Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Februar 2011.
Bearbeitungsstand: 23.1.2011

 
 

 
Ärmlicher Umsteigebahnhof
Moosach: Unten hui, oben pfui

Am 12. Dezember 2010 wurde in München die U-Bahn-Verlängerung nach Moosach für den Verkehr freigegeben. Neben einer wichtigen Querverbindung im Münchner Norden entstand dadurch auch eine neue Umsteigeverbindung zwischen S- und U-Bahn.

Bei den hohen Kosten für den U-Bahn-Bau sollte man erwarten, dass man den neu entstandenen Umsteigeknoten auch so ausstattet, dass er einen optimalen Nutzen erzeugt. Nachdem es zunächst einige Schwierigkeiten mit den Zugängen vom U-Bahn-Zwischengeschoss zu den Bahnsteigen der DB gab, zeigt sich der Bahnhof Moosach in seinem oberirdischen Teil aber auch heute in einem ziemlich unmöglichen Zustand.

So hat es die DB AG versäumt, rechtzeitig die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die S-Bahnen näher an den neu geschaffenen Bahnsteigabgängen halten. Die momentane Halteposition er Züge nützt niemandem, da auch die Wege zu den neuen Haltestellen von Bus und Tram durch das U-Bahn-Zwischengeschoss führen.

Eigentlich erwartet man bei einem solchen Großprojekt, dass die DB die lange Bauzeit der U-Bahn nutzt, um ihre Hausaufgaben zu machen. Dazu hätte mindestens eine Verschiebung der Bahnhofsüberdachung nach Norden gehört. Ebenso wäre auch eine Erhöhung der Bahnsteige zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit möglich gewesen.

Wenn man überlegt, dass man vor Jahren einmal ein Konzept verfolgte, dass die Verschiebung des gesamten Bahnhofs über den U-Bahn-Tunnel vorsah ("Zukunftsbahnhof Moosach"), so kann man das, was jetzt herausgekommen ist, nur als ärmlich bezeichnen. Folgerichtig begründet die DB Station&Service AG ihr Nichtstun am Bahnhof Moosach im Kern auch mit wirtschaftlichen Argumenten. Dies geht aus der Antwort auf eine Anfrage von PRO BAHN vom Dezember 2010 hervor. Für diese rein betriebswirtschaftliche Sichtweise sollte sich ein Unternehmen, das an einem reinen Nahverkehrsbahnhof überwiegend von staatlichen Bestellentgelten lebt, eigentlich schämen.

Eine volkswirtschaftliche Beurteilung kann nur zu dem Ergebnis kommen, dass angesichts der hohen insgesamt investierten Steuermittel das Ergebnis auf ein sehr ineffizientes Handeln der Verantwortlichen schließen lässt. Diese Beurteilung wird nicht besser, wenn man weiß, dass DB Station&Service irgendwann noch die bestehende Bahnsteigüberdachung sanieren will, und auf eine Einhausung der Rolltreppen, die in etwa 100 Meter Entfernung vom Bahnsteigdach liegen, durch die Stadt München hofft.

Nachdem DB Station&Service keinerlei Entgegenkommen gezeigt hat, sind Verbesserungen wohl nur über politischen und öffentlichen Druck zu erreichen. PRO BAHN hat in einem Schreiben an den bayerischen Verkehrsminister Zeil folgende Forderungen aufgestellt:

  1. Als Kurzfristmaßnahme Verlegung der Halteposition der Züge so nah an die Abgänge zum U-Bahn-Zwischengeschoss, wie es die momentane Bauform der Bahnsteige erlaubt.
  2. Bau einer Bahnsteigüberdachung, die bis über die neuen Bahnsteigabgänge reicht.
  3. Erhöhung von mindestens zwei Bahnsteigkanten, so dass barrierefreies Einsteigen in die S-Bahn-Züge möglich ist.

In dem Schreiben wird auch darauf hingewiesen, dass die DB jedes Jahr eine sechsstellige Summe an Stationsgebühren nur für den Bahnhof Moosach einnimmt. Diese Stationsgebühren zahlen die Verkehrsunternehmen aus ihren Einnahmen aus Fahrscheinverkauf sowie der Bestellung von Zugleistungen durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft. Die "Leistungen", die die DB an diesem Bahnhof erbringt, werden also letztlich von den Fahrgästen und den Steuerzahlern bezahlt. Die beabsichtigte Renovierung des Bahnsteigsdachs, für dessen jetzigen untragbaren Zustand die DB als Eigentümer verantwortlich ist, lässt sie sich zusätzlich aus Mitteln des Konjunkturprogramms des Bundes finanzieren.

Zusammengefasst muss man sagen, dass die Deutsche Bahn mit Moosach ein Musterbeispiel dafür liefert, dass die Forderungen von PRO BAHN nach Ausgliederung der Infrastruktur aus dem DB-Konzern und der partiellen Regionalisierung von Bahnhöfen und Schienennetz berechtigt sind. Wenn die Bewirtschaftung der Bahnhöfe nur am Tropf des Staates hängt, sollte man das auch anerkennen und sie dem privatwirtschaftlich agierenden Konzern Deutsche Bahn AG entziehen.

Edmund Lauterbach

 
 


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