Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Januar 1995.
Bearbeitungsstand: 20.12.1994
  PRO BAHN-Reiserätsel
Die Auflösung

Erinnern Sie sich? Im November schilderten wir Ihnen einige Erlebnisse auf einer hypothetischen Bahnreise nach Kleinort und stellten einige Fragen, unter anderem im Zusammenhang mit der dort gerade anstehenden Wahl. Aus der Vielzahl der eingesandten Lösungen möchten wir Ihnen jeweils zwei Repräsentanten sowie einen Vorschlag des Verfassers vorstellen.

In der ersten Frage ging es darum, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß eine zufällig ausgewählte Person in Kleinort bei ihrer letzten Zugfahrt aus der Kreisstadt in einem überfüllten Zug gefahren ist.

  • Lösungsvorschlag 1: 70%. Begründung: Verhältnis zwischen Reisenden in einem überfüllten Zug und allen Reisenden ist 210 zu 300. Der nicht-zugfahrende Teil der Bevölkerung spielt keine Rolle.
     
  • Lösungsvorschlag 2: Die gefragte Person kann nichts dazu sagen, weil sie vor etwa 25 Jahren das letzte mal mit der Bahn gefahren ist.
     
  • Vorschlag des Verfassers: 49%. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% gehört die Person zum nicht-bahnfahrenden Teil der Bevölkerung Kleinorts. (Es wird hierbei angenommen, daß das auch die Leute einschließt, deren letzte Zugfahrt so lange zurückliegt, daß sie sich nicht mehr erinnern können.) Dann bleiben 21% Wahrscheinlichkeit für die drei zu 30% besetzten Züge.

Soweit die einfachere Aufgabe. Und nun etwas höhere Mathematik zur Beantwortung der existentiellen Fragen: Wer gewinnt die Wahl? Überlebt die Bahnstrecke?

  • Lösungsvorschlag 1: Die Wahl geht 50:50 aus. Die Bahn fährt weiter wie bisher (keine Verbesserungen). Parallel dazu wird eine Schnellstraße gebaut.
     
  • Lösungsvorschlag 2: Die 49% der Bevölkerung, die bei ihrer letzten Bahnfahrt einen überfüllten Zug erlebten, wählen die Bahnpartei. Von dem Rest wählen die 2% die Bahnpartei, die Mitglied bei PRO BAHN sind, das sind 0,42%. (Anmerkung des Verfassers: Unterstellt wird hier mangels anderer Information, daß die PRO BAHN Mitglieder gleichmäßig zwischen den beiden Gruppen verteilt sind.) Ergibt in der Summe 49,42% für die Bahnpartei. Die Autopartei gewinnt mit 50,58%, löst aber ihr Wahlversprechen nicht ein, und die Bahnstrecke bleibt erhalten.

Da die beiden Vorschläge das Lösungsspektrum erschöpfend abdecken, möchte der Verfasser nicht noch mehr Verwirrung stiften und hält sich hierzu mit eigenen Vorschlägen zurück.

 
Bleibt nur noch der Dank an alle Leser, die sich an unserem Rätsel beteiligt haben, und die Würdigung der richtigsten und phantasievollsten Lösungen. Auch hier haben wir uns wieder für die beispielhafte Nennung von jeweils zwei Repräsentanten entschieden.

Für die richtigen Lösungen seien genannt (in alphabetischer Reihenfolge):
     Manfred Manger, Reichertshausen
     Dr. Matthias Wiegner, Puchheim

Und hier zwei beispielhafte Nennungen für besonders phantasievolle Lösungen (in alphabetischer Reihenfolge):
     Manfred Manger, Reichertshausen
     Dr. Matthias Wiegner, Puchheim

Am Schluß für alle, die das Rätseln nicht lassen können, eine Zusatzfrage: Wieviele Lösungsvorschläge sind insgesamt eingegangen (bis 14.12.94)? Derjenige, dessen Antwort auf diese Frage am nächsten an der richtigen Anzahl der Einsendungen liegt, darf ein Rätsel (ersatzweise einen anderen Beitrag) für eine der folgenden Ausgaben der PRO BAHN Post verfassen. Sollte mehr als eine richtige Lösung eingehen, werden die Beiträge über mehrere Ausgaben der PRO BAHN Post verteilt. Die Reihenfolge bestimmt das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Über 10 Jahre, nachdem das Rätsel und seine Auflösung erstveröffentlicht wurden, soll nun doch noch das Geheimnis um die ganz korrekte Lösung der Zusatzfrage gelüftet werden:
  • Unter den 30% Nicht-Bahnfahrern gibt es keine Mitglieder von PRO BAHN – das dürfte ja wohl klar sein.
  • Damit liegt der Anteil der Mitglieder von PRO BAHN, deren letzte Bahnfahrt in einem übervollen Zug stattfand, bei 1,4% der Bevölkerung von Kleinort (0,02 * 0,49 / 0,7 = 0,014). Die PRO BAHNer, die ihre letzte Bahnfahrt in einem zu 30% besetzten Zug machten, stellen 0,6% der Bevölkerung (0,02 * 0,21 / 0,7 = 0,006).
  • In der Summe ergibt sich so eine Zustimmung von 49,6% zur Bahnpartei und 50,4% zur Autopartei.

Gäbe es nicht-bahnfahrende PRO BAHNer, so würde der PRO BAHN-Anteil in den 51% der Bevölkerung, die zuletzt nicht von einem überfüllten Zug betroffen waren (sei es nun, weil der Zug nicht überfüllt war, oder weil sie gar nicht bahnfahren), 1,02% der Gesamtbevölkerung ausmachen (0,02 * 0,51 = 0,0102). Dieser 1,02% kämen zu den 49% Bahnpartei-Wählern aus überfüllten Zügen hinzu, und die Bahnpartei wäre knapp siegreich. Die PRO BAHN-Ortsgruppe von Kleinort konnte sich aber trotzdem nicht dazu durchringen, ihre Mitglieder zum Nicht-Bahnfahren aufzurufen.

 


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