Aufpreis immer den Zusatz "+City", so dass außer der S‑Bahn auch andere Verbundverkehrsmittel für die Fahrt zum Hauptbahnhof benutzt werden konnten. Beim Supersparpreis waren keine anderen Verkehrsmittel, aber die S‑Bahn-Fahrt zwischen der auf der Fahrkarte angegebenen Einstiegsstation und dem Hauptbahnhof (oder einen anderen Fernbahnhof wie Pasing) im Fahrpreis enthalten.
Da die Zone M (vormals "Innenraum") des Münchner Verkehrsverbunds MVV über die Stadtgrenze hinausreicht, galt dies auch für einige Orte außerhalb der Stadt wie beispielsweise Ottobrunn. Für andere Stationen im Umland, ergaben sich für den sogenannten Nahverkehrsvorlauf, also der Fahrt mit S‑Bahn oder einem Regionalzug zu einem Fernbahnhof um dort einen ICE zu erreichen, etwas höhere Preise im Vergleich zum Start in der MVV-Zone M. Diese Preisaufschläge verhielten sich ungefähr proportional zu den zusätzlichen Kilometern für die Fahrtstrecke im Nahverkehrszug.
Seit Dezember 2023 wird automatisch in alle Fernverkehrstickets ein Cityticket integriert, wenn eine Einstiegsstation angegeben wird, die zum Erreichen des Fernzugs eine S‑Bahn-Fahrt innerhalb der MVV-Zone M nötig macht. Beim Flexpreis hat sich nichts geändert, die Fahrt ab Ottobrunn oder Daglfing kostet dasselbe wie ab Hauptbahnhof. Das Cityticket ist beim Flexpreis auch enthalten, wenn der Hauptbahnhof als Start der Reise angegeben ist. Für Sparpreis- und Supersparpreis-Tickets werden zusätzlich 4,10 Euro fällig (dies entspricht derzeit dem Preis eines MVV-Einzelfahrscheins).
Reisende, die zum Hauptbahnhof mit MVV-Karte oder Deutschlandticket anreisen, können sich diese zusätzlichen 4,10 Euro sparen (Fußgänger und Radfahrer natürlich auch). Aber Achtung: Wenn wegen verspäteter S‑Bahn der ICE verpasst wird, verfällt dann die Fernfahrkarte, und es muss ein neuer Fahrschein gekauft werden. Und der ist dann meist teurer als das nun wertlose, im Voraus gebuchte Ticket. Haben Reisende durchgehende Fahrkarten ab einer S‑Bahn-Station mit Umsteigen am Hauptbahnhof oder einem anderen Fernbahnhof, so sorgen die Fahrgastrechte dafür, dass sie bei Anschlussverlust durch S‑Bahn-Verspätung oder -Ausfall einfach den nächsten verfügbaren Fernzug in Richtung auf ihr Ziel nehmen können. Lediglich eine eventuell gebuchte Platzreservierung müsste neu gekauft werden (falls verfügbar), wird aber von der DB erstattet.
Ähnliches gilt bei einer Einstiegsstation außerhalb der MVV-Zone M. Wird zur Anreise zum Fernbahnhof eine MVV-Karte oder das Deutschlandticket genutzt, gibt es keine Fahrgastrechte bei Anschlussverlust wegen Verspätung oder Ausfall von S‑Bahn oder Regionalzug. Leider sind seit Dezember 2023 in vielen Fällen die Preisaufschläge für den Nahverkehrsvorlauf deutlich gestiegen, und scheinen nichts mehr mit der tatsächlich zurückgelegten Entfernung im Nahverkehr zu tun zu haben.
In der unten folgenden ersten Tabelle werden die Preise im Nahverkehrsvorlauf anhand einer Beispielfahrt dargestellt. "Flex" steht dabei für Flexpreis, SSP für Supersparpreis und BC für Bahncard. Mit den Abkürzungen M, F, und FS werden die integrierten Citytickets für München, Frankfurt und Freising bezeichnet. Für Rosenheim ist kein Cityticket verfügbar. Die aus dem Beispiel ablesbaren Aussagen sind prinzipiell auf andere Fahrten übertragbar, und natürlich auch auf Nahverkehrsnutzung im Nachlauf.
