Hoffmannesker »Hoffmann« an der Komischen Oper Berlin

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www.komische-oper-berlin.de

Besuchte Vorstellung 2. Oktober 2015 (Premiere)






Regie


Barrie Kosky

Dirigent


Stefan Blunier

Chorleitung


David Cavelius

Bühnenbild und Kostüme


Katrin Lea Tag

Version


Kaye-Keck

Sprache


Französisch




Hoffmann I (Sprechrolle)


Uwe Schönbeck

Hoffmann II (Bariton Martin)


Dominik Köninger

Hoffmann III (Tenor)


Edgaras Montvidas

Muse und Mutter


Karolina Gumos

Olympia, Antonia, Giulietta


Nicole Chevalier

Widersacher


Dimitry Iwaschtschenko







Fazit Berlin: Ein großartiger »Hoffmann«, wie man ihn selten zu sehen bekommt. Er bestach durch seinen gelungenen Versuch, den Geist E.T.A. Hoffmanns in die Oper zu integrieren. So nahe am Werk des Dichters habe ich noch keine Inszenierung gesehen. Dazu ausgefeilte und intensive Schauspielkunst auf höchstem Niveau, wenn auch mitt einer für uns Deutsche manchmal schwer zu verdauernder angelsächsischer Komödiantik, manchmal Drastik. Dazu ein perfektes Orchester, ein ausgezeichneter Chor und Weltklassesänger in allen Rollen. Nach ungefähr einer halben Stunde hatte ich vor, diesen »Hoffmann« zum besten aller Zeiten zu erklären, wenn es so weitergehen würde. Doch davon später. Jedenfalls ein umwerfendes Theatererlebnis an einem traditionsreichen Ort, an dem es schon drei bemerkenswerte Vorgängerinszenierungen gegeben hatte: Walter Felsensteins Markstein von 1958, dann ein getanzter »Hoffmann« als Ballett ohne Gesang, den ich 1987 sah, und dann Thilo Reinhardts »Hoffmann«, mit dem ich 2007 meine Hoffmaniaden begann. Endlich einmal ein fantastisch interpretierter »Hoffmann«, bei dem man nicht den Eindruck bekam, von werksfremden Einfällen aus der Innenwelt des Regisseurs überschüttet, sondern mit solchen aus dem Geist des Protagonisten verwöhnt zu werden. Ich hoffe, es wird mehr als die geplanten 13 Vorstellungen geben. Die Vorgängerinszenierung wurde auch jahrelang gespielt.



Berlin ist ja eine chaotische Stadt, in der kaum etwas funktioniert, von beiden großen Parteien heruntergewirtschaftet, mit riesigen Schulden aus der Diepgen-Zeit und omnipäsenter Desorganisation, über die man als Bayer nur ungläubig den Kopf schütteln kann. Aber was die Qualität der Opern angeht, schlägt Berlin München um Längen.



Das war nun also mein vierter »Hoffmann« in Berlin, der dritte an der Komischen Oper, und alle waren sie bemerkenswert gut. Walter Felsensteins Inszenierung kenne ich nur vom Video. Die Ballettversion ohne Gesang mit der Primaballerina Jutta Deutschland sah ich 1987 vor Ort. Im April 2007 begann in Berlin meine gegenwärtige Hoffmann-Serie. So fuhr ich also in die Hauptstadt mit hochgespannten Erwartungen, und die wurden noch übertroffen. Zum fündundzwanzigsten Jahrestag der deutschen Einheit gab es in Berlin drei Opernpremieren. Aber die Hauptstadt war nicht beflaggt. Das muss wohl die Kanzlerin gerade wieder einmal beschäftigt gewesen sein, sich mit Flüchtingen auf Selfies zu zeigen.


Die Vorgängerinszenierung Thilo Reinhardts an der Komischen Oper war eine der wenigen gelungenen Modernisierungen dieser Oper, und nun ein neuer elektrisierender Paukenschlag durch den Australier Barrie Kosky (was im Slawischen Katze bedeutet), der seit Herbst 2012 Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper ist.



Direkt gegenüber der Komischen Oper liegt die Bayerische Landesvertretung. Leider kann man beide Häuser nicht so fotografieren, dass man die Bayerische Landesvertretung mit dem Schriftzug Komische Oper zusammenbringt. Aber eigentlich sind es ja komische Operetten oder Farcen, die von gegenwärtigen bayerischen CSU-Regierungen aufgeführt werden.



