Bahn-Allerlei im Erzgebirge  

Nach 1999, 2001 und 2004 hat sich nun die Tradition eines Pfingstausflugs schon recht etabliert. Auch dieses Jahr wurde zwar mit dem Fronleichnams-Wochenende ein Alternativtermin erwogen, aber los ging es dann doch wieder am Freitag vor Pfingsten.

Die Zielfindung ließ sich in diesem Jahr etwas zäher an, als bei den vorhergehenden Pfingstausflügen. Irgendjemand warf dann Mitte April den Vorschlag Erzgebirge in die Runde, und so wurde es beschlossen. Bei der Vorbereitung war recht schnell klar, daß wir den westlichen Teil dieser Region besuchen würden. Erzgebirgsbahn und Citybahn Chemnitz waren dabei die Stichworte, die die bahnrelevanten Aspekte kennzeichnen. Die Zwönitztalbahn und die Citybahnstrecke laufen in nur einigen Kilometer Abstand parallel, so daß sich dort Wandermöglichkeiten von Strecke zu Strecke vermuten ließen und Aue ist neben Chemnitz der zweite betriebliche Knoten der Erzgebirgsbahn. Recht schnell stand auch fest, daß wir ein Hotel im südlichen Bereich der Zwönitztalbahn suchten. Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten, des interessant aussehenden Streckenverlaufs, der fußläufigen Nähe zum Bahnhof und der sehr akzeptablen Preise wurde es dann die "Neue Schenke" in Lößnitz.

Übersichtsplan Bahnstrecken

 
Vogtlandbahn nach Cheb

Zug in Cheb

Unsere Quietschkiste in Potůčky

Erzgebirgsbahn bei Lößnitz

Lößnitz-Panorama
 

Quietschend übers Erzgebirge

Die Anreise findet aufgrund der verschiedenen Wohnorte und zeitlicher Einschränkungen etwas verteilt statt. Die ersten vier Teilnehmer sammeln sich im Regionalexpress von München über Freising nach Regensburg. Dort steigen wir bahnsteiggleich in einen Zug bis Marktredwitz um, wo ein aus Frankfurt angereister fünfter Teilnehmer zu uns stößt.

In Marktredwitz steht am Hausbahnsteig ein Desiro der Vogtlandbahn, mit der wir die Reise nach Cheb / Eger fortsetzen. Aufgrund einer wohl "Biertourismus" betreibenden Reisegruppe, die das Einsteigen in den Desiro nicht wirklich beherrscht, verzögert sich unsere Abfahrt leider deutlich. Dank großzügiger Übergangszeit in Cheb ist der Anschluß dort aber gesichert. Weiter geht es weiter mit einem Zug der CD (České Dráhy – Tschechische Bahnen) über Sokolov und Chodov nach Karlovy Vary / Karlsbad.

Karlovy Vary hat mehrere Bahnhöfe. Der Bahnhof an der Hauptstrecke, an dem wir umsteigen, macht keinen besonders guten Eindruck. Kaum schriftliche Hinweise, im Fahrplan keine Bahnsteigangaben, und die tschechischen Durchsagen verstehen wir nicht. Irgendwann kommt ein vierteiliger Zug der tschechischen Variante des Schienenbusses. In der zugehörigen Durchsage kommt das Wort Johanngeorgenstadt vor, der Name unseres nächsten Etappenziels. Wir steigen ganz hinten ein, weil es dort etwas leerer ist. Plötzlich bemerke ich, daß sich jemand an der Kupplung zu schaffen macht. Nachfrage ergibt, daß tatsächlich nur die ersten beiden Wagen in unsere Richtung fahren, und die beiden hinteren zu einem anderen Ziel. Also flott umgestiegen und schon geht es – mit etwas Verspätung – los. Unterwegs müssen wir ein weiteres Mal umsteigen, weil aus irgendwelchen Gründen auch noch der Beiwagen stehengelassen wird.

Die Strecke durch das Erzgebirge ist sehr interessant und führt auf über 900 Meter Höhe. Der Fahrkomfort im Schienenbus ist allerdings nur sehr mäßig und die Quietschgeräusche in den Kurven einzigartig. In Potůčky / Breitenbach, der letzten Station vor der Grenze bleiben wir trotz Verspätung eine Weile ohne erkennbaren Grund stehen. Es geht aber doch weiter nach Johanngeorgenstadt, wo wir etwas beschleunigt umsteigen müssen.

Nun sind wir in der Erzgebirgsbahn, einem Ergebnis der sogenannten Mittelstandsoffensive der Deutschen Bahn AG. Standardfahrzeug ist hier der Desiro – im Gegensatz zur Vogtlandbahn in rot mit blauen Sitzpolstern und ohne Armlehnen. Die erste Überraschung der Reise erwartet uns auch: Obwohl bei der Vorbereitung intensiv nach möglichen Baustellen und Schienenersatzverkehren gefahndet wurde, erfahren wir durch einen Aushang im Zug zum ersten Mal von der Sperrung der Strecke Bärenstein – Chomutov. Die Baustelle liegt zwar in Tschechien, aber da dort auch Züge der Erzgebirgsbahn verkehren, würde man auf deren Internet-Seiten schon einen Hinweis darauf erwarten.

