Dieser Text erschien 1998 in der PRO BAHN Post und wurde im Juni 1999 überarbeitet.

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Im August 2009 wurde das Layout der Netzgrafiken überarbeitet, da die alten Grafiken aufgrund der 1999 eingesetzten Werkzeuge nicht mehr dem Stand der Technik entsprachen. Die Inhalte von Grafik und Text wurden nicht verändert, obwohl aufgrund geänderter Randbedingungen eine heutige Analyse zu teilweise abweichenden Vorschlägen kommen müsste.
 


 
U-Bahn 2000 plus X

– Ein Denkmodell –
 

Die Münchner U-Bahn ist unzweifelhaft ein Verkehrsmittel, das das Bild des MVV in der Öffentlichkeit prägt. Im Vergleich zu meist älteren U-Bahn-Systemen in anderen Städten, aber auch zur S-Bahn, hebt sich die Münchner U-Bahn durch Zuverlässigkeit und Sauberkeit ab. Ein weiterer Punkt, in dem sich München in der Vergangenheit von anderen U-Bahn-Städten unterschied, ist die Tatsache, daß die Fortentwicklung des U-Bahn-Systems energisch vorangetrieben wurde.

In letzter Zeit konnte man jedoch den Eindruck gewinnen, daß sich diese Entwicklung allmählich einem Wendepunkt nähert. Die zuletzt eröffneten U-Bahn-Strecken führen in Stadtgebiete, für die eine U-Bahn schon nicht mehr das Optimum einer Erschließung durch öffentliche Verkehrsmittel bedeutet. Das System U-Bahn kann seine Vorteile von Schnelligkeit und Verkehrsunabhängigkeit außerhalb der direkten Innenstadt nur bei konzentrierter Wohn- oder Gewerbebebauung ausspielen. Ist diese nicht vorhanden, entstehen aufgrund der größeren Haltestellenabständen von U-Bahnen eher Nachteile.

Unter diesem Aspekt sollte man eine weitere quantitative Ausdehnung des U-Bahn-Netzes überdenken und statt dessen Maßnahmen durchführen, die geeignet sind, die bestehende Qualität des Angebots zu erhalten und zu verbessern. Ein anderer Aspekt ist die Tatsache, daß ein Betriebskonzept gebraucht wird, das es erlaubt, auf den Außenstrecken eine dem Bedarf angepaßte Bedienung durchzuführen. Es kann nicht angehen, daß die für Riem benötigten U-Bahnen einfach von Neuperlach abgezogen werden.
 

Was sollte man noch bauen?

Im Folgenden wird davon ausgegangen, daß folgende geplante Außenstrecken noch gebaut werden:
U1 Verlängerung bis Olympia-Einkaufs-Zentrum (OEZ)
U3 Verlängerung über OEZ bis Moosach
U4 Verlängerung bis Englschalking
U5 Verlängerung bis Pasing
Die oben angesprochene Sicherung und Erhöhung der Angebotsqualität kann durch zwei verschieden Maßnahmenarten erfolgen: Zum einen bauliche Maßnahmen, die durch eine stärkere Vernetzung eine flexiblere Nutzung des Streckennetzes erlauben. Zum anderen ein angepaßtes Betriebskonzept.

Zunächst zu den baulichen Maßnahmen, die über die bestehenden Planungen hinausgehen:

  1. Die U1 wird nördlich vom OEZ fortgesetzt. Sie führt in eine Rechtskurve und mündet in den geplanten Bahnhof der U3 an der Moosacher Straße. Durch diese Maßnahme ist es möglich die U1 als direkte Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Olympiazentrum einzusetzen. Im Bahnhof Olympiazentrum kann ein Gleis zum Wenden der U1 benutzt werden.
     
  2. Die Linie U3 wird über Moosach nach Westen fortgeführt. Kurz vor Erreichen der Gleise der S-Bahnline 2 führt sie in einer Rechtskurve nach Norden und endet oberirdisch im S-Bahnhof Allach.
    (Die Idee einer U-Bahn nach Allach wurde 2010 zugunsten einer Weiterführung der Trambahn verworfen.)
     
  3. Die U5 wird nicht über "Am Knie" nach Pasing geführt, sondern über die Blumenau. Dadurch wird dieses dicht bebaute Gebiet angemessen erschlossen. Am Pasinger Bahnhof wird der U-Bahnhof in Nord-Süd-Lage ausgeführt, so daß außer in Richtung der S-Bahn-Gleise auch in Richtung Pasinger Marienplatz Aufgänge erstellt werden können.
    Mehr zum Thema: "U-Bahn für Pasing".
     
  4. Eines der Hauptprobleme des U-Bahn-Netzes ist, daß die von U3 und U6 gebildete Nord-Süd-Strecke im Bereich der Innenstadt deutlich stärker belastet ist als andere Strecken. Um dem abzuhelfen wird die Nutzung der unter der Theresienwiese liegenden Betriebsgleise für den Linienverkehr vorgeschlagen.
     
