Musikalisches Fest mit innovativem Bühnenbild in Plauen


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www.theater-plauen-zwickau.de



Besuchte Vorstellung 2. Mai 2025 (Premiere)







Regie


Dirk Löschner

Dirigent


Paul Taubitz

Chorleitung


Michael Konstantin

Bühne und Kostümer


Christopher Melching

Version


Kaye-Keck

Sprache


Deutsch mit deutschen Übertiteln




Hoffmann


Daniel Schliewa

Muse


Joanna Jaworowska

Olympia


Elisabeth Birgmeier

Antonia


Christina Maria Gass

Giulietta


Malgorzata Pawlowska

Widersacher


Alik Abdukayumov







Rettet das Theater Plauen-Zwickau

Der Fortbestand des Theaters Plauen- Zwickau ist leider gefährdet, da die künftige Finanzierung des Theaters nicht geklärt ist. Mit den gegenwärtigen Zuschüssen von Gesellschaftern, Kulturraum und vom Freistaat Sachsen können die Kosten- steigerungen nicht mehr gedeckt werden. Man kann eine Petition unterschreiben, um für den Fortbestand dieser erfolgreichen Theater zu werben.

https://www.openpetition.de/ztpxj

oder zun Erhalt der beiden Theater spenden:

www.theater-plauen-zwickau.de/spenden.php

Man kann auch in den ausliegenden Listen in den Theatern unterzeichnen.


Fazit: Ein »Hoffmann«, der spontan zu einem Publikumsliebling wurde, wenn auch das anheimelnde Theater am Premierenabend nur zu 90% besetzt war. Das mag am langen Brückenwochende und am schönen Wetter gelegen sein. Schon innerhalb einer Minute spendete das Publikum stehend Schlussapplaus, was ganz selten vorkommt. Musikalisch war alles auf bestem Niveau deutscher Theater, sowohl orchestral wie auch stimmlich. Innovativ war die Gestaltung des Bühnenbildes, Das Publikum ging gut mit und spendete häufigen Szenenapplaus. Die Erlebnisse Hoffmanns wurden richtig erzählt, und erfreulicherweise gab es keine eigenmächtigen Verfremdungen und keine Bizarrerien. Ich hatte da gewisse Befürchtungen gehegt, den die Oper war als Fantasy-Oper angekündigt. Aber nein, es gab kein banales Hollywood. Die Auswahl der Nummern war mit einer Ausnahme gut und gelungen. Man merkte, dass sich das Regieteam bemühte, die Kosten für diese Inszenierung niedrig zu halten, was aber der Qualität des Theatererlebnisses keinen Abbruch tat. Hingehen und anschauen.


Die beiden nicht weit voneinander entfernten sächsischen Städte Plauen und Zwickau bilden einen sinnvollen Theaterverbund, und die Inszenierungen werden an beiden Orten gespielt, in Plauen im Vogtlandtheater und in Zwickau im Gewandhaus. Dort hatte ich 2007, kurz nach Ausbruch meiner Hoffmannie, einen erfreulichen »Hoffmann« gesehen. Nun fand die Premiere im benachbarten Plauen statt. Das Plauener Theater wurde 1890 in klassischem halbrundem Stil eröffnet und im 2. Weltkrieg zerstört. Die sowjetische Besatzungsmacht sorgte dafür, dass schon vor Ablauf des Jahres 1945 an diesem Ort wieder Theater gespielt werden konnte.


Das Vogtlandtheater liegt ruhig mitten in Plauen umgeben von einigem Grün und hat 470 Plätze. 12 Reihen im Parkett und darüber zwei Ränge. Über den Zuschauern schwebt ein prächtiger Kristallkandelaber. Im Orchester zählte ich trotz kleinem Theater drei Kontrabässe und vier Celli. Wir Zuschauer wurden mit Sprüchen aus der Künstlichen Intelligenz begrüßt. Die schöne neue digitale Welt kündigte sich an. Im Publikum überwogen die älteren Semester. Die Zusammenarbeit mit der Presseabteilung war freundlich und problemlos.