Die Komische Oper steht im ehemaligen Osten auf dem Gelände des 1944 zerstörten Metropol-Theaters und wurde ab 1947 unter dem österreichischen Intendanten und Regisseur Walter Felsenstein wieder aufgebaut. Walter Felsenstein führte auch oft Regie und gilt zusammen mit Harry Kupfer als Begründer des modernen Regietheaters. In Gehweite zur Komischen Oper liegt übrigens E.T.A. Hoffmanns Stammlokal Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt, leider ein paar Häuser vom ursprünglichen Standort entfernt. Zum Grab von E.T.A. Hoffmann ist es etwas weiter: U-Bahn Mehringdamm. Auf den Rücklehnen der Vorderleute im der Komischen Oper kann man auf Deutsch, Englisch, Französisch und Türkisch mitlesen.



Die Komische Oper ist ein großes Halbrundtheater, eher plüschig und mit viel Stuck gestaltet. Im Orchester zählte ich vier Kontrabässe und fünf Celli. Das Theater war voll und seit Wochen ausverkauft. Sogar die Promis in der ersten Reihe waren alle gekommen. Das Publikum war altersmäßig gut durchmischt. Die Premiere konnte als Livestream auf der Internetseite der Komischen Oper verfolgt werden. Das ist ein zweischneidiges Schwert für ein Theater, denn findige Computerfreaks können so einen Livestream mitschneiden und auf USB-Stick oder DVD speichern. Im Internet kursieren schon allerlei Dateien. Ich verlinke lieber mal nichts, sondern nur den offiziellen Trailer mit dem umtriebigen Barrie Kosky.



Im Vorfeld dieser Inszenierung gab es schon allerlei Spekulationen und Gerüchte, z.B. die drei Hoffmänner. Ich schiebe mal die Erklärung voraus: Hoffmann I war ein Schauspieler, der auf Deutsch Texte von E.T.A. Hoffmann sprach. Er hielt sich meist in der Nähe der französisch singenden anderen beiden Hoffmänner auf, agierte aber streckenweise auch alleine. Hoffmann II war Bariton Martin, und sang bis Ende des Olympia-Aktes. Hoffmann III sah Hoffmann II ziemlich ähnlich und war Tenor. In der komplizierten Entstehungsgeschichte dieser Oper war die Titelrolle auch einmal für einen Bariton vorgesehen. Naja, da hat Barrie Kosky tief in der Geschichte dieser Oper gewühlt. Aber ganz umschreiben wollte er sie auch wieder nicht.



Die Aufteilung der Hoffmänner in Sprech- und Singrollen gab der Inszenierung durchaus einen eigenen Charakter. Ob es notwendig war, aus historischen Gründen zwei Singrollen einzuführen, möchte ich einmal bezweifeln. Wären Hoffmann II und Hoffmann III vom gleichen Sänger verkörpert worden, hätte das nichts am Charakter der Oper verändert. Diesen Gag hätte man sich sparen können.


Eine schräge Ebene schwebte mitten auf der Bühne. Sie war übersät mit leuchtenden Flaschen. Mittendrin saß Hoffmann I und schwärmte und delirierte von Stella. In der Ferne war ihre Stimme zu hören. Ein lauter Akkord aus Don Giovanni erklag, und Stella erschien. Bald nach ihr kam die Muse in Rokokokostüm. Ein Bühnenbild gab es praktisch nicht. Nur die schiefe Ebene mit Requisiten.


Der Sprech-Hoffmann I auf der schiefen Ebene


Wie von Geisterhand gezogen verschwanden die Flaschen eine nach der anderen. Hoffmann schien aus dem Delirium in die Wirklichkeit zurückzukehren. Auch Lindorf war gekleidet wie eine Gestalt aus der Zeit Friedrichs II. von Preußen. Der Brief von Stella ging an Lindorf, ebenso Hoffmanns Perücke,. Hoffmann rief verzweifelt nach Stella.