    Diese Betriebsstrecke mündet auf die U5 in Richtung Westen. Eine sinnvolle Nutzung im Linienbetrieb ist jedoch nur durch eine Anbindung Richtung Innenstadt möglich. Daher sind umfangreiche Umbaumaßnahmen notwendig. Für den Bahnhof "Theresienwiese" wird vorgeschlagen, die beiden bestehenden Gleise nur noch Richtung Innenstadt zu nutzen. Für stadtauswärts fahrende Züge wird etwa 100 Meter nordwestlich vom bestehenden ein komplett neuer (möglichst zweigleisiger) Bahnhof gebaut.
     
    Von den dann vorhandenen zwei Bahnsteigen zweigt jeweils ein Gleis in Richtung Laim – Pasing ab; das andere Gleis führt unter die Theresienwiese in Richtung Süden. Nordwestlich des bestehenden Bahnhofs "Poccistraße" an der U3 wird ein neuer Bahnhof "Bavariaring" gebaut. Dieser erhält genauso wie "Poccistraße" einen direkten Zugang zu einem auf dem Südring geplanten S-Bahnhof.
     
    Die bestehende Betriebsstrecke unter der Theresienwiese mündet eingleisig in den Bahnhof "Implerstraße". Für eine Liniennutzung sind auch hier Umbauten notwendig. In Fahrtrichtung Norden kann das bestehende Gleis benutzt werden. In Richtung Süden reicht in einer ersten Ausbaustufe eine zusätzliche Gleisverbindung, die zwischen "Poccistraße" und "Implerstraße" in das Gleis von U3 und U6 einmündet.
     
    Aus Kapazitätsgründen sollte "Implerstraße" längerfristig ein viertes Gleis erhalten. Bautechnisch ist dies wohl eher etwas versetzt vom bestehenden Bahnhof möglich – etwa unter Danklstraße. Von diesem eingleisigen Bahnhof muß selbstverständlich ein Fußgängertunnel direkt zum westlichen Seitenbahnsteig des existierenden Bahnhofs führen.
     
  5. Zwischen dem Bahnhof "Haderner Stern" und der über "Blumenau" geführten U5 kann eine Gleisverbindung errichtet werden. Dies ermöglicht bessere Verbindungen vom S- und Fernbahnhof Pasing in die Stadtteile südlich der Lindauer Autobahn und verringert die Konzentration der Fernreisenden auf den Hauptbahnhof.
     

Wie kann man das Netz nutzen?

Da sich Liniennetz und Betriebskonzept bei Überlegungen zu Bedarf, Auslastung und Kapazität nicht voneinander trennen lassen, werden im folgenden zu jeder vorgeschlagenen Linie entsprechende Anmerkungen gemacht. Grundsatz beim vorgestellten Liniennetz ist die Existenz von sechs Basislinien und sechs weiteren Ergänzungslinien. Wie die sich Linien einander ergänzen ist jedoch an den Bedarf des jeweiligen Streckenastes angepaßt.

Um Mißverständnisse zu vermeiden werden – anstatt Begriffe wie Hauptverkehrszeit oder Schwachlastzeit zu verwenden – drei Betriebsstufen (A, B, C) unterschieden. Die zeitliche Abgrenzung dieser Betriebsstufen kann dann flexibel gehandhabt werden – die Betriebsstufe B würde beispielsweise sonntags tagsüber gefahren, die Betriebsstufe C etwa im Nachtverkehr. Selbstverständlich sind Zwischenabstufungen möglich, und der Wechsel der Betriebsstufen sollte auch nicht auf allen Linien gleichzeitig erfolgen. Es wird von einem Grundtakt von 10 Minuten ausgegangen. Das System läßt sich aber genauso auf Grundtakte von 8 oder 6 Minuten übertragen.
U1 Olympiazentrum – OEZ – Westfriedhof – Rotkreuzplatz – Hauptbahnhof – Sendlinger Tor – Kolumbusplatz – Mangfallplatz
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: 20-Minuten-Takt
U2 Feldmoching – Harthof – Scheidplatz – Hauptbahnhof – Sendlinger Tor – Kolumbusplatz – Innsbrucker Ring – Trudering – Messestadt Ost
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: 20-Minuten-Takt
U3 Allach – Moosach – OEZ – Olympiazentrum – Scheidplatz – Münchner Freiheit – Odeonsplatz – Marienplatz – Sendlinger Tor – Implerstraße – Harras [– Haderner Stern – Klinikum Großhadern]
Betriebsstufe A: bis Harras, Betriebsstufe B und C: bis Klinikum Großhadern
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: 20-Minuten-Takt
U4 Englschalking – Arabellapark – Max-Weber-Platz – Odeonsplatz – Hauptbahnhof – Theresienwiese – Implerstraße – Obersendling – Fürstenried West
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: 20-Minuten-Takt
U5 Pasing – Blumenau – Laimer Platz – Westendstraße – Theresienwiese – Hauptbahnhof – Odeonsplatz – Max-Weber-Platz – Ostbahnhof – Innsbrucker Ring – Neuperlach Zentrum – Neuperlach Süd
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: 20-Minuten-Takt
U6 Garching – Fröttmaning – Münchner Freiheit – Odeonsplatz – Marienplatz – Sendlinger Tor – Implerstraße – Harras [– Haderner Stern – Blumenau – Pasing]
Betriebsstufe A und B: bis Pasing, Betriebsstufe C: bis Harras
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B und C: 20-Minuten-Takt
U7 OEZ – Rotkreuzplatz – Hauptbahnhof – Sendlinger Tor – Kolumbusplatz – Innsbrucker Ring – Neuperlach Süd
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B und C: kein Betrieb!
U8 [Moosach – OEZ –] Olympiazentrum – Scheidplatz – Hauptbahnhof – Sendlinger Tor – Kolumbusplatz – Innsbrucker Ring – Neuperlach Zentrum
Betriebsstufe A: ab Moosach , Betriebsstufe B: ab Olympiazentrum
Betriebsstufe A und B: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: kein Betrieb!
U9 Arabellapark – Max-Weber-Platz – Odeonsplatz – Hauptbahnhof – Theresienwiese – Implerstraße – Harras – Haderner Stern – Klinikum Großhadern
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B und C: kein Betrieb!
U10 Laimer Platz – Westendstraße – Theresienwiese – Hauptbahnhof – Odeonsplatz – Max-Weber-Platz – Ostbahnhof – Innsbrucker Ring / Trudering [– Messestadt Ost]
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B und C: kein Betrieb!
Bis Messestadt Ost nur zu Messezeiten, dann abhängig vom Publikumsaufkommen mit erweiterten Betriebszeiten.
 