Die Muse, rechts und links die Schnüre der Panele, davor der Chor



Interessant war die Bühnengestaltung, die während der gesamten Oper die gleiche blieb. Wie soll ich sie beschreiben? Mehrere ca. sieben Meter hohe und vielleicht 2,50 m breite viereckige Rahmen, in die senkrecht weiße Schnüre parallel gespannt waren, vielleicht daumenbreit voneinander entfernt. Man stelle sich eine Harfe in einem rechteckigen Rahmen vor, oder einen riesigen Eierschneider, in Österreich und Südbayern Eierharfe. Diese senkrechten weißen Schnüre hatten zwei Funktionen. Zum einen wurde der Blick nach hinten leicht behindert, aber man konnte ahnen, was sich dort abzeichnete, zum anderen konnte man auf die weißen Schnüre allerlei Fantasievolles projizieren, und so den Raum farblich oder mit jeweils nötigen Formen gestalten. Diese Bühnengestaltung hatte ich noch nie gesehen. Sie gab der Bühne einen luftigen und ätherschen Eindruck. Das war neu, und ich kann mir vorstellen, dass diese Bühnengestaltung Schule machen wird.



Hoffmanns Freunde in Lutters Kneipe waren identisch in Schwarz gekleidet und trugen die digitalen Ziffern 1 und 0. Schön maestoso erklangen die Auftakte. Endlich hatte wieder ein Dirigent die Partitur gelesen. Zwischen den Elementen und Hoffmanns Freunden erschien zauberhaft mit zahlreichen LEDs verziert die Muse. Ich musste spontan an die Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte denken. Stella wurde in der Oper singend auf eines der Panele projiziert. Sehr vielversprechend, dieser Beginn.

Lindorf bedrängte den Briefboten und stellte sich mit voluminösem Bassbariton und guter Mimik vor. Wirt Lutter war ganz in Rot gekleidet inmitten der 25 Choristen. Hoffmann war schon äußerlich mit seinen langen Haaren als unkonventioneller Typ charakterisiert. Seine Muse trug nun einen Hosenanzug. Der Klein-Zaches wurde gut intoniert, und auf der Bühne wurde es immer dunkler, je mehr Hoffmann den hässlichen Zwerg beschrieb. Es wurde wieder hell, als Hoffmann zu Stella überging und sich bewusst wurde, dass er sich verirrt hatte. Applaus, und Ermutigung für den Hoffmann, der diese Rolle zum ersten Mal sang. Er wurde als erfolgreicher Autor vorgestellt. Als Hoffmanns Freunde die Trinklieder anstimmten, waberten züngelnde Flammen und Dämpfe aus der Feuerzangenbowle. Applaus für den Chor und diese Szene.



Ein Vorhang ging zu, und darauf wurde projiziert: Kommt Kunst von Können? - KI: Nein, sie kommt von Künstlich, denn sonst wäre sie Natur.Vorher konnten wir lesen: Liebe KI, warum gibt es Kunst? - KI: Für die kommerzielle Verwertung. (So gechieht das bekanntlich in Hollywood, wo künstlerischer Wert in Dollars gemessen wird.)


Spalanzani war als eine Art Wissenschaftler oder Ingenieur gekleidet, und hinter den semitransparenten Schnur-Elementen wurde schon Olympia sichtbar. Die Muse sang lebhaft die Gockelarie, und dazu flatterten projizierte Hühner über die Panele. Coppelius kam herein mit einem Gürtel voller Instrumente, die damals gerade erfunden worden waren: Hygrometer, Barometer. Applaus für die Anpreisung Olympias: Herrliches Kind. Spalanzanis Gäste waren identisch gekleidet mit Perücken und schwarz-gelben Streifen, die mich irgendwie an Wespen erinnerten.