Dann füllte sich die Bühne mit 25 Transvestiten, die sogleich mit dynamischem Gesang überzeugten. (Der Chor der Komischen Oper war gerade zum Opernchor des Jahres 2015 gewählt worden), Dann kam auch ein stimmlich ausgezeichneter Hoffmann II, dessen Klein-Zach vom Chor mit ausgefeilter Mimik begleitet wurde. Dazu schwelgerische Orchesterbegleitung, als Hoffmann zu Stella überging. Ja, Skandal, Skandal, dafür gab es keinen Applaus. Möglicherweise, weil das Orchester sofort weiterspielte. Ein Klein-Zach ohne Applaus kommt sehr selten vor. Das Vorspiel in Lutters Taverne war mit fast 40 Minuten ziemlich lange, wirkte aber immer lebhaft und nie langweilig.








Zwei Mal Olympia, unten mit Hoffmann II




Die meiste Zeit war Sprech-Hoffmann I in der Nähe von Sing-Hoffmann II. Dieser Hoffmann I mit seinen Originaltexten war schon was Neues. Einen geteilten Hoffmann hatte ich schon mehrfach erlebt (Lodz, Kiel), aber einen, der E.T.A. Hoffmanns Orginialtexte sprach und delirierte und dazu noch ausgefeilt agierte, noch nicht.


Eine schöne Vogelarie der Muse erklang. Carolina Gumos hatte ich in der Vorgängerinszenierung schon als knallharte Giulietta erlebt. Nun gab sie eine strenge Muse. Und wieder gab es keinen Applaus. Dieses zurückhaltende Publikum gefiel mir gar nicht. Besseres bekommt man nämlich nicht zu hören. Ein so zurückhaltendes Publikum hatte ich nur 2007 in Hannover erlebt.


Spalanzanis Festgäste waren offensichtlich Insassen eines Irrenhauses. Dieses Motiv ist nicht neu. Barrie Kosky hatte sie als katatone Gestalten mit spastischen Bewegungen gestaltet. Solche Patienten gibt es sicher, besonders wenn sie älter sind. Aber nach meinen Aufenthalten in einer psychiatrischen Klinik bilden sie eher eine Minderheit. Der typische Insasse einer geschlossenen Anstalt, wie ich ihn in meiner Arbeit dort erlebte, ist eher ein sensibler Mensch, der an der rauen Wirklichkeit, wie wir sie gestalten, zerbricht. Man sehe sich nur die augenblickliche Weltlage an.


Spalanzani leitete das Ganze als Maître de plaisir. Aber die sensations- und trendgeile Großstadtgesellschaft als Verrückte darzustellen, ist schon passend. Siehe Kir Royal. Schnell und präzise kam der Preis auf Olympias Augen durch den Chor.


Vorne mitte stand ein mannshoher Sekretär, der allerlei Schubläden und Türen hatte und Geheimnisse barg. Sein größtes Geheimis war die darin stehende Olympia. Je nachdem, welcher Schubladen, welches Türchen oder welcher Vorhang gerade geöffnet wurde, man sah einen Teil von ihr. Mit unglaublichen Grimassen untermalte sie ihre perfekt gesungene Arie. Der Sprech-Hoffmann I wuselte dazu um den Sekretär herum. Das war die witzigste und komödiantischste Olympia aller Zeiten. Nun kam aber endlich der erste Applaus des Abends, und der war heftig und mit Jubel durchmischt.


Dann zog Hoffmann II eine endlos lange rote Wolllschlange aus der Körpermitte der Olympia heraus. Eine härene Nabelschnur? Da Olympia im Sekretär verlblieb, tanzte Hoffmann den Walzer mit Niklaus. Olympia grimassierte weiter und stieß bizarre Laute aus. Dann kam Coppelius und kaute Olympias blutige Augen, die er aus Olympia herausgerissen hatte. Mit seinen blutigen Händen verschmierte er das Gesicht des Sprech-Hoffmann. Applaus für diesen Akt und Pause.

Während des Rundgangs ging mir diese selten dichte und intensive Darstellung dieser Oper auf der Bühne durch den Kopf. Ich kenne ja die aus der Shakespeare´schen Tradition stammende Drastik des britischen Theaters. Dazu kam hervorragender Gesang, ein perfekt begleitendes Orchester und ein gut aufgestellter Chor. Da ich ja nicht wusste, wie es weitergehen würde, schloss ich es nicht aus, diesen »Hoffmann« zum besten mir bekannten zu erklären, wenn sich diese Intensität und Kreativität fortsetzen würde.