Anmerkung: Ein durchgehender Betrieb einer zweiten U-Bahn-Linie bis zur Messe macht außerhalb der Messezeiten keinen Sinn. Ein Anschluß zur S-Bahn in Trudering aber schon. Leider gibt es keine Wendeanlage, auch nicht am Innsbrucker Ring, sondern nur eine Weichenverbindung zwischen Trudering und Moosfeld. Auch dies ist ein Zeichen dafür, daß beim U-Bahn-Ausbau zur Zeit unvernünftiger Weise nur quantitativ gedacht wird, anstatt ein Netz anzustreben, das den Bedürfnissen der Fahrgäste angepaßt ist. Die Folge: Für einen vernünftigen Betrieb müßten Baumaßnahmen ergriffen werden, was nachträglich unnötig teuer ist.
U11 Fröttmaning – Münchner Freiheit – Odeonsplatz – Marienplatz – Sendlinger Tor – Implerstraße [– Obersendling – Fürstenried West]
Betriebsstufe A: bis Fürstenried West, Betriebsstufe B: bis Implerstraße
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B: 20-Minuten-Takt, Betriebsstufe C: kein Betrieb!
U12 Harthof – Scheidplatz – Münchner Freiheit – Odeonsplatz – Marienplatz – Sendlinger Tor – Implerstraße
Betriebsstufe A: 10-Minuten-Takt, Betriebsstufe B und C: kein Betrieb!

Für viele Streckenabschnitte ergeben sich pro Stunde 12 Abfahrten je Richtung in der Betriebsstufe A, 6 in der Betriebsstufe B und 3 in der Betriebsstufe C. Dies gilt beispielsweise für die Bahnhöfe Fröttmaning, Harthof, Moosach, Rotkreuzplatz, Laimer Platz, Fürstenried West und Neuperlach Süd. Schwächer bedient, nämlich mit nur 6 Zügen pro Stunde in der Betriebsstufe A, werden zum Beispiel Mangfallplatz, Feldmoching, Allach und Garching.

Ein paar ausgewählte Bahnhöfe mit einer abweichenden Anzahl von Zügen pro Stunde (in einer Richtung):

Betriebsstufe

A

B

C

Linien

Marienplatz 24 12 6 U3, U6, U11, U12
Pasing 12 9 6 U5, U6
Harras 18 9 6 U3, U6, U9
Haderner Stern 12 9 3 U3, U6, U9
Silberhornstraße  18 12 3 U2, U7, U8
Neuperlach Zentrum 18 12 3 U5, U7, U8

Zum Schluß sei gesagt, daß das System durch Verdichtung des Grundtaktes (z.B. von 10 auf 8 Minuten), Verlängerung von Betriebszeiten (z.B. U9 auf dem Südast ganztägig) und Verlängerung von Linien (z.B. U10 bis Pasing) flexibel an sich ändernde Anforderungen angepaßt werden kann.
 
 

Skizze des vorgeschlagenen Liniennetzes

Netzgrafik

Betriebsstufe A
Betriebsstufe B
Betriebsstufe C
Betrieb zu Großmessen (Betriebsstufe B)
Betrieb zum Oktoberfest (Betriebsstufe B)
Durchgezogene Linien symbolisieren einen dichteren Takt pro Linie (z.B. 10-Minuten-Takt oder dichter); gestrichelte Linien jeweils den doppelten Taktabstand.

Es gibt auch noch eine PDF-Version der Netz-Skizze.

Zum real existierenden Münchner U-Bahn-Netz findet man etwas beim Münchner Verkehrsverbund und beim Betreiber der U-Bahn, der Münchner Verkehrsgesellschaft.



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Zuletzt geändert am 31.1.2010 / © Edmund Lauterbach – Impressum / Kontakt