Für Freitag steht ein größerer Ausflug auf dem
Programm: Bremen und Bremerhaven. Für diesen Ausflug ist das
Niedersachsenticket der geeignete Fahrschein, da es nicht nur in den
Zügen von Nord-West-Bahn (NWB) und Deutscher Bahn, sondern auch
auf allen Linien im Verkehrsverbund Bremen-Niedersachen (VBN) gilt.
Ich steige also morgens in den Triebwagen der NWB, der Esens um
9:02 Uhr verlassen soll. Die einzige Möglichkeit zum
Fahrscheinkauf ist der Automat im Fahrzeug. Da ich nicht alleine
einsteige, bildet sich vor dem Automaten eine kleine Schlange. Als ich
an der Reihe bin, suche ich in den verschiedenen Menüebenen des
Fahrscheinautomaten das Niedersachsenticket. Leider ohne Erfolg. Und
ich bin nicht der einzige Fahrgast, dem es so ergeht.
Ich gehe nach vorne zum Fahrzeugführer und schildere ihm mein
Problem. Der scheint die Situation zu kennen, und klärt mich auf:
der Automat ist so eingestellt, daß das Niedersachsenticket,
das erst ab neun Uhr gilt, vorher auch nicht verkauft wird. Bei einer
Abfahrtszeit um kurz nach neun Uhr und doch recht zahlreich
zusteigenden Fahrgästen, verwandelt sich diese sicher gut gemeinte
Idee in etwas eher Hinderliches. Irgendwann ist es neun Uhr geworden,
und ich kann den gewünschten Fahrschein erwerben.
Die Strecke ist mir ja bereits von der Hinfahrt her bekannt, ebenso
das notwendige Umsteigen in Sande. In Oldenburg verlasse ich die NWB
und steige in einen Doppelstockzug der DB. Mit diesem Zug geht es dann
über Delmenhorst nach Bremen.
Bremen kenne ich schon von Aufenthalten in früheren Jahren. Es
ist aber immer wieder einen Besuch wert. Für meinen heutigen
Besuch beschränke ich mich auf das Umfeld der Altstadt. Markt,
Roland, Dom, Böttgerstraße sind die Dinge, die man
sich üblicherweise anschaut. Und wenn man am anderen Ende der
Böttgerstraße ankommt, ist es nicht weit zur Weser, wo man
natürlich auch mal vorbeischauen muß.
Als Pause vom Herumlaufen fahre ich etwas mit der Straßenbahn
durch Bremen. Die neueren Straßenbahnwagen sehe ich eigentlich
nur mit Vollreklame. Bei den selten gewordenen älteren Typen
bemerke ich – wie auch bei vorherigen Besuchen – zwei
verschiedene Lackierungen. Zur Zeit steht weiß mit roten
Streifen und die sich auch woanders verbreitenden weißen Bahnen
mit rot lackierten Vorderteilen zur Auswahl. Diese Farbvariante ist
wohl ebenso ein Zeitgeist-Symptom wie der Verzicht vieler Unternehmen
des Öffentlichen Verkehrs auf Kontinuität in der
Außendarstellung. Neuer Manager, neues Farbkonzept – ein
bekanntes Phänomen der Branche. Und der Eindruck, daß die
Werbekunden den Unternehmen wichtiger als die Fahrgäste geworden
sind, drängt sich auch vielerorts auf.
Nachdem mich die Straßenbahn wieder in der Innenstadt
abgesetzt hat, laufe ich ein wenig durch das Schnoor-Viertel und kehre
später kurz ins Brauereigasthaus Schüttinger ein.
Vom Bremer Hauptbahnhof aus setze ich meinen Ausflug in einen Zug der DB Richtung Bremerhaven fort. Dort angekommen kann ich dank
Niedersachenticket einen Stadtbus nutzen, um vom Hauptbahnhof etwas
näher an Fußgängerzone und Weser zu kommen.
Direkt an der Weser befindet sich das Deutsche Schiffahrtsmuseum.
Daneben liegen im Becken des alten Hafens viele historische Schiffe.
Der Blick über die Wesermündung ist etwas vom Dunst
getrübt. Etwas südlich sieht man die Weserfähre.
