Eine Reise ins Gartenreich

Parklandschaft, Architektur, Historie


[zum ersten Teil]
Im Garten von Fürst Franz
Alter Bahnhof und modernes Bundesamt
Von Otto dem Großen zur Grünen Zitadelle
Der unbedachte Luther
Im ICE durch Sömmerda
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Im Garten von Fürst Franz

Der Weg durch Wörlitz vom Bahnhof zum Schlosspark ist recht einfach zu finden. Bei bestem Wetter kann ich die Erkundung des riesigen Landschaftspark angehen. Der Wörlitzer Park unterscheidet sich von einem klassischen Schlosspark dadurch, dass es auch zu Zeiten von Fürst Franz (eigentlich: Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau) für die Öffentlichkeit zugänglich war. Demgemäß ist der Park nicht eingezäunt; im Norden ist der Übergang zur umgebenden Landschaft fast fließend.

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Mein Weg führt mich im Uhrzeigersinn durch die Parkanlagen. Auf dem Gartenplan kann man sich die einzelnen Bereiche und Gebäude ansehen. Vom Schloss geht es den Westteil des Wörlitzer Sees umrundend zu Neumarks Garten, weiter zum Gotischen Haus, dann durch Schochs Garten und von dort zum Floratempel. Hier gibt es in der Nähe einen Kiosk mit kleinem Biergarten der zur Mittagspause einlädt.

Nach der Pause überquere ich einen der Kanäle des Parks auf der Kettenbrücke. Obwohl die Brücke nur von einer Person betreten werden darf, ist es eine wackelige Angelegenheit. In der Nordwestecke hat wohl etwas der Spieltrieb der Gartengestalter zugeschlagen. Außer der Brücke gibt es hier künstliche Felsen, eine angelegte Schlucht und mehrere künstliche Höhlen.

Nördlich des Sees "Kleines Walloch" folge ich dem Damm, der die Parkanlagen nach Norden begrenzt. Entlang des Weges gibt es ein Sammelsurium von Gebäuden und Denkmälern: Venustempel, Monument, Goldene Urne, Wachhaus zum Pferde. Sehr schön ist der Blick nach Norden in die Landschaft hinein.

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Am Pantheon wende ich mich nach Süden und erreiche entlang des Georgenkanals die Villa Hamilton. Sie liegt auf der kleinen Insel Stein und wird von einem künstlichen Vulkan überragt. Von hier aus erreiche ich entlang des Südufers des Wörlitzer Sees wieder den Bereich um das Schloss. Nach einem kurzen Aufenthalt im Café des Küchengebäudes ist mein Ausflug in den Garten von Fürst Franz beendet.

Vom Bahnhof Wörlitz fahre ich wieder mit "Fürstin Louise" zurück nach Dessau. Da mein Fahrschein innerhalb seiner einstündigen Gültigkeit auch im Dessauer Stadtverkehr gilt, schließt sich noch eine kurze Straßenbahnfahrt an. Zu Fuß durchquere ich dann die Altstadt von Süd nach Nord zu meiner Pension. Zum Abendessen geht es heute in den Ratskeller, wo ich mit Angebot und Service sehr zufrieden bin.

Alter Bahnhof und modernes Bundesamt

Am Montag liegt eigentlich ein Ausflug nach Magdeburg an, aber da ich am Morgen noch etwas Zeit habe, und es auf dem Weg liegt, schaue ich mir das Umweltbundesamt an.

Nicht nur beim Bauhaus sondern auch an etlichen anderen Stellen Dessaus erkennt man, dass man sich in der Stadt durchaus der Architektur verpflichtet fühlt. Das 2005 eröffnete Gebäude des Umweltbundesamtes (UBA) erfüllt ebenfalls diesen Anspruch. Durch seine Lage in einem ehemaligen Industriegebiet ragt der durch Form und Farbgebung auffällige Bau noch einmal besonders heraus. Auf einer Webseite des Amtes findet man Faltblätter zum Gebäude oder auch ein Luftbild des Gesamtkomplexes (siehe auch Mediathek).

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Auf dem Weg zum Haupteingang des UBA kommt man Gebäude vorbei, das etwas älter ist: der ehemalige Bahnhof der Wörlitzer Eisenbahn. Bis 1998 fuhren hier die Züge nach Wörlitz ab. Nach Sanierung der Bahnstrecke ist seit 2001 der Dessauer Hauptbahnhof der neue Abfahrtsort, so dass das ehemalige Bahnhofsgebäude heute vom UBA mitgenutzt wird. Unter der noch vorhandenen Bahnsteigüberdachung befinden sich die Fahrradabstellplätze des Amtes.