Zu Beginn des Antonia-Aktes stand der Sprech-Hoffmann auf der schiefen Ebene und bearbeitete mühsam eine Geige. Dabei zitierte er wieder E.T.A. Hoffmann. Die schiefe Ebene war verschieden geneigt. Immer wenn sie steil stand, hatte ich Angst, jemand würde ausrutschen. Die Bühne der Met ist ja wegen der unmöglichen Architektur dieses Theater auch stark geneigt, aber die ist nichts gegen die Neigungen dieser beweglichen Ebene.



Der Akt begann mit der Geigenarie des Niklaus. Keine schlechte Idee, und ganz hervorragend gesungen und mit großer Emotion vorgetragen. Dazu hob und senkte sich die Ebene, wie die Wechselfälle der Liebe. Aber wieder kein Applaus. Dann endlich kam Antonia.



Nach der brillianten Koloratur sang Nicole Chevalier nun mit klarem, lyrischem jugendlichem Sopran, passend für diese Rolle, wie man ihn selten hört. (Die meisten Antonien singen zu dramatisch). Und plötzlich kroch unter ihrem weiten Kleid Hoffmann III hervor. Antonias Krankheit wurde gut dargestellt. Wunderschöne Duette Antonia – Hoffmann folgten. Der Sprech-Hoffmann zitierte die Abhängigkeit Antonias von ihrem Vater Krespel.


Mirakel


Eine geigenspielende Transvestitentruppe sekundierte Mirakel während des Terzetts Krespel – Mirakel – Hoffmann. Als Mirakel Antonias Karriere beschwor, versuchte der Sprech-Hoffmann vergeblich, Antonia bei sich zu behalten, doch vergeblich. Und wo blieb der Franz? Gratulation an Dramaturgie und Regie, den Franz gestrichen zu haben.


Die Mutter sang von der hoch schwebenden Ebene, begleitet von sechzehn identisch gekleideten Geigerinnen. Der Sprech-Hoffmann litt fürchterlich, als sich Antonia, eingerahmt von Geigenbögen, zu Tode sang. Das war eine höchst beeindruckende Szene. Da musste sogar dieses zurückhaltende Publikum applaudieren. Der Sprech-Hoffmann schrie gequält, als Antonia in seinen Armen ihr Leben aushauchte.


Der Sprech-Hoffmann verschloss Antonias Sarg, als auf offener Bühne zum Giulietta-Akt umgebaut wurde. Die Barkarole erklang mit einem leider ziemlich lauten Piccolo, das die lautesten Töne im Haus von sich gab, da Niklaus und Giulietta weit hinten sangen. Der Sprech-Hoffmann lag auf Antonias Sarg und litt.



Na endlich, die korrekte Diamantenarie des Dapertutto wurde gesungen. Da hört man ja sogar die Geigenarie häufiger. Ich genoss die abwechslunsgreiche Melodieführung dieses Offenbach´schen Originals. Nun kam aber der Franz doch noch durch die Hintertür in den Giulietta-Akt. Naja, wenn er denn sein muss. Aber, man sollte es nicht glauben, auch in dieser ansonsten so ausgefeilten Inszenierung mangelt es dem Franz an der Methode. Dazu fächelte sich das Publikum in Giuliettas Salon gelangweilt Luft zu. Und dann bekam der Franz mit seinem weich-lyrischen Tenor Applaus. Das Publikum in Giuliettas Salon war übrigens grotesk geschminkt. Besonders auffallend waren die riesigen Fletschezähne und Lippen, die mich an Heinz Edelmanns Yellow Submarine erinnerten.



Auf dem Sarg der Antonia stehend sangen Hoffmann und Giulietta das hohe Lied der Liebe und Lust. Das Duell Hoffmann – Schlemihl wurde als Würgekampf ausgetragen. Auffallend war die äußere Ähnlichkeit Schlemihls mit dem jungen Franz Josef Strauß, als der noch Adenauers Atomminister war. Wohl eine Referenz auf die gegenüberliegende bayerische Botschaft und die Vorliebe des Bayern-Tarzans für gewisse Damen.