Damit ist die für Samstag vorgesehene Tour geplatzt. Geplant war eine Rundfahrt Lößnitz – Annaberg-Buchholz – Chomutov – Karlovy Vary – Zwickau – Aue – Lößnitz. Wir brauchen uns nun also keine Gedanken mehr um die Buslinie zwischen Lößnitz und Annaberg-Buchholz zu machen, die zwar nach VMS-Tarif verkehrt, über die der VMS aber praktisch keine Auskunft geben kann. Da wir für Samstag ein Treffen mit zwei weiteren Teilnehmern in Karlovy Vary ausgemacht haben, und uns die Stadt ansehen wollen, bleibt uns nur, nochmals via Johanngeorgenstadt dorthin zu reisen.

Nächster Höhepunkt unserer Reise ist aber zunächst mal der Bahnhof von Aue / Erzgebirge. Früher stattlich, heute abschreckend. Klar – mit so etwas weiß die DB nichts anzufangen. Aber das Ganze im jetzigen Zustand verharren zu lassen, ist auch eine Aussage, die ganz bestimmt nicht für diese Firma spricht. Da die Grundstücke und vielleicht sogar das Gebäude aber wohl zu einem bestimmten Wert in den Büchern der ein oder anderen DB-Tochter auftauchen, ist es sicher schwierig, den Zustand so zu ändern, daß der wahre Marktwert nicht entblößt wird.

Nachdem wir eine knappe halbe Stunde das Gelände bewundern durften, setzt sich auch der Desiro Richtung Zwönitztal in Bewegung und befördert uns die restlichen zwei Stationen nach Lößnitz unterer Bahnhof.

Unser Gasthof ist schnell erreicht, und nach Beziehen der Zimmer machen wir uns zu einem kleinen Rundgang auf. Zunächst gehen wir oberhalb der Bahnlinie in Richtung oberer Bahnhof. Es ist aber rasch klar, daß wir den Spaziergang nicht bis dorthin oder bis zum Viadukt bei Dittersdorf ausdehnen wollen. So verlassen wir beim Ortsteil Dreihansen die Bahnstrecke und laufen über einen weiteren Hügel ins Ortszentrum. Nach Blick auf Marktplatz, Rathaus und Johanneskirche geht es langsam zurück zum Hotel. Da sich unterwegs keine Alternative aufdrängt, folgt dort dann auch die Einkehr zum Abendessen.

 

Karlsbad und zurück

Zweiter Tag – auf nach Karlsbad. An Wochenend- und Feiertagen gibt es durchgehende Züge der Erzgebirgsbahn nach Karlovy Vary dolní nádrazí (Karlsbad unterer Bahnhof). Also dürfen wir heute das Erzgebirge vergleichsweise luxuriös im Desiro queren. Vorbereitet durch die Hinfahrt erlauben uns die großen Fenster ein gute Beobachtung der vorbeiziehenden Landschaft.

In Karlovy Vary fahren wir nach Halt am oberen Bahnhof weiter zum unteren Bahnhof, der sich an der Strecke nach Mariánské Lázně / Marienbad befindet. Horizontal sind die beiden Bahnhöfe nur 600 bis 700 Meter voneinander entfernt. Dazwischen befindet sich aber ein beträchtlicher Höhenunterschied, der Fluß Ohře / Eger und eine vierspurige Straße. Unser Desiro bewältigt den Weg in einer eleganten Kurve, in der sich die Fahrtrichtung um 180 Grad von Ost nach West ändert.

Unten angekommen stellen wir fest, daß der Bahnhof in einem deutlich besseren Zustand ist als der obere Bahnhof. Es gibt unter anderem eine Gepäckaufbewahrung, ein Selbstbedienungsrestaurant und eine Touristeninformation. In Karlovy Vary wollen wir uns mit zwei weiteren Reiseteilnehmern treffen, die erst samstags aus dem Raum München anreisen können. Bis zu deren Ankunft haben wir etwas Zeit, da wir ja eine kürzere Strecke gefahren sind als ursprünglich geplant. Wir nutzen diese Zeit zu einem Abstecher in die Fußgängerzone und tauschen einige Euro in tschechische Kronen um.

Am Bahnhofsgebäude treffen wir dann unsere Nachzügler, die mangels Anschluß auf den Zug aus Cheb den Weg herab vom oberen Bahnhof zu Fuß zurückgelegt haben. Gemeinsam geht es nochmals durch die Fußgängerzone. An deren Ende fängt der eigentliche touristische Teil von Karlsbad an. Repräsentative Hotelbauten und Kureinrichtungen im Stil der Habsburgerzeit, jedoch auch zweimal unterbrochen durch Gebäude im 70er-Jahre-Beton.

