Bergen



Musikalische Perlen am Nordseestrand

www.nyop.no



Besuchte Vorstellung 19. Februar 2011 (Premiere)







Die Grieg-Halle Bergen, davor einige der sieben riesigen Bühnenbild-Container aus Madrid

Regie


Nicolas Joël

Wiederaufnahmeregie


Eva-Maria Witsje Voss Melbye

Stéphane Roche

Dirigent


Marc Soustrot

Chorleitung


Håkon Matti Skrede

Bühnenbild


Ezio Frigerio

Kostüme


Franca Squarciapino

Version


Oeser

Sprache


Französisch




Hoffmann


David Curry

Muse


Signe Sannem Lund

Olympia


Marthe Werring Holmern

Antonia


Victoria Nava

Giulietta


Alenka Ponjavic

Widersacher


Mark Schnaible











Fazit: Ein musikalisch voll überzeugender »Hoffmann« in einem architektonisch ansprechenden modernen Theater. Hervorragende Stimmen, auch in den kleineren Rollen, begleitet von einem ausgezeichneten Orchester, das keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Die Neue Oper Bergen hatte eine Produktion des Königlichen Theaters Madrid übernommen, die schon in mehreren mediterranen Ländern gelaufen war.

Das dekorative Bühnenbild und die Kostüme waren bemerkenswert aufwändig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Die Regie Nicolas Joëls folgte treu dem Libretto und bot einen klassisch-traditionellen, wenig innovativen »Hoffmann«, auch was die Auswahl der Musiknummern anging. Der Aufwand für einige Teile des Bühnebildes war allerdings exorbitant. Dieses Bühnebild hatte stellenweise nur wenig mit dem Inhalt der Oper zu tun.

Ausgezeichnet besetzt waren die Gesangsrollen, angeführt von einem lebhaften und jugendlichen Hoffmann aus Kanada, begleitet von einem mächtigen Chor.


Einführung; links Statue von Edvard Grieg


Bergen ist eine hübsche Stadt an der Nordsee mit heute 260.000 Einwohnern und hat sich trotz aller Moderne eine charmante Innenstadt bewahrt, in der die Tradition der Hanse noch überall spürbar ist. Heute ist Bergen von der Ölbohrindustrie geprägt, außerdem ist es bekannt als Ausgangspunkt der Hurtigroute, mit der ich vor fast 37 Jahren in das Nordmeer fuhr, als noch kleine Postschiffe abenteuerlustige Einzelreisende beförderten.


Richtung Bergen reiste ich per Flugzeug nach Oslo, von wo aus eine siebenstündige Zugfahrt über die tief verschneite Bergwelt Norwegens in Höhen bis 1222 Meter, entlang an Seen, durch Täler und viele Tunnele nach Bergen führte. Dank Golfstrom war es dort mit null Grad viel wärmer als im kalten Oslo mit seinen eisbedeckten Straßen.


Bergen ist der Geburts- und Sterbeort des norwegischen Komponisten Edvard Grieg (1843 – 1907), Komponist u.a. des gewaltigen Werks »Peer Gynt«. So war es nur konsequent, die neue große Musikhalle, 1978 eingeweiht, nach ihm zu benennen. Die Halle ist ein großer, eleganter Konzert- und Theaterbau mit beeindruckend großzügiger Architektur. Dieses Theater hat kein eigenes Ensemble.


Das beeindruckend aufwändige Bühnenbild mit Lutters Bierstube, vorne knieend Hoffmann


Als ich mich der Grieghalle näherte, grüßte schon von weitem ein riesiges Plakat an der Theaterfassade. An der Halle schien gerade gebaut zu werden, denn mehrere Container standen vor dem Haus. Bei näherem Hinsehen entdeckte ich auf allen die Aufschrift: Teatro Real Madrid. Diese sieben riesigen Container, jeder an die 12 Meter lang und über zwei Meter breit, mussten das Bühnenbild des »Hoffmann« enthalten haben, denn in Bergen gab es eine Wiederaufnahme einer »Hoffmann«-Inszenierung zu sehen, die Nicolas Joël 2006 für das königliche Theater Madrid geliefert hatte. Diese Inszenierung ist inzwischen auch in Tel Aviv, Turin und Toulouse aufgeführt worden. Und jedesmal musste dieses offensichlich höchst aufwändige Bühnenbild transportiert werden.