Von Otto dem Großen zur Grünen Zitadelle

Wie groß Kaiser Otto I. wirklich war, weiß ich nicht. Recht sicher bin ich mir aber darin, dass die Grüne Zitadelle in Wirklichkeit ziemlich Rosa ist.

Um dieses festzustellen oder auch nicht steige ich nun in den Regionalexpress und fahre in die "Ottostadt" Magdeburg. Wie eingangs erwähnt war die Ausstellung "Otto der Große und das Römische Reich" im kulturhistorischen Museum Magdeburg mit ein Anlass für die Reise nach Sachsen-Anhalt. Also führt der erste Weg auch vom Hauptbahnhof ins Museum.

Zeiten des Umbruchs sind immer interessant, und kaum ein Umbruch war größer als der zwischen den letzten Kaisern des (West-)Römischen Reiches des Altertums und den ersten Kaisern des Reiches, dass sich auch als römisch bezeichnete, dessen Herrscher aber aus dem fränkisch-sächsischen Siedlungsraum stammten, für den dann der Begriff "Regnum Teutonicum" (deutsches Königreich) gefunden wurde.

Als jemand, der eher an Zusammenhängen interessiert ist, muss ich zugeben, dass ich in der Ausstellung die erläuternden Texte sowie die animierten Landkarten und Grafiken interessanter finde, als die meisten Ausstellungsstücke. Die Gesamtwirkung entfaltet sich natürlich nur in der Kombination der verschiedenen Gestaltungselemente.

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Nach dem ich das Museum verlassen habe, steht der in der Nähe liegende Magdeburger Dom auf dem Programm. Fotos vom Innern gibt es hier nicht, da es nur bei Kauf einer Fotogenehmigung möglich gewesen wäre zu fotografieren. Diese leider zunehmende Unsitte lehne ich generell ab. Dass man da oder dort die Finanzierung des Erhalts von Kulturgütern nicht nur dem Steuerzahler und Spendern überlassen will, und ein angemessenes Eintrittsgeld verlangt – dagegen ist ja nichts einzuwenden. Sich dafür bezahlen lassen, dass Besucher (ohne Blitzlicht und Stativ) Objekte fotografieren, die ja eigentlich allen Menschen gehören, empfinde ich dagegen als Unverschämtheit. Leider scheint es allerdings dem Zeitgeist zu entsprechen, öffentliche Güter immer ein bisschen weniger öffentlich zu machen.

Vom Dom aus geht es ein Stücke die Elbe entlang, dann am ehemaligen Kloster Unser Lieben Frauen entlang zur Grünen Zitadelle. Wie bereits gesagt, ist diese allerdings eher Rosa, nur das Dach ist begrünt. Dass es sich bei dem Gebäudekomplex um einen Entwurf von Friedensreich Hundertwasser handelt, dürfte leicht erkennbar sein.

Nach der Grünen Zitadelle erreiche ich vor dem Rathaus die vergoldete Kopie des Magdeburger Reiters, dessen Original ich zuvor im Kulturhistorischen Museum angeschaut hatte. Anschließend versorge ich mich in der Fußgängerzone mit einer Kleinigkeit zu essen.

Wieder zurück am Hauptbahnhof steige ich in den Zug Richtung Dessau. Dessau ist aber nur Umsteigepunkt – das nächste Ziel ist Wittenberg.


 
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Der unbedachte Luther

In Wittenberg verlasse ich den Zug am Haltepunkt "Altstadt" Von dort aus sind es nur wenige hundert Meter zur Stadtmitte mit Markt und Rathaus. Von dort strebe ich dem westlichen Ende der Altstadt entgegen, an dem sich die Schlosskirche mit imposanten Turm und der berühmten "Thesentür" befindet. Wie es zu Luthers Zeiten ausgesehen hat, kann man nur erraten – Schloss und Schlosskirche sind seitdem zweimal komplett abgebrannt. Die heutige Bronzetür mit den 95 Thesen wurde 1858 eingebaut.

Nach Besichtigung der Schlosskirche gehe ich zurück Richtung Rathaus. Die Hauptachse der Wittenberger Altstadt besteht aus zwei Straßenzügen, die am Ost- und Westende zusammenlaufen. In beiden Straßen fließen Stadtbäche, die zwischen 2006 und 2009 nach über 100 Jahren wieder geöffnet wurden.

