Die Oper von Krakau



Bildhaft illustrierter »Hoffmann«

in Krakau



www.opera.krakow.pl



Besuchte Vorstellungen 8. und 10. Oktober 2017








Rezyseria i kostiumy


Michael Znaniecki

Dyrygent


Tomasz Tokarczyk

Przygotowanie chóru


Jacek Mentel

Scenografia


Luigi Scoglio




Version


Vermutlich Oeser

Sprache


Französisch




Hoffmann


Dominik Sutowicz

Muza


Monika Korybalska

Stella, Olimpia, Antonia, Giulietta


Katarzyna Olés-Blacha

Lindorf, Coppelius, Mirakel, Dapertutto


Mariusz Godlewski










Fazit Krakau: Ein schön anzusehender »Hoffmann« mit fantasievollen Kostümen, einem gelungenen Bühnenbild, in dem Kreise dominierten. Die Inszenierung war klassisch und bot eine Reihe eigenständiger origineller Einfälle, die ich woanders noch nicht gesehen hatte.


Krakau gilt als die schönste Stadt Polens, wenngleich sie nicht besonders polnisch wirkt. Und sie ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Seine Innenstadt wirkt eher italienisch, denn ein polnischer König heiratete eine italieinische Prinzessin, und die brachte ihre Baumeister mit..


Das alte Theater in der Nähe des Zentrums, das vermutlich aus der Belle epoque stammt, wurde zur Zeit der kommunistischen Diktatur durch einen großzügigen Neubau mit 720 Plätzen am Stadtrand ersetzt. Eine Straßenbahn fährt hin. Oder man geht eine knappe halbe Stunde zu Fuß. Als ich meine bestellten und per Überweisung bezahlten Karten für zwei Vorstellungen abholen wollte, musste ich erst ca. 40 Cent nachzahlen, die wohl irgendwie auf dem Überweisungsvorgang verloren gegangen waren. Ein mittlerer Platz kostete ca. 15 Euro. Da zwei Tage nach der Vorstellung am 8. Oktober eine weitere stattfand und die Karten bezahlbar waren, sah ich mir die zweite auch noch an.



Im Foyer hängen zahlreiche Plakate früherer Operninszenierungen. Eines fantasievoller, kreativer und künstlerisch gelungener als das andere. Das war nun nach Warschau, Breslau und Lodz (sprich Wutsch) mein vierter »Hoffmann« in Polen. Im Orchester zählte ich immerhin vier Kontrabässe und fünf Celli. Ein so großes Orchester haben meistens nur größere Häuser. Im Publikum wie überall in Polen sehr viele junge Leute. Wenn es unserer konservativ-liberalen Politik gelungen sein wird, den Opernbetrieb bei uns abzuwürgen (jüngstes Opfer Neustrelitz), wird es in Polen jedenfalls noch Opern geben, denn der Nachwuchs scheint nicht auszubleiben. Das Theater war nicht ausverkauft, aber es war ja keine Premiere, die ich leider verpasst hatte, denn Suchmaschinen erkennen manchmal die slawischen Sprachen nicht.



Zwei große blaue Würfel leuchteten auf der Bühne. Nach pünktlichstem Beginn folgte ein leider ziemlich schneller Auftakt. Aus einer Tür wurde eine schreiende Person herausgeworfen. Wir befanden uns in Mozarts Don Giovanni. Das Bühnenbild war modern. Eine kreisrunde Bar, die in den folgenden Akten in Variatioen immer wieder auftauchte, bildete das Zentrum. Ein gut choreografierter Chor stellte sich vor. Ein ziemlich besoffener Hoffmann wurde rausgeschmissen und später in Lutters Taverne hereingetragen.



Wie schon in Lodz dominierten runde Strukturen und schwebende Kreise das Bühnenbild. Diese zentrale runde Struktur in der Bühnenmitte wurde mit Variationen in allen Akten beibehalten. Auch der Bühnenhintergrund wurde von einem Halbkreis gebildet, in dem sich mehrere Fenster befanden.