Und mittels dieser Fähre möchte ich auf die andere
Weserseite gelangen. Vom offenen Oberdeck der Fähre hat man einen
schönen Blick über den Fluß und auf Bremerhaven. An
Bord gibt es sogar eine kleine Cafeteria. Das Autodeck der Fähre
ist bei weitem nicht voll. Seit einigen Jahren gibt es südlich von
Bremerhaven den Wesertunnel, so daß die Fähre wohl
überwiegend dem lokalen Verkehr dient.
Der Fähranleger auf der linken Weserseite liegt im Nordenhamer
Ortsteil Blexen. Die Fähre hat zwar etwas Verspätung, aber
der Linienbus, der mich zum Nordenhamer Bahnhof bringen soll, wartet.
So bin ich so frühzeitig in Nordenham, daß ich in der
dortigen Fußgängerzone noch etwas Proviant für den Rest
des Ausflugs besorgen kann.
Von Nordenham nach Rodenkirchen ist es nur eine kurze Bahnfahrt in
einem Elektrotriebwagen der Baureihe 425. Rodenkirchen liegt in der
Wesermarsch und gehört zur Gemeinde Stadtland. Vor dem Bahnhof
gibt es einen auffallend großen Platz mit einem hallenartigen
Gebäude. Von einer Schautafel erfahre ich, daß hier
früher eine Art Pferdemarkt abgehalten wurde.
Bemerkenswert ist das schöne und große
Bahnhofsgebäude, das aber nur noch privat genutzt wird. Am
Gebäude fällt mir die Hochwassermarke von 1962 auf.
Grund meines Aufenthaltes hier ist die Haltestelle einer Buslinie,
die von Bremerhaven durch den Wesertunnel kommt und weiter nach
Wilhelmshaven verkehrt. Auf dem Abschnitt Rodenkirchen – Varel
folgt die Linie damit einer ehemaligen Kleinbahnstrecke.
Leider kommt der Bus mit zehn Minuten Verspätung an, weil er
wohl vor Rodenkirchen an einer Bahnschranke warten mußte. Der
Busfahrer möchte zunächst mein Niedersachsenticket nicht
anerkennen, mein Hinweis, daß wir uns noch im VBN befinden zeigt
aber Erfolg. Ich zahle nur für den Abschnitt außerhalb des
Verbunds.
Meine Hoffnung, daß der Bus auf dieser Überlandstrecke
Verspätung aufholen kann, erfüllt sich trotz seltener Halte
nicht. Das Fahrzeug ist nur ein Kleinbus, der vielleicht nicht so ganz
die Leistung bringt, die für eine solche Strecke, inklusive eines
kurzen Stücks Autobahn, wünschenswert ist. Ich suche mir aus
einem Fahrplan der NWB eine Service-Telefonnummer heraus, in der
Hoffnung, daß mein Anschlußzug vielleicht einige Minuten
warten kann. Der Service der NWB ist aber freitags kurz vor 19 Uhr
nicht mehr besetzt.
Am Bahnhof in Sande kommen wir zwölf Minuten zu spät an.
Mein Zug nach Esens ist damit seit vier Minuten weg. Was tun? Im
Bahnhof ist sowohl der Schalter als auch der Imbiß
geschlossen, der Bahnhof liegt außerhalb des Ortes und der
nächste Zug geht in einer Stunde. Gestrandet im Nirgendwo.
Weil ich wußte, daß ich relativ spät in Esens
ankomme, hatte ich eigentlich ein Abendessen beim Italiener
"Don Camillo" am Esenser Bahnhof geplant. Das Abendessen
jetzt zwangsweise nochmals um eine Stunde zu verschieben, finde ich
gar nicht lustig. Ich mache mich auf den Weg Richtung Sander Ortsmitte.
Und ich habe Glück. Auf halber Strecke liegt das
"Landhaus Tapken". Da ich den letzten Zug des
Tages nicht verpassen möchte, erkundige ich mich zunächst, ob
ich in der verbleibenden Zeit etwas zu Essen bekommen kann. Mit Blick
in die Speisekarte wird ein unter diesen Umständen machbares
Gericht ausgesucht. Das funktioniert dann auch wunderbar und das Essen
ist trotz der Eile sehr gut.
Ohne Probleme bin ich rechtzeitig am Bahnhof zurück, um
festzustellen, daß der Zug wegen verspätetem Anschluß
aus Oldenburg fünf Minuten später abfährt.
Auch an diesem Abend komme ich irgendwann im Hotel an, und
vielleicht war das Abendessen in Sande sogar besser als bei "Don
Camillo", den ich auf dieser Reise nun nicht kennenlerne.
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