Dieser Text ist die Langfassung zu einem Artikel für die September-Ausgabe 2006 der PRO BAHN Post.


 

Unterwegs auf der Schiene, zu Fuß und auf dem Wasser
Von der Lokalbahn zum Bayerischen Meer
LEO-Triebwagen in Endorf

Sonntagmorgen, 8:56 Uhr München Ost: Der Regionalexpress Richtung Salzburg fährt wegen Bauarbeiten nur bis Traunstein. Aber das stört heute nicht weiter, für uns ist bereits in Bad Endorf Endstation. Das heißt: Genaugenommen geht es dort erst richtig los. Denn ab Bad Endorf verkehrt an Sonntagen die Lokalbahn Endorf – Obing.

Schon bei der Einfahrt in den Endorfer Bahnhof ist der schön aufbereitete dunkelrote Dieseltriebwagen zu erkennen. Dieser von der Maschinenfabrik Esslingen 1952 ausgelieferte Triebwagen ist nach einigen Stationen nun bei den Lokalbahnern gelandet. LEO-Fahrkarte

Auf dem Bahnsteig können wir bereits unsere Fahrscheine erwerben. Dann geht es los. Bei schönstem Wetter wissen wir die Rundumsicht und die offenen Fenster zu würdigen. Unterwegs müssen einige Bahnübergänge noch manuell gesichert werden. Insgesamt geht es aber so gut voran, daß der Fahrplan an den Stationen kurze Aufenthalte hergibt. Dabei kann man zum Teil noch alte Stationsgebäude oder auch abgestellte, teils auf Aufbereitung wartende Eisenbahnfahrzeuge anschauen. Insbesondere der zweite Teil der Strecke ist landschaftlich recht interessant.

Nächste Station: Obing. Der Triebwagen fährt bis zum Prellbock. Auch hier steht auf dem Nebengleis weiteres Fahrzeugmaterial. Für unsere sechsköpfige Gruppe ist hier zwar die Fahrt, aber lange noch nicht unser Ausflug beendet. Weiter geht es mit der natürlichsten aller Fortbewegungsarten: zu Fuß.

Nachdem wir den richtigen Weg aus Obing hinaus gefunden haben, wandern wir Richtung Südosten nach Großbergham. Dort gibt es zwei Möglichkeiten den Weg fortzusetzen: Nach Süden über Talham oder zunächst weiter südöstlich Richtung Griessee. Ich entscheide, daß der Weg am See entlang wohl der schönere ist. Das mag zwar richtig sein, trotzdem wird sich die Entscheidung als Fehler herausstellen.

Am Griessee gibt es Badeplätze, und daher muß heutzutage auch ein großzügiger Parkplatz in der Nähe sein. Auf diesen treffen wir etwa einem Kilometer hinter Großbergham. Ab hier stehen verschiedene Routen zur Wahl. Wir nehmen einen Weg, der zunächst geschwungen in ein Tal hinabführt und dann in einem Waldstück verläuft.

Nach dem Waldstück kommen wir an eine Wiese mit Bienenstöcken. Hier ist die Wegfindung etwas schwierig. Hinter einem Schilfgebiet ist jedoch der See zu erahnen, und die Karte sagt eindeutig, daß wir am westlichen Seeufer entlang müssen.

Unser Weg windet sich schmal zwischen Wald und Schilf mit Blick auf den See. Die Schönheit des Weges wird aber leider von einer einmaligen Mückenplage beeinträchtigt. Niemand von uns kommt ohne Stiche weg. Man kann nicht stehenbleiben, um die Stiche zu verarzten, weil Bewegung das einzige ist, das die Mücken etwas abhält.