Obwohl ich kein Polnisch kann, blickte ich immer mal wieder in die Übertitel und entdeckte ab und zu ein mir bekanntes slawisches Wort. So zum Beispiel, als die Muse vom Ursprung der Wahrheit sang, stand in den Übertiteln prawda. Dieses Wort kennt man. Als Lindorf auftrat, floh die Muse erschrocken. Lindorf zerriss ein Bild Stellas und streute die Schnipsel über den schlafenden Hoffmann.



Hoffmann stellte sich mit einem schönen weichen Tenor vor, der mir irgendwie bekannt vorkam. Ein Blick ins Programmheft sagte mir, dass ich ihn zwei Wochen vorher in Innsbruck bei meinem 100. »Hoffmann« gehört hatte. Das Vorspiel bei Lutter dauerte optimale 35 Minuten. Als Hoffmann zu Stella überging, erschienen hinter den Fenstern Projektionen von mehreren bekannten Hollywood-Diven aus der kommerziellen Filmfabrik: Rita Hayworth, Audrey Hepburn, Marilyn Monroe, Anita Ekberg und Grace Kelly konnte ich mir merken. So wurde auf Hoffmanns Traumfrau Stella angespielt. Wenn die Film-Diven gewusst hätten, wie sie posthum immer noch erinnert werden. Für den gut vorgetragenen Klein-Zach gab es unfairerweise keinen Applaus.


Spalanzanis Werkstatt war als futuristisches High-Tech-Labor gestaltet, fast schon wie Science Fiction. Spalanzani eilte auf einem Spaceroller herein, und allerlei Blitze zuckten. Ein Ballett von sechs schön anzusehenden Tänzerinnen in Astronautenkostümen illustrierten die Science-Fiction-Atmosfäre. Spalanzanis Gäste waren auch in weiße Schutzkleidung gewandet und trugen Fahrradhelme. Schnell und präzise brachte der Chor das Lob auf Olympias Augen. Olympia selbst stand erhöht im zentralen Kreis und war auch als futuristische Gestalt gestylt. Den ersten Applaus gab es für das Terzett Coppelius – Niklaus – Hoffmann „trois ducats“.


Als Olympia bei ihrer Arie schwächelte, verfiel sie im Gesang eine Oktave tiefer. Für ihre Arie bekam sie natürlich den verdienten Applaus. Coppelius begann sein Zerstörungswerk natürlich an der Elektronik. Hoffmann wurde verlacht und hin und her geschubst. Applaus für den Akt und Pause.



Selttsamerweise waren nach der Pause ein paar Sitze frei geworden, obwohl es dafür überhaupt keinen Anlass gab. Das war in beiden Vorstellungen so gewesen.



Die Fenster im Halbrund wurden genutzt, um Antonias Welt darzustellen. Offenbach, Mozart, Wagner, Chopin, Beethoven und Bach wurden projiziert. Antonia thronte auf dem hellblau leuchtenden Rondell in der Bühnenmitte. Die Mutter leuchtete in Weiß im Hintergrund. Eine Fremdenführerin mit einem Schild trat auf, auf dem die beiden Sprachen Englisch und Deutsch durch Farben dargestellt wurden, wohl auf die zahlreichen Touristen in der schönen Stadt Krakau anspielend. Dass die deutschen Farben auf dem Kopf standen, mag ein Versehen gewesen sein, kann aber auch mit Absicht eine gewisse Botschaft vermitteln wollen. Naja, die neuere Geschichte hat auch in Krakau und Umgebung ihre grausamen Spuren hinterlassen, und auf der Burg von Krakau residierte der berüchtigte und später in Nürnberg gehenkte Gauleiter Hans Frank.



Für Antonias Auftrittslied gab es Applaus. Ihr Vater Krespel agierte als Fremdenführer. In die Fenster wurden berühmte Sängerinnen projiziert, wie vorher die Filmdiven. Ich erkannte nicht alle, aber Maria Callas war dabei. Es gab auch einen unvermeidlichen Franz. Der sang im Falsett und ahmte auch Olympia nach. Bei den Übertiteln hatte man aufgepasst. Statt der berüchtigten Methode erschien … to brak techniki. Bravo.