Das Kurviertel von Karlsbad zieht sich am Fluß Teplá entlang. Auch unser Weg führt daher ein Stück die Teplá aufwärts. Bald ist die Einkehr zum Mittagessen angesagt, und wir haben die Auswahl zwischen zahlreichen Restaurants. Das Wetter läßt zu, daß wir uns Plätze im Freien suchen und diese auch schließlich auf einer Terrasse finden. Für die, die es mögen, gibt es böhmische Spezialitäten und Pilsner Bier und die gesamte Gruppe fühlt sich am Ende gut versorgt.

Die Kurzone ist weitgehend autofrei – man sieht nur einige Taxis und Pferdedroschken. Am Ende dieser verkehrsberuhigten Zone steht ein Luxushotel und dahinter gibt es große Parkplätze. Unser Weg führt uns noch zur Talstation einer Standseilbahn und dann – teilweise am anderen Teplaufer entlang – wieder zurück Richtung Bahnhof. Unterwegs könnte man sich an vielen Stellen das heiße Karlsbader Mineralwasser zapfen. Wir fühlen uns jedoch alle gesund genug, um darauf zugunsten etwas durstlöschenderer Getränke verzichten zu können.

Für die Rückfahrt nach Sachsen haben wir einen kleinen Umweg mit der Vogtlandbahn eingeplant. An Wochenenden gibt es durchgehende Verbindungen zwischen Karlovy Vary dolní nádrazí und Zwickau. Unser Zug soll am Hausbahnsteig abfahren. Dort stehen auch schon etliche Leute. Und ein Regiosprinter der Vogtlandbahn schlummert schon den ganzen Nachmittag auf einem Abstellgleis vor sich hin. Als sich die Abfahrtszeit nähert, nicht jedoch der Zug, werden Erkundigungen eingeholt. Ein freundlicher tschechischer Lokführer informiert uns, daß eine zweite Garnitur aus Deutschland kommt, und beide zusammengekoppelt zurückfahren sollen. Leider hat der noch erwartete zweite Zugteil aber deutliche Verspätung. Inzwischen ist die Zahl der Leute auf dem Bahnsteig so angewachsen, daß ein zweiteiliger Zug auch sehr notwendig ist.

Aus unbekannten Gründen entschließt man sich, den vorhandenen Triebwagen auf die andere Bahnhofsseite zu fahren und so aus anderer Richtung anzukuppeln, als ursprünglich geplant. Das hat Folgen, da die zweiteilige Garnitur nicht geschlossen nach Zwickau fahren soll, sondern ein Teil Richtung Plauen verkehrt. Als nun der verspätete Zug aus Deutschland endlich da ist, wird er von so vielen Leuten gestürmt, daß wir uns entschließen, in den für uns scheinbar falschen, mit "Plauen" beschrifteten Zugteil einzusteigen. Als wir gut sitzen, steigen plötzlich viele Leute aus dem vorderen Zugteil in unseren um. Der Grund: nicht die Beschriftung legt das Ziel fest, sondern der vordere Zugteil fährt planmäßig immer nach Plauen.

Trotz der zwei Teile ist unser Zug sehr gut gefüllt – nicht jeder erhält einen Sitzplatz. Mit fast 20-minütiger Verspätung fahren wir in Karlovy Vary los. Leider erhöht sich diese Verspätung schon bis Sokolov auf 25 Minuten. Dies ändert sich auch nicht bis zur deutschen Grenze, womit unser Anschluß in Zwickau stark gefährdet ist, und eine zweistündige Verspätung droht.

In Zwotental wird unser Zug nochmals verstärkt, so daß wir bis Falkenstein dreiteilig unterwegs sind. Aufgrund der Fahrgastzahlen ist unverständlich, warum von dort nur ein Teil nach Zwickau weiterfährt und zwei nach Plauen. Unser Zwickauer Zugteil ist streckenweise recht überfüllt.

Positiv ist aber, daß aufgrund von Fahrplanreserven und flotter Fahrweise unsere Verspätung von Station zu Station zurückgeht. In Zwickau kommen wir nur noch 10 Minuten zu spät an, so daß mit etwas Eile beim Umsteigen unser Anschlußzug gut erreicht wird.

Jetzt sitzen wir wieder in der Erzgebirgsbahn und fahren das Tal der Zwickauer Mulde aufwärts nach Aue. Auch hier wird einiges an sehenswerter Landschaft geboten. Unter anderem geht es an Schloß Hartenstein vorbei, wo wir auch angesichts des bahnnahen Biergartens etwas bedauern, daß es nicht auf unserem Ausflugsprogramm steht. Nun ja – man kann ja wiederkommen.

In Lößnitz angekommen bleibt uns nur noch Abendessen und gemütliches Beisammensein in der "Neuen Schenke".


 
Desiro in Tschechien

Karlsbader Impressionen

Karlsbader Impressionen


Karlsbader Impressionen

Karlsbader Impressionen

 
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Zuletzt geändert am 10.6.2005 / © Edmund Lauterbach – Impressum / Kontakt