Vor dem Rathaus stehen die Denkmäler von Melanchthon und Luther. Ich wundere mich etwas über Metallstäbe die aus den Denkmalsockeln ragen, weil es für Blitzableiter nicht die richtige Position zu sein scheint. Später erfahre ich, dass beide Standbilder normalerweise unter gusseisernen Baldachinen stehen. Diese sind jedoch seit mehreren Jahren zum Zwecke der Restaurierung entfernt.

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Fotogener ist Luther ohne jeden Zweifel ohne Baldachin. Und ehrlich gesagt, sehen die Bedachungen ziemlich hässlich aus, und tun den Denkmälern nichts Gutes.

Nachdem ich noch die Stadtkirche besichtigt habe (kleine Spende, weil man hier keine Fotogenehmigung kaufen soll), geht es weiter zum Lutherhaus. Hier halte ich mich nicht sonderlich lange auf, sondern laufe an der Luthereiche vorbei zum Bahnhof Wittenberg. Der Zug bringt mich nach Dessau zurück, wo ich am Abend noch einmal in den Ratskeller einkehre, da andere Gaststätten bereits gut gefüllt sind.

Im ICE durch Sömmerda

Da die ICE zwischen Berlin und München wechselweise über Halle und Leipzig verkehren, und da ich ja Richtung Dessau den Weg via Halle gewählt hatte, lag es nahe, für den Rückweg Umsteigen in Leipzig vorzusehen. Bis Leipzig verläuft die Fahrt auch völlig problemlos in einem modernen Doppelstockzug mit einer Ausstattung, die man in Bayern, wenn überhaupt, nur in der ersten Nahverkehrsklasse vorfindet.

In Leipzig ist genug Zeit, den Proviant zu ergänzen, und dann den Abfahrtsbahnsteig aufzusuchen. Für den ICE nach München werden dann zunächst zehn Minuten Verspätung angekündigt. Nach dem Einsteigen kommt dann im Zug die Durchsage, dass man wegen eines Oberleitungsschadens eine Umleitung fahren müsse und sich die Ankunft im nächsten Haltebahnhof Jena Paradies um etwa 80 Minuten verspäten werde. Später erfahre ich, dass bei Bauarbeiten im Naumburger Hauptbahnhof die Oberleitung beschädigt wurde. Aufgrund seiner Lage im Netz musste alle Fernzüge zwischen Sachsen und Thüringen umgeleitet werden.

Unsere Fahrt führt dann durch den Leipziger Flughafenbahnhof und über eine im Personenverkehr sonst nicht befahrene Kurve südlich des Hauptbahnhofs Halle zunächst Richtung Westen bis Sangerhausen. Dort biegt der Zug nach Süden ab, bevor er in Artern zum Stehen kommt. Ab hier ist die Strecke nur eingleisig, und wir müssen zwei Gegenzüge passieren lassen, bevor es weiter geht. Ab Sömmerda, dem Kreuzungspunkt mit der Pfefferminzbahn, gibt es wieder zwei Gleise. In Sichtweite des Erfurter Hauptbahnhofs befahren wir ein noch einmal eine im Personenverkehr normalerweise nicht genutzte Kurve. Jetzt sind wir zwar eigentlich wieder Richtung Leipzig unterwegs, biegen aber, nachdem wir Weimar ohne Halt durchfahren, in Großheringen endlich auf unsere eigentlich Strecke nach Jena ein.


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Ausschnitt aus der Google-Earth-Darstellung zum Reisebericht (Google-Maps-Version). Zu sehen ist die Strecke der Hinfahrt via Naumburg und Köthen sowie die Umleitung bei der Rückfahrt über Sömmerda.

In Jena haben wir über zwei Stunden Verspätung, die wir auch bis Nürnberg kaum reduzieren können. Auf die Möglichkeit in einen aus Frankfurt kommenden ICE umzusteigen, der München via Ingolstadt früher erreicht, verzichte ich. Zum einen ist dieser auch etwas verspätet, zum anderen ist das Risiko, dort nur noch einen Fußbodenplatz zu bekommen, mir zu hoch. Stattdessen gehe ich in den ab Nürnberg recht leeren Speisewagen und beende meine Reise in aller Ruhe bei einem Weißbier.


 

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Zuletzt geändert am 27.10.2012 / © Edmund Lauterbach – Impressum / Kontakt