Am Südende des Sees überqueren wir einen Steg und gelangen in ein weiteres Waldgebiet. Auch hier gibt es noch zu viele Mücken. Trotz eingeschränkter Beschilderung finden wir den richtigen Abzweig leicht rechts bergab, und stoßen bald auf eine schmale Straße. Endlich hat die Mückenplage nachgelassen. Nach einer Kurve kommt der nächste See in Sicht: der Seeoner Klostersee mit dem auf einer Halbinsel thronenden Kloster. An diesem See und auch im weiteren Verlauf der Wanderung werden wir trotz einiger Gewässer keine Probleme mehr mit Mücken haben.

Wir wenden uns nach rechts und erreichen am Ufer entlang das Kloster. Da inzwischen 12 Uhr vorbei ist, liegt die Einkehr auf die Terrasse der Klostergaststätte nahe. Dies stellt sich leider als zweiter Fehler des Tages heraus. Obwohl es draußen nur eine eingeschränkte Karte mit Speisen vom Grill gibt, haben Küche und Bedienung die Situation nicht im Griff. Wir warten zu lange und eines von sechs Essen wird auch noch vergessen.

Später als geplant brechen wir vom Kloster auf. Über den Klostersteg erreichen wir die Nordseite des Sees und den Ort Seeon. Nachdem wir auch hier den richtigen Abzweig gefunden haben, sehen wir in der Altenmarkter Straße gleich zwei Gasthöfe, die sich wohl für unsere Mittagspause besser geeignet hätten.

Von Seeon aus geht es Richtung Osten zur Alz. Diese erreichen wir in einem Flußbogen, wo sich ein für schönes Wetter wohl charakteristisches Bild darbietet: das Flüßchen ist übersät mit Schlauchbooten. Sich von der sehr mäßigen Strömung treiben zu lassen ist ganz offensichtlich eine beliebte Freizeitaktivität.

Unser Weg wendet sich alzaufwärts nach Süden. Wir folgen allerdings nicht der ausgedehnten Flußschleife, sondern wählen eine direktere Route. Über einen Hügel hinab erreichen wir Truchtlaching. Alzbrücke, ein Flußschwimmbad, ein Biergarten direkt am Ufer und die zahlreichen Schlauchboote bieten ein geradezu malerisches Bild.

Den Ort durchqueren wir von Nord nach Süd, halten uns allerdings am Ortsende westlich der Hauptstraße. Richtung Südwesten geht es zum Weiler Stöffling. Hier müssen wir noch einmal abbiegen. Dann kommt auch schon Seebruck in Sicht und die Nachmittagshitze wird durch eine vom Chiemsee heraufkommende kühle Brise erträglich.

Leicht abwärts erreichen wir ein Waldgebiet und nochmals das Alzufer. Dann sind wir in Seebruck. Es bleibt etwas Zeit, die wahlweise für ein Eis oder für ein Bad im Chiemsee genutzt wird. Um 16:20 Uhr wechseln wir nochmals das Transportmedium: Zu Wasser geht es mit dem Fahrgastschiff "Josef" über das Bayerische Meer.

Schiffsfahrschein

Das Schiff ist gut besetzt, es ist jedoch kein Problem Plätze zu finden. Auf dem Außendeck ist es recht sonnig aber der Fahrtwind kühlt. Das Schiff fährt zuerst nach Chieming, dann geht es vorbei an der prächtigen Alpenkulisse zur Fraueninsel. Hier kommt uns der Raddampfer "Ludwig Fessler" entgegen. Nach einem weiteren Halt an der Herreninsel erreichen wir Prien-Stock.