Giulietta sperrte den betrogenen Hoffmann in Antonias Sarg, nachdem der um sein Spiegelbild betrogen und von der bizarren Gesellschaft verspottet worden war. Diese Demütigung Hoffmanns war von gleicher Intensität wie in Harry Kupfers Inszenierung, als sich das Cadillac-Cabrio teilte und er im hinteren Teil zurückblieb. Doch auch der Sprech-Hoffmann hatte sein Spiegelbild verloren.



Totenstill war es in dem großen Theater mit fast 1200 Plätzen, als der Sprech-Hoffmann in den Sarg gelegt wurde. Dazu sang die Muse: Reich mir die Hand mein Leben. Nun wurde es richtig makaber. Lindorf kam und nagelte den Sarg zu, in dem der Sprech-Hoffmann lag. Der Deckel des Sarges hatte eine kreuzförmige Öffnung, aus der der Eingenagelte Hoffmann-Texte krächzte und sabbelte, während die Muse weiter sang.



Per Ansage wurde bekannt gegeben, dass Stella in der Nacht gestorben war. Keine Apotheose, nichts. Dieses Ende war ebenso drastisch und unerwartet wie das Martin Otavas in Reichenberg/Liberec. (Diese Inszenierung wurde bisher an mehreren Orten erfolgreich als Gastspiel gegeben und kommt im Herbst nach Fürth in Bayern.) Ganz alleine lag der Sprech-Hoffmann auf der Schiefen Ebene in seinem Sarg.



Dann brach der Applaus los. Jubel für den Chor und für alle Solisten, auch für den Sprech-Hoffmann. Nur der Widersacher wurde meines Erachtens unter Wert beklatscht. Dabei hatte er hervorragend gesungen. Als das Regieteam auf die Bühne kam, wagte sich ein einsamer Buh-Rufer unter den Jubel. Den meisten Applaus bekam natürlich die unglaublich vielseitige und versatile Nicole Chevalier, die sich gewaltig verbessert hat, seit ich sie 2007 in Kassel sah. Das Regieteam kam zum zweiten Mal auf die Bühne. Diesmal buhte niemand mehr. Ja, und plötzlich, als wir uns gerade richtig eingeklatscht hatten, fiel ein schwarzer Vorhang herunter. Jämmerliche knappe sieben Minuten für dieses Meisterstück. Das ist ja nun nicht zum ersten Mal, dass der Applaus gekappt wird. Applaus scheint out zu sein. Schade.



Ich denke immer noch über dieses Ende nach. Im Prinzip mag ich es ja nicht, wenn ein Hoffmann am Ende der Oper stirbt, da dies dem Text im Libretto widerspricht. Und auch die Musik der Apotheose ist alles Andere als ein Requiem. Aber bei Dramaturgen ist ein tragisches Ende beliebt. Hoffmann tot, Klappe zu. Und der echte Hoffmann ist ja auch schon fast 200 Jahre tot. Das Berliner Ende mit dem aus dem Sarg brabbelnden Sprech-Hoffmann ist nun sicher originell, aber irgendwie fehlt mir ein positiver Aspekt. Man könnte z.B. ein Foto von E.T.A. Hoffmanns Grab (mitten im Friedhof an der U-Bahnstation Mehringdamm) projizieren, oder man könnte einen Korb voller alter Bücher die schiefe Ebene hinunterkullern lassen, oder ein paar Darsteller Blumen auf den Sarg legen lassen. Irgendwas Positives. Das ist der Grund, warum ich zögere, diese herausragende inszenierung zum besten aller »Hoffmänner« zu erklären.



Schuld an dieser Thanatofilie ist wohl Ernst Bloch mit seiner Meinung, dass ein Happy End kitschig sei. Ich schätze ja Ernst Bloch sehr, besonders seine Anmerkungen zu Hegel, aber Bloch leistete sich in seinem Leben auch gewaltige Irrtümer. Und dann schuf er noch das geflügelte Wort vom Prinzip Hoffnung. Beides passt schlecht zusammen.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen bei der Komischen Oper Berlin und bei der Fotografin Monika Rittershaus. Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.


Nach der Premiere fand eine öffentlich zugängliche Premierenfeier im oberen Foyer statt, auf der die folgenden Bilder entstanden.




Barrie Kosky ehrt seine Solisten



Dramaturg Simon Berger (Basel) und Sprech-Hoffmann I


Barrie Kosky



Stella Nicole Chevalier





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