Die in Krakau gespielte Version war nicht angegeben, da aber nun zu meiner Freude eine kräftig beklatschte Geigenarie folgte, vermute ich, dass ein Oeser gespielt wurde. In den sechs Bilderrahmen erschienen dazu sechs Geigerinnen. Für das Terzett Hoffmann, Krespel, Mirakel gab es Applaus. Als Antonia beschlossen hatte, nicht mehr zu singen, schloss sie symbolisch das Cembalo. Doch dieses ging in Rauch auf.



Zum musikalischen Höhepunkt, dem Terzett Antonia, Mirakel, Mutter sang letztere aus den Kulissen. Im Hintergrund agierte wieder ein Ballett. Mirakel wurde als der Mörder Antonias dargestellt. Hervorzuheben ist die besonders gelungene Beleuchtung in diesem Akt, die mit ihren Lichtspielen eine zauberhafte Atmosfäre schuf. Eine so kreative Beleuchtung hatte ich zuletzt in Nordfjord erlebt. Applaus für diesen Akt und 2. Pause.


Zu Beginn des Giulietta-Aktes sah ich im Parkett, besonders in der ersten Reihe Mitte, noch ein paar Lücken mehr, obwohl es weder musikalisch noch von der Interpretation etwas auszusetzen gab. Vier rotgekleidete Balletteusen drehten sich. Allerdings sollten sie gelegentlich mal Synchronität üben. Leider pfiff eine Piccoloflöte zur Musik der Barkarole. Schade. Dazu wurden Meereswellen projiziert. Eine intelligente und kenntnisreiche Anspielung auf die Geschichte dieser Nummer, die Jacques Offenbach aus seiner gefloppten Oper Die Rheinnixen übernommen hatte.


Ein witziger Einfall spielte auf die amerikanische Stripperin Dita von Teese an. Einer ihrer Auftritte als Burlesque-Tänzerin fand in einer riesigen Sektschale statt, in der sie sich räkelte. Diese Idee griff die Regie von Krakau auf, und Giulietta räkelte sich in einer großen Sektschale.


Erst dachte ich, man hätte wie in Warschau den Gesang der Barkarole gestrichen, aber dann wurde die Barkarole wiederholt und doch gesungen. Erfreulicherweise spielte das Piccolo nun verhaltener. Viele fantasievolle Kostüme, meistens in Rot, wurden sichtbar. Eine sinnliche Atmosfäre herrschte auf der Bühne. Sechs Spiegel standen im halbrunden Hintergrund. Giulietta parodierte Olympia. Applaus für ein ausdrucksvolles Duett Giulietta – Hoffmann.


Niklaus wollte Hoffmann retten, doch Dapertutto hinderte ihn daran: Lass ihm seinen Wahn … Erfreulich, dass es keine Spiegelarie gab.



Hoffmanns Verlust seines Spiegelbildes wurde so dargestellt, dass ein Spigel nach dem anderen blind wurde. Der betrogene Hoffmann wurde brutal rausgeschmissen und lag wie tot in einer Ecke. Als der selten zu hörende à cappella Chor erklang, erwachte er wieder zum Leben. Dann raffte er sich zusammen und ging an den runden Tisch. Ein französischer Text erschien: Toreau de ventes des billets. Man war wieder im Theater angekommen, in dem Don Giovanni gegeben wurde.



Stella erschien und wurde von Hoffmanns Freunden gefeiert. Hoffmann sang der beleidigt blickenden Stella den Rest des Klein-Zach und wollte auf Lindorf losgehen, doch seine treue Muse ging dazwischen. Es gab ein richtig verstandenes Ende, und ihr Abgesang auf Hoffmann wurde richtig feierlich sakral mit Orgelbegleitung intoniert.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen beim Theater an der Wien und beim Fotografen...... Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.


Kräftiger Applaus für die Oper und Jubel für die Solisten, fünf Minuten Applaus.

Am Bühneneingang enststanden folgende Bilder:




Muse und Franz



Stella



Hoffmann mit Fans










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