Etwas ermüdet von mehr als 15 Kilometern Wandern möchten wir die Distanz zum Bahnhof Prien mit der dampfbetriebenen Chiemseebahn zurücklegen. Leider gibt es einen kleinen Dissens um die Fahrpreise. Es existiert ein Kombi-Fahrschein für Schiff und Bahn, wie vorab im Internet recherchiert wurde. An Bord des Schiffes hatte man uns jedoch gesagt, daß dieser Fahrschein nur in Prien verkauft würde. Die Hoffnung, daß daher das Vorzeigen des Schifffahrscheins in der Chiemseebahn einen entsprechenden Rabatt erbringt, erfüllt sich nicht. Reisende, die woanders als in Prien starten, werden also benachteiligt. So zahlen wir statt 7,65 Euro pro Person (Kombiticket inkl. Rabatt aufgrund unseres zur Anreise benutzen Bayerntickets) nun 9,60 Euro. Ich habe das zum Anlaß genommen, eine Diskussion zur Tarifgestaltung mit dem Betreiber zu beginnen, die noch nicht abgeschlossen ist. (siehe Nachbemerkung).

Fahrschein Chiemseebahn

Die Fahrt mit der Dampfbahn genießen wir trotzdem, auch wenn es einen weiteren negativen Punkt gibt: Die Anschlüsse in Prien zu den Zügen Richtung München könnten kaum schlechter sein. Wir sehen den leicht verspäteten Zug, der um 18:09 Uhr fahren sollte, gerade noch aus der am Bahnhof ankommenden Chiemseebahn (Planankunft 18:13 Uhr). So vertreiben wir uns eine knappe Stunde am etwas unwirtlichen Priener Bahnhof.

Die um 19:09 Uhr nach München fahrende Regionalbahn ist ebenfalls leicht verspätet. Trotz der vielen in Prien und an anderen Stationen einsteigenden Radler und den damit verbundenen längeren Halten, gelingt es dem Lokführer bis München Zeit gutzumachen. So ist (fast schon wider Erwarten) mein Anschluß in München Ost auf die S1 gesichert. Umso mehr, als es die DB wieder einmal nicht schafft, die S-Bahn vom Betriebswerk Steinhausen pünktlich als Leerfahrt zuzuführen. Aber das ist ein anderes Thema und wird die erfreuliche Gesamtbilanz des Tages ebensowenig trüben, wie die anderen unschönen Kleinigkeiten. Was sind schon zwölf Mückenstiche und knapp zwei Euro mehr bezahlt als erwartet, im Vergleich zu einem wirklich gelungenen Ausflug?

 


 
Nachbemerkung: Die Firma Chiemsee-Schifffahrt Ludwig Feßler KG hat in einem Schreiben die Randbedingungen und die Motive für ihre Tarifgestaltung dargelegt. Insbesondere die schwierige wirtschaftliche Situation der Chiemseebahn setzt dabei wohl enge Grenzen. Herr Feßler hat dennoch zugesagt, zu prüfen, ob es eine mit vertretbaren Aufwand umsetzbare Lösung gibt, die die hier kritisierten Punkte verbessert.

Holzbänke und Rundumsicht
Ankunft in Obing
Ankunft in Obing
Klostersteg und Klostertürme
Alzbogen nördlich Truchtlaching
Blick von Truchtlachinger Alzbrücke
Fahrgastschiff Josef bei Seebruck
Chiemseepanorama
Chiemseebahn

 

Link zu PDF mit Details der Wanderung Skizze Chiemseeregion

Skizze Chiemseeregion

Wenn man in der Übersichtsskizze auf den Bereich der Wanderroute klickt, öffnet sich eine PDF-Datei (26 KB) mit einer Detailskizze zur Wanderung und Kilometerangaben. Wegen der Mückenplage am Griessee ist auf dieser Skizze auch ein Alternativweg über Talham eingezeichnet, der jedoch nicht getestet wurde.

Mit einem Klick auf andere Bereiche der Übersichtsskizze erhält man eine Vergrößerung.

Hinweis: Beschreibung und Skizzen können keine Wanderkarte ersetzen!

 
Fahrplan, Kosten, Links

Die Lokalbahn Endorf – Obing hat eine Art Schwesterbetrieb etwas mehr mitten in Bayern.

 


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Zuletzt geändert am 13.10.2006 / © Edmund Lauterbach – Impressum / Kontakt