Nicht übertragen lässt sich aber die konkrete Höhe der Preisaufschläge für den Nahverkehrsanteil. Dieser Anteil des Gesamtpreises steht in einer wirren, intransparenten Beziehung zu Entfernung, Gesamtpreis, und Reisetag (siehe zweite Tabelle). Zu beachten ist, dass unabhängig vom Nahverkehrsvorlauf die Höhe des Fernverkehrsanteils bei Spar- und Supersparpreisen sowie die Höhe der Flexpreise abhängig vom Buchungs- und vom Reisetag sind.
Die Beispiele der ersten Tabelle bestehen aus einer ICE-Fahrt München – Frankfurt und dem Start an verschiedenen Orten im Raum München. Alle Preise beziehen sich auf eine Fahrt zweiter Klasse mit ICE 1218 am 20.2.2025, Ankunft Frankfurt Hbf 14:08 Uhr. Die Preise wurden am 2.2.2025 ermittelt.
Weitere Erläuterungen:
Die zweite Tabelle enthält pro Beispiel weniger Angaben, stellt aber zwei Fahrten nach Frankfurt zu verschiedenen Uhrzeiten zwei Fahrten nach Köln an verschiedenen Tagen gegenüber. Die Beispiele zeigen, dass die Mehrpreise für den Nahverkehrsanteil nicht konstant sind, sondern sich auf eine nicht nachvollziehbare Weise mit Zielbahnhof, Reisetag und Uhrzeit ändern. Es ist auch nicht so, dass höhere Gesamtpreise zu höheren Preisen für den Nahverkehrsabschnitt führen, sondern es kann durchaus das Gegenteil passieren, auch bei einer Flexpreis-Buchung. Ebenso kann der Nahverkehrsvorlauf beim Supersparpreis (SSP) teurer sein als beim weniger günstigen Sparpreis (SP).
Da inzwischen auch die Flexpreise je nach Buchungs- und Reisetag schwanken, gilt das auch für den Preisanteil des Nahverkehrsvorlaufs zum Flexpreis. Größer sind die Schwankungen aber bei den Spar- und Supersparpreisen. Beim als Beispiel gewählten Startbahnhof Unterschleißheim lag der Mehrpreis zwischen 6 Euro und 18 Euro und damit immer über dem (theoretischen) Nahverkehrspreis gemäß DTV-Preisliste. Obwohl der Anteil des S‑Bahn-Abschnitts nur 4,8 % der Strecke nach Frankfurt und 3,2 % der Strecke nach Köln beträgt, liegt der Preisanteil dafür bei SP/SSP zwischen 7,36 % und 24,33 %. Das entspricht einem Aufpreis von bis zu 32 % für weniger als 5 % der Gesamtstrecke.
Es ist schon recht schmerzhaft und unverständlich, wenn der gesamte Rabatt einer Bahncard 25 durch den geringen S-Bahn-Anteil aufgezehrt wird. Statt einer wünschenswerten degressiven Preisbildung erleben die Fahrgäste, dass sie für die wenigen Kilometer ab oder bis Hauptbahnhof München überdurchschnittlich viel zahlen müssen. Eine innere Logik des Tarifs ist dabei nicht zu erkennen. Die Preissetzung wirkt willkürlich.
Die dritte Tabelle betrachtet Fälle mit einem deutlich größerem Nahverkehrsanteil. Hierzu wurden die Preise bei Start an verschiedenen Bahnhöfen entlang des rheinland-pfälzischen RE1 zwischen Trier und Mannheim und dem Ziel Stuttgart verglichen. Zur Weiterfahrt ab Mannheim wird eine Fahrt mit ICE 517 jeweils an einem Donnerstag und einem Freitag betrachtet. Die Preise wurden am 5.2.2025 ermittelt.
Diese Beispiele zeigen, dass die preisliche Benachteiligung der Nahverkehrsvor- und -nachlauf dann eintritt, wenn der Nahverkehrsanteil gering ist. Lediglich bei den 32 Kilometern von Neustadt nach Mannheim traten noch Mehrpreise auf, die über dem DTV-Preis liegen. Bei den anderen Einstiegsorten liegen die Aufschläge für den Nahverkehrsanteil teils deutlich unterhalb des Preises für eine Fahrt im Bahnnahverkehr nach Mannheim. Es besteht bei den hier auftretenden Distanzen sicher ein grobe Entfernungsabhängigkeit der Preisaufschläge. Eine nachvollziehbare Preisbildung ist aber auch in diesen Fällen nicht wirklich erkennbar.
Quellen und weiterführende Dokumente
© Edmund Lauterbach – 23.2.2025 /
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