Olympia wurde ine einer kleinen muschelförmigen Bühne hereingefahren. Superschnell und präzise kam das Lob des Chores auf ihre Augen. Schneller geht’s nimmer. Olympia war als zartes junges Püppchen gestylt. Als sie zum ersten Mal schwächelte, floh sie auf ihre kleine Bühne. Eine strahlende Koloratur bis in höchste Höhen erfreute uns. Dazu mimte sie abwechslungsreich. Beim zweiten Schwächeln flüchtete sie sich zu Spalanzani, der sie wieder in Gang brachte. Kräftiger und langanhaltender Applaus mit Jubel belohnte sie.



Als Hoffmann sie verliebt anhimmelte, reagierte sie nur gelangweilt. Nachdem Olympia weggelaufen war, kam der um sein Geld betrogene Coppelius mit Teilen der Olympia wieder herein. Splanzani und Coppelius prügelten sich, und Hoffmann klammerte sich an Teile der zerstörten Olympia. Applaus und einzige Pause.



Zu den Auftakten zum Antonia-Akt zuckten wilde Lichter über ide Schnurpanele. Antonia lag auf einem großen quadratischen Bett. Mit bezaubernder Stimme stellte sie sich vor. Durch die Schnüre leuchtete ein lebensgroßes Portrait ihrer Mutter. Zur Geigenarie der Muse schwieg das Orchester, aber ein Geiger stand auf der Bühne und begleitete meine Lieblingsarie. Dann stimmte das Orchester ein, und steigerte die Dramatik der mit Emotion intonierten Arie. Und verdienter Applaus..


Stürmisch begrüßten sich Hoffmann und Antonia. Und wieder Applaus für ein Duett Hoffmann – Antonia. Zur Ferndiagnose des Mirakel erschien eine stumme Antonia hinter den Schnurpanelen. Ein gewaltiges Terzett Hoffmann – Mirakel - Krespel erklang. Zum Terzett Antonia – Mutter – Mirakel trat die Mutter in langer Robe auf. Drei perfekte Stimmen verzauberten uns. Antonia: Ich fühle den Tod und bin so selig. Applaus für diese grandiose Gesangsleistung brandete auf, doch der Dirigent ließ nach ein paar Sekunden weiterspielen. In einem dramatischen Finale sang sich Antonia bei ihrem Vater zu Tode.



Ah, damit ich es nicht vergesse, es gab KEIN Couplet des Franz. Bravo! Endlich hatte es wieder eine Regie gewagt, diesen Fremdkörper im Antonia-Akt wegzulassen. Und niemand schien ihn zu vermissen. Im Gegenteil, die Entwicklung der Handlung dieses Aktes verlief viel flüssiger.


Zu Beginn des Giulietta-Aktes wurde eine Gondel mit einem Gondoliere angedeutet. Gondeln im Giulietta-Akt werden immer seltener. Zu Beginn der Orchesterbegleitung ertönte keine Piccoloflöte, aber leider setzte sie dann doch ein, und ziemlich laut. Eine rothaarige Giulietta trug einen sexy figurbetonenden Overall. Oh je, dann erklangen die einleitenden Töne zur werksfremden Spiegelarie. Wenn man schon die teure Kaye-Keck-Version spielt, könnte man doch eine der beiden Originalarien Jacques Offenbachs singen, die in der Kaye-Keck-Version enthalten sind. Naja, der Fremdkörper wurde immerhin gut gesungen und beklatscht. Diamanten wurden dazu auf die Schnurpanele projiziert. Giulietta bezauberte mit sinnlichem Gesang. Sie war als laszives und verführerisches Flittchen gestylt.