Vor dem Opernbeginn um 18 Uhr gab es im eleganten Foyer des Theaters eine ausführliche Einführung in die Oper durch einen Kunsthistoriker der Universität Bergen, der kenntnisreich über E.T.A. Hoffmann, Jacques Offenbach und die Entstehungsgeschichte der Contes parlierte. Diese Einführung war die bestbesuchte, die ich je erlebte und dauerte eine halbe Stunde. Gunnar Danbolt erwähnte auch die Rolle der Kunst, und wie sie dem Künstler gefährlich werden kann. Ob er es wohl ganz ernst meinte, dass Jacques Offenbach zur Niederlage Frankreichs im preußisch-französischen Krieg von 1870 beitrug, indem er den Usurpator Napoleon III. durch seine satirischen Operetten schwächte?


Lindorf


Dann Platz genommen in der großen Grieg-Halle mit 1400 Plätzen, die gut mit Zuschauern gefüllt war. Schön maestoso kamen die Auftaktakkorde, und ein beeindruckendes Bühnenbild wurde sichtbar.


Ein riesiges Plakat mit den Attraktionen eines Zirkus, der im Londoner Crystal Palace auftrat, füllte die große Bühne von links bis rechts. Der Kristallpalast in London wurde übrigens ungefähr zu der Zeit gebaut, als Michel Carrier und Jules Barbier ihr Schauspiel Contes d´Hoffmann schrieben. Dass man in der Madrider Inszenierung diese Oper nach Großbritannien verlegte, war überraschend, denn deren Schauplätze findet man überall in Europa, außer in England.


Lindorf stellte sich mit schön sonorer und perfekt artikulierender Stimme vor und trat als Zirkusdirektor mit rotem Frack, Zylinder und Peitsche auf, mit der er den Briefbote gleich bedrohte. Das Publikum dankte für diesen schönen, musikalisch guten Auftakt mit dem ersten Applaus. So ein früher Applaus kommt selten vor und motiviert natürlich die Sänger, die bei jeder Premiere nervös sind bis hin zu Panikattacken..

Dann ging der Vorhang auf, und ein gewaltiges Bühnenbild erschien.

Eine große, blau leuchtende Rosette füllte die ohnehin große Bühne von links nach rechts und von oben bis unten. Diese Rosette erinnerte fast an dieses Stilelement gotischer Kathedralen, aber auch an den ehemaligen Pariser Bahnhof d´Orsay, der heute ein Kunstmuseum beherbergt und einen tonnenförmigen Querschnitt aufweist. Auch dieser Blick aus einer Jerusalemer Kirche könnte Pate gestanden sein. Aber auch der Londoner Crystal Palace enthält eine ähnlich geformte Dachkonstruktion. Ein Schild mit der deutschen Aufschrift „Bierstube“ hing vor der Rosette.


Hoffmann beim Klein-Zach, dahinter die monströse Bierbraumaschine


Die Muse trat als Kellnerin mit umgehängtem Fässlein auf und sang mit schön akzentuierter und seelenvoller Stimme. Hoffmann lag mitten auf der Bühne am Boden und war wie ein Clochard mit Zeitungen bedeckt.


Eine deutsche Bierstube sollte gezeigt werden, in der eine auf Schienen fahrende Brauerei rauchte, in der auf allerlei Laufbändern Krüge gefüllt wurden.

Der Chor mit ungefähr 25 Männern war in altdeutsche Studentenuniformen gekleidet und überzeugte mit beeindruckend schönen Stimmen. Die Muse hatte sich inzwischen umgezogen und trug nun einen schwarzen Frack. Damit man erkennen konnte, dass sie nun zu Niklaus mutiert war, hatte man ihr einen Schnurrbart angeklebt.

