Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Januar 2018.
Bearbeitungsstand: 14.12.2017

 
 

 

Neue Trambahn­strecken – leider nicht in München

In München geht es mit dem Trambahn­ausbau aus diversen Gründen – häufig politisch motiviert – nur zäh weiter. Die Planungen zur West­tangente laufen dank des Eingehens auf viele Änderungs­wünsche zugunsten des Auto­verkehrs nun bereits über viele Jahre. Das Projekt ist immer noch nicht in trockenen Tüchern. Ein Jahrzehnt Diskussionen und Planungen für die zweite Stammstrecke haben zu großen Verzögerungen bei der Laimer Umwelt­verbund­röhre geführt, die Voraussetzung für eine durchgehende West­tangente ist. Eine vorgezogene Realisierung des Umbaus in Laim wird von der DB blockiert.

Bei der Nord­tangente und dem Ersatz der Busse im Englischen Garten durch eine Trambahn­trasse keimte im Laufe des Jahres Hoffnung auf. Der Wille, Fahrverbote für Diesel­fahrzeuge in München unbedingt zu verhindern, führte zu einer Initiative von Minister­präsident Seehofer und in Folge zu einem Kabinetts­beschluss für die Trambahn. Wie es momentan aussieht, wird Seehofer aber als Minister­präsident abgelöst, bevor baureife Pläne vorliegen. Der designierte Nachfolger Markus Söder hat sich als Finanz- und Heimat­minister, und damit als "Hausherr" des Englischen Gartens, gegen eine Trambahn­trasse ausgesprochen. Er hat zwar angekündigt, sich an existierende Beschlüsse zu halten, aber das bleibt erst einmal abzuwarten. Die Wankel­mütigkeit der Politik zeigt sich auch daran, dass die Mehrheit für die Tram im Münchner Stadtrat neuerdings als labil bezeichnet wird.

Im Artikel "MVG plant massiven ÖPNV-Ausbau" auf tramreport.de liest man viel über interessante und wichtige Pläne zu Takt­verdichtungen und neuen Linien­führungen. Die einzige Neubau­maß­nahme bis 2021 im Tramnetz ist aber eine Gleis­verbindung zwischen Arnulf- und Prielmayer­straße am Hauptbahnhof.

Foto 630*221 - Tram in Steinhausen/Berg am Laim
Im Dezember 2016 wurde in München die Trambahn nach Steinhausen eröffnet

In anderen Städten ist man weiter. Dort wurden zum Fahrplan­wechsel neue Strecken eröffnet, statt nur Pläne vorzustellen. Die geografisch nächste Stadt mit einer aktuellen Trambahn­verlängerung ist Innsbruck. Dort hat man die Linie 3 ein ganzes Stück nach Westen verlängert, wo sie alternierend zwei neue Endpunkte bedient. In Stuttgart gibt es eine Änderung der Linien­führung im Norden mit einem Neubau­abschnitt für die Linie 12.

Auch in Potsdam fährt die Straßen­bahn nun etwas weiter in den Norden. Das Tramnetz ist um gut einen Kilometer gewachsen und erreicht den sogenannten Campus Jungfern­see. Diese Verlängerung ist wegen einiger im Gegenzug gekürzter Bus­verbindungen nicht unumstritten. Auch auf Drängen von PRO BAHN konnte aber erreicht werden, dass die neue Tramlinie werktags ganztägig alle zehn Minuten verkehrt, und dass nicht alle Buslinien am neuen Endpunkt gekappt wurden.

Ein weiterer Campus wurde in Chemnitz angeschlossen. Hier fahren die Bahnen nun zum Technologie-Campus der Technischen Universität. Am dortigen Endpunkt soll mit der Stufe 2 des Chemnitzer Modells (Straßen­bahnen auf Eisenbahn­gleisen) später die Verbindung nach Thalheim, Zwönitz und Aue anschließen. In diesem Zusammenhang drohte zunächst eine Still­legung des Abschnitts Thalheim – Aue, die aber dank einiger Proteste inzwischen abgewendet wurde.

Neben Innsbruck gibt es auch anderswo im grenznahen Ausland wichtige Schritte hin zu modernem Verkehr. Luxemburg als kleinste, aber vielleicht nicht unwichtigste der zu nennenden Städte machte den größten Schritt: die Luxtram ging in Betrieb. Zusammen mit dem neuen Bahnhof Kirchberg-Pfaffenthal und der zugehörigen Stand­seilbahn wird ein Teil des Luxemburger Verkehrs völlig umgekrempelt. Ganz neue Verkehrs­beziehungen erwartet sich Zürich von den Trambahn­gleisen auf der Hardbrücke. Dort entstand auch eine weitere Verknüpfung zwischen Tram- und S-Bahn-Netz. Der Bahnhof im französischen St. Louis wird seit dem Wochenende von der Basler Tram­linie 3 angefahren. Damit erhält Basel seine zweite internationale Tram­verbindung.

Man sieht, die Trambahn ist in vielen Städten das Verkehrsmittel der Wahl. Das stand eigentlich auch in großen Teilen der Münchner Bevölkerung nie in Frage. Verzögerungen und Blockaden verdanken wir überwiegend politischen Einflüssen oder dem Nachgeben der Politik gegenüber einer Kfz-fixierten Minderheit. Bleibt zu hoffen, dass die aktuelle Klima- und Abgas­diskussion auch in einigen Politiker­köpfen zu einem Umdenken führt. München braucht mehr Trambahn­strecken. Und damit es nicht immer wieder zu den bekannten Hänge­partien kommt, die mit Recht zu Unmut bei den Münchnern führen, muss das Budget und die Planungs­kapazität so aufgestockt werden, dass die Projekte und Planungen zügig umgesetzt werden. Die Ungeduld mit einer sehr auf den Autoverkehr ausgerichteten Politik wächst immer schneller.

Verweise zu den genannten Trambahn­projekten findet man in Meldungen vom 8. und 9. Dezember auf www.pro-bahn.de/aktuell. Presse­berichte zu den Neueröffnungen sind mit Datum zwischen dem 8. und 11. Dezember auf twitter.com/bahnoev verlinkt.

Edmund Lauterbach

 

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