Zum symbolischen Degenduell pfiff wieder das Piccolo, aber zu der bedrohlichen Stimmung in dieser Szene passte es. Hoffmann kam wieder mit dem eroberten Schlüssel zu Giuliettas Boudoir. Zum Verlust des Spiegelbildes wurden Hoffmann und Giulietta auf die Schnurpanele projiziert, und dabei verschwand das Bild des Hoffmann einfach. Der leibhaftige Hoffmann blieb stehen, hatte aber nun kein Spiegelbild mehr. Anschaulich gelöst. Hatte ich so auch noch nicht gesehen. Und gleich darauf flirtete die treulose Giulietta mit ihrem Pitichinaccio. Dapertutto zeigte dem betrogenen Hoffmann anschaulich: Du hast kein Spiegelbild mehr. Der gesamte Chor hielt ihm Handspiegel vor: Da schau, was du verloren hast. Die Polizei kam, um Hoffmann zu verhaften, doch der hatte inzwischen eine Pistole. Und damit erschoss er Giuliettas Schoßhündchen Pitichinaccio und den halben Chor, der ihn verlacht hatte, und dann sich selbst. Applaus, und Übergang zum Finale, eingeleitet durch den Hörnerchor.



Hoffmann erwachte wieder aus seinen Fieberträumen, und der melancholische a cappella-Männerchor erklang, einfühlsam gesungen. Stella kam in blauem Kostüm, doch Hoffmann erkannte sie nicht, worauf sie wieder ging. Dann sang Hoffmann dem Lindorf den Rest des Klein-Zaches. Der bedankte sich, indem er dem erledigten Hoffmann mitleidig ein paar Geldscheine zuwarf. Und dann lag Hoffmann trunken am Boden.



Ein bezauberndes Bild wurde sichtbar, als die leuchtende Muse wieder erschien, dazu die Nummer: Macht die Liebe auch groß, man wird größer durch den Schmerz. Dadurch wurde Hoffmann wieder quicklebendig, und die drei Frauen aus seinen Geschichten umringten ihn. Doch die. Gestalten ignorierten den Dichter, der sie geschaffen hatte. Literatur ist Literatur, und Leben ist Leben. Und so mancher geniale Autor endete im Elend. Seine Schöpfungen leben, der Schöpfer ist vergessen. Dann kam Lindorf und zog den Starkstromstecker raus, und die Oper war zu Ende.


Applaus brandete auf, und schon nach Sekunden standen die ersten Zuschauer auf. Innerhalb einer Minute spendete das gesamte Theater Applaus im Stehen. Das hatte ich kaum je erlebt. Applaus für Chor und Chorleiter, Jubel schon für die Mutter, großer Jubel für Olympia, Antonia und Giulietta sowie für die Muse, auch für den Widersacher und lauter Jubel für den Hoffmann. Und dann Riesenjubel für den Dirigenten und das Orchester. Auch das Regieteam wurde beklatscht. Die Solisten bekamen Rosen. Der Applaus wurde allerdings nach acht Minuten vom Intendanten = Regisseur unterbrochen, denn ein langjähriger Chorist wurde für 42 Jahre Zugehörigkeit zum Theater geehrt. Und so erfuhren wir nicht, wie lange der Schlussapplaus für die Oper gedauert hätte. Ich schätze, der wäre locker über die zehn Minuten gegangen.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen bei und beim Fotografen...... Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.


Das hochverehrte Publikum war zur Premierenfeier eingeladen. Und der Intendant = Regisseur bedankte sich detailliert bei allen Mitwirkenden, und zu allen wusste er etwas Anekdotisches hinzuzufügen, so dass sich seine Rede ziemlich hinzog. Und da er sich als Regisseur nicht selbst preisen konnte, erledigte das ein weiterer Herr. Und das Publikum lauschte geduldig. Noch längere Intendantenreden hatte ich nur in Rheinsberg und an der Volksoper Stockholm gehört. Die eigentliche Premierenfeier dauerte dann nicht mehr lange und war mit Rheinsberg die kürzeste, die ich erlebte.

Auf der Premierenfeier entstanden diese Bilder:




Hoffmann nach seinem Rollendebut


Antonia, Olympia und die Muse




















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