Dieser Text basiert auf einem Artikel
für die PRO BAHN Post Dezember 2017. Bearbeitungsstand: 14.11.2017 |
Verkehrswende in Zürich – mehr Autos in München Anfang November konnte man in einer Pressemitteilung lesen, dass die Stadt Zürich den
selbst gesetzten Ziele einer Reduzierung des motorisierten
Individualverkehrs (MIV) sehr nahe ist. Zitat:
Auch anderen Schweizer Städten ist etwas gelungen, von dem deutsche Städte träumen: das Verkehrswachstum wurde durch Öffentlichen Verkehr und Radverkehr aufgefangen. Nicht nur, dass wir in Deutschland weit weg von solch einer Entwicklung sind, die Tendenz läuft dank stümperhafter Verkehrspolitik von Bund, Ländern und Kommunen genau in die falsche Richtung: Der Autoverkehr wächst. Beispiel München: Die Abendzeitung vermeldet "Immer mehr Autos im Stadtgebiet", der Bayerische Rundfunk nimmt sich den Nöten der Autofahrer an: "Bremst München die Autofahrer bewusst aus?" und auch in den Stadtvierteln gibt es Zustimmung dazu, etwas zu opfern, um "Mehr Platz für Autofahrer" (also eigentlich für Autos) zu schaffen. Dagegen kommt man in der bayerischen Hauptstadt mit dem Trambahnausbau nicht weiter und der U-Bahn-Bau ist bekanntlich nicht ganz billig und dauert auch eine Weile. Der einzige Bereich, in dem man sofort etwas tun kann – mehr Buslinien, mehr und längere Busse – hilft bei Stau nicht sonderlich weiter (selbst der Sinn von Busspuren wird in München angezweifelt), und führt zu Platzproblemen an Knotenpunkt-Haltstellen. Bezüglich Fahrradfreundlichkeit kann die selbsternannte "Radlhauptstadt" viel besser schöne Konzepte aufstellen, statt wirklich etwas zu tun. Überhaupt kein Rezept hat München gegen Gehsteigparker in Wohngebieten. Es gibt Gegenden, da ist man als Fußgänger – insbesondere mit Gepäck oder Kinderwagen – gezwungen, auf der Fahrbahn zu laufen, weil der Gehweg von immer größer werdenden PKW blockiert ist. Jede Art von Unrechtsbewusstsein prallt am vermeintlichen Recht ab, sein Auto in Reichweite zu parken, also letztlich am Recht des Stärkeren – eine Philosophie wie im Mittelalter, bei der die Rücksichtslosigkeit zunimmt und die Stadt München zuschaut. Dass nebenbei dann auch Haltestellen und Tramtrassen zugeparkt werden, ist ein dem ÖV-Nutzer bekannter Nebeneffekt. Warum geht es nicht nur in München, sondern in fast allen deutschen Städten, in die falsche Richtung? Es entsteht der Eindruck, dass man sehenden Auges in ein immer größeres Dilemma hinein rennt. Finden "Lobby-Manöver", wie sie die Autoindustrie erfolgreich in Brüssel veranstaltet, um ihre miesen Abgaswerte behalten zu können, auf allen Ebenen statt? In Rathäusern, Ämtern und Ministerien? Liegen die Ursachen des Versagens mehr in der Unfähigkeit der Verantwortlichen in Stadt und Land begründet, oder in deren mangelndem Willen? Oder sind die Deutschen einfach anders gestrickt als die Schweizer und die Verkehrswende bleibt hier ein unerreichbares Ziel? Für Leute und Verbände, die etwas ändern wollen, sind die Verhältnisse extrem mühsam. Die Politik ist inzwischen sehr geübt darin, Forderungen zwar zuzustimmen, und sie mit Worten zu unterstützen, aber wenn es um konkrete Aktionen geht, passiert so gut wie nichts. Diese demotivierende politische Strategie hat dazu geführt, dass ehrenamtliches Engagement sehr kräftezehrend geworden ist. Man braucht einem langem Atem und möglichst viele Verbündete. PRO BAHN Oberbayern ist Mitglied im Aktionsbündnis für saubere Luft in München, beim dem die Verkehrswende das Ziel aller Bemühungen ist. Der Ausbau des Öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV) ist dabei einer der wichtigsten Bausteine. Zürich werden wir nicht mehr einholen – die Schweizer kann man ob ihrer Haltung zu Verkehrsfragen und ihrer Verkehrspolitik nur beglückwünschen und beneiden. Daran, dass sich auch das Autoland Deutschland und die BMW-Stadt München in Richtung Verkehrswende bewegt, arbeiten wir. Und je mehr Unterstützung wir bekommen, umso besser sind unsere Chancen. Edmund Lauterbach |
Querverweise (zum Teil bereits im Text)
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