Hoffmann war für den Klein-Zach als missgebildeter Zwerg auf einem Rollbrett dargestellt, der einen Napoleon-Hut trug. Mit guter Mimik und lebhafter Stimme trug er den Klein-Zach vor. Ebenso lebhaft begleiteten seine Kumpane die Arie, wobei sie präzise im Takt mit ihren Bierkrügen klickten. Als er zur Anbetung Stellas überging, änderte er passend sein Timbre hin zu warmem Ton. Als er wieder zu seinem eigentlichen Thema zurückgekehrt war, führte der Studentenchor wilde Tänze auf. Der zweite Szenenapplaus war fällig. (Bei der Unterbrechung des Klein-Zach hatte sich keine Hand gerührt! Bergen hat offensichlich ein kundiges Publikum.)

Dann folgte eine kurze Umbaupause, während der Hoffmann wie besinnungslos auf dem Boden lag.


Coppelius und Hoffmann vor der Lokomotive


Vorhang auf zum Olympia-Akt. Die riesige Glas- und Stahlrosette leuchtete wieder romantisch-blau, doch was stand in ihrem Zentrum? Eine rauchende Dampflokomotive, wie sie im frühen 20. Jahrhundert üblich war, in voller Lebensgröße! Da kann man sich natürlich schon fragen, welchen Bezug der Professor Spal(l)anzani, dessen historisches Vorbild von 1719 bis 1799 lebte, zu Eisenbahnen (ab 1815) haben soll. Das Einzige, was mir dazu noch einfällt, ist Jacques Offenbachs Operette »Pariser Leben«, deren erster Akt in einem Pariser Bahnhof spielt. Man bedenke nur, was für einen Aufwand es bedeutete, so ein Gefährt in voller Lebensgröße zu basteln und quer durch das Mittelmeer und Europa zu verfrachten. Auch die fahrbare Biermaschine war ja von beeindruckender Größe, ebenfalls ein für diese Inszenierung angefertigtes Unikat.


Coppelius trat in einem langen Ledermantel auf und trug eine Art Fliegermütze und -brille. Wie ein Exhibitionist öffnete er mehrfach den Mantel und zeigte seine Instrumente.

Ein lebhafter und interessanter Spalanzani überzeugte mit schöner Stimme, wie übrigens bisher alle Sänger. Auch das Orchester spielte präzise und gefühlvoll.

Die von Coppelius gelieferte Brille führte offensichtlich dazu, dass Hoffmann schon von Olympia schwärmte, bevor er sie überhaupt gesehen hatte.

Eine wunderschön vorgetragene und gut gemimte „Vogelarie“ wurde von Niklaus präsentiert und bekam den verdienten Applaus.

Eine festlich gekleidete Gesellschaft trat auf, die Herren im Frack, die Damen in aufwändigen Roben.


Olympia


Ebenso aufwändig gekleidet war Olympia, die auf einem fahrbaren Untergestell hereinrollte und Kusshändchen verteilte. Wie das Gestell gesteuert wurde, konnte ich nicht erkennen. Die aufwändigen Kostüme von Franca Squarciapino waren schon beeindruckend. Sie hatte auch die Kostüme für den Film Cyrano de Bergerac gestaltet und dafür einen Oscar bekommen. Die riesige Metallrosette konnte um eine zentrale Nabe rotieren und tat das immer wieder während des Akts. Der technische Aufwand dazu muss gigantisch sein. Der Schwerpunkt dieser Insznierung lag offensichtlich bei technischen Gags und weniger bei psychologischer Vertiefung.


Olympia bewegte sich automatenhaft. Als sie während ihrer Arie schwächelte, wurde sie mit einem hektisch hereingschleppten Druckluftschlauch wieder aufgepumpt. Das geschah ebenfalls beim zweiten Mal. Sie sang mit strahlender, schön nuancierter Koloratur und bewegte sich lebhaft und mit ruckartigen automatenaften Bewegungen. Sie bekam kräftigen Applaus für ihre Arie.


Endlich bekam die Lokomotive eine Funktion: Der betrogene Coppelius, offenbar Lokomotivführer, stieg lebhaft gestikulierend aus ihr heraus, und Olympia wurde in einem Schwall von Rauch verbrannt,

Kräftiger Applaus für diesen Akt.

Das Publikum von Bergen zeigte sich sehr applausfreudig, und der war auch voll verdient, denn Gesang und Orchesterbegleitung befanden sich auf sehr hohem Niveau. Allerdings ließ der Dirigent fast immer in den Szenenapplaus hineinspielen


Antonia und Hoffmann


Mirakel und Antonia


Auch im Antonia-Akt war der Aufwand für das Bühnenbild groß. Krespel ist ja von Beruf Geigenbauer und war mit Antonia vor Hoffmann nach München geflohen, aber in seiner Behausung fanden sich drei von Automaten betriebene Musikinstrumente: eine Harfe ein Kontrabass und eine Pauke, die von motorgetriebenen menschlichen Gliedmaßen bespielt werden konnten.

Antonia lag in einem riesigen Sessel, als sie ihr Lied von der entflogenen Taube sang. Wieder war eine schöne Stimme zu hören.

In diesen Sessel setzte sich dann auch die Domestike Franz, die ein witziges Couplet gab, das auch schön gesungen wurde. Auch in Bergen sang er laut Übertiteln von der Methode.


Dann durfte ich wieder einmal meine geliebte Geigenarie hören, nachdem Niklaus vorher den Gesang der Olympia lustig karikiert hatte. Dafür gab es natürlich den verdienten Applaus.


Die Antonia sang mit ergreifender und lyrischer Stimme, die ans Herz ging. Die Sängerin hatte schon in der Kasseler Inszenierung von 2007 diese Rolle gesungen, nicht aber in der Vorstellung, die ich besucht hatte.

Dann wieder ein Beispiel des absurd riesigen Ausstattungsaufwandes dieser Produktion: Doktor Mirakel fuhr in einer Kutsche vor, die mit einem raffiniert gestalteten Voderrad optisch den Eindruck erweckte, als werde sie von einem Pferd gezogen. Vor diese Kutsche hatte man ein Pferd gebaut. Die Speichen des Vorderrades hatte man wie die Vorderbeine eines Pferdes gestaltet, so dass der Eindruck entstand, das Pferd galoppiere herein, als sich die Kutsche bewegte. Ein guter aufgesetzter aber verspielter Gag. Diese Kutsche des Widersachers wurde allerdings nur in diesem Akt benützt. In Sofia diente das dortige Diabolomobil dem Widersacher durchgehend als Vehikel.

Dann vollzog der maliziöse Doktor seine Pseudo-Diagnose an Antonias Sessel.und verleitete sie zum Gesang.


Mirakels Gleichgültigkeit gegenüber Antonias Schicksal wurde gut dargestellt: Als Hoffmann und Antonia ihre Duette sangen, saß der falsche Arzt zeitunglesend in seinem Gefährt. Endlich einmal eine eigenständige und handlungskonforme psychologische Interpretation der Handlung.


Zu dem folgenden Terzett Antonia – Mirakel – Mutter begannen sich dann die drei Instrumente geisterhaft (motorgetrieben) zu bewegen. Der Gesang war nun hochdramatisch, und Antonia gab alles. Leider hatte die Regie die Mutter im Bühnenhintergund hinter ein paar Orgelpfeifen gesetzt, so dass ihre Stimme nicht zur vollen Wirkung kam. Man hörte hauptsächlich Mirakel und Antonia.


Lässig dirigierte dann Mirakel aus seiner Kutsche heraus Antonias Sterbelied und las dabei in seiner Zeitung.

Für diesen gelungenen und wunderschön gesungenen und begleiteten Akt gab es dann auch den verdienten Applaus.


Giulietta und Niklaus bei der Barkarole


Giulietta und Hoffmann


Der Giulietta-Akt begann mit einer optisch beeindruckenden Szene. Die Kostüme waren wieder sehr aufwändig gestaltet. Die Damen in Roben und die Männer in Rokoko-Kostümen mit Perücken. Zu den Auftakten der Barkarole bewegten sie sich in gemessenen Schritten quer über die Bühne, wobei viele von ihnen Kerzenleuchter in den Händen hielten. Ein schönes Bild, das man hätte beklatschen können. Eine züchtig bekleidete venezianische Orgie war da im Gange.

Pianissimo begann das Orchester mit den flirrenden Geigen-Tremolos, die dann immer intensiver wurden.

Im Hintergrund die obligatorische Gondel. Wunderschön sangen Niklaus und Giulietta die Barkarole, aber leider im Bühnenhintergrund nahe der Gondel. Vorne hätte sie noch präsenter geklungen.


Dann sang Dapertutto mal wieder eine Spiegel-Arie, die vom Publikum mit verdientem Jubel quittiert wurde.


Hoffmann verlor sein Spiegelbild auf die einfachst mögliche Weise: Giulietta hielt ihm einen Handspiegel vor, in dem er sich nicht mehr sehen sollte, denn er schlug verzweifelt die Hände vor sein Gesicht.


Neben der Spiegelarie gab es dann auch noch das beeindruckend gesungene Sextett mit Chorbegleitung, in dem Giulietta mit ihrer brillanten Stimme alle überragte. Der große Chor und die schönen Stimmen der Solisten erzeugten schon einen beeindruckenden Höreffekt in der Grieg-Halle, die eine hervorragende Akustik zu bieten hat. Dabei konnte man glatt vergessen, dass es immer noch ungeklärt ist, woher die Musik zu dieser Nummer stammt. Komponiert wurde sie von Andreas Bloch für eine Inszenierung am Theater Monaco 1908. Sei´s drum. Es war ein Hörgenuss.


Das Duell Hoffmann – Schlemihl kam etwas plötzlich. Der Konflikt zwischen beiden wurde nicht besonders klar herausgespielt. Das Degenduell fand dann vorsichtshalber in Zeitlupe statt. Pitichinaccio raubte den Schlüssel zu Giulettas Boudoir aus der Tasche des getöteten Schlemihl.

Wiederum herzlicher Applaus für diesen Akt. Das Bergener Publikum scheint seine Oper zu mögen. Es wurde oft und spontan applaudiert, und auch an den richtigen Stellen. Weder beim Klein-Zach noch während der Arie der Olympia rührte sich eine einzige Hand an der falschen Stelle. Das Orchester spielte auch ganz fabelhaft und wurde einfühlsam dirigiert.


Hoffmann liegend, dahinter die Muse und seine drei Lieben


Kurze Umbaupause, während der Hoffmann auf dem Boden lag. Hinter ihm hatte sich wieder das riesige Zirkusplakat aus dem Crystal Palace herabgesenkt.


Perfekt ertönte dann der ernüchternde Bläserchor. Hoffmanns Saufkumpane lagen müde von der durchzechten Nacht am Boden. The party is over. Im Epilog verausgabte sich Hoffmann nun stimmlich und darstellerisch total, so dass Befürchtungen aufkamen, er würde die kommenden Aufführungen nicht durchstehen.


Als Stella erschien, wurde sie von Hoffmanns Freunden mit Applaus empfangen. Hoffmann lag immer noch besinnungslos am Boden, mit einer leeren Flasche in der Hand. Das wunderschöne „Les cendres de ton coeur“ erklang, und Hoffmanns drei Frauen erschienen. Es gab einen gewaltigen apotheotischen Abgesang auf Hoffmann, der dann, immer noch regungslos auf dem Boden liegend, von der Muse mit Papier zugedeckt wurde. Zurück zum Anfang. Wieder einmal ein toter Hoffmann? Es sah so aus. Eine Auferstehung fand jedenfalls nicht statt.


Jubelnder Applaus beim ersten Vorhang. Alle Hauptdarsteller erhielten Blumen. Das Publikum spendete stehenden Applaus und ging bald zu rhythmischem Klatschen über.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen beim Fotografen Pål Hoff und bei der Neuen Oper Bergen. Wir danken für die freundliche Zusammenarbeit.

Hervorheben möchte ich die ausgezeichnete Qualität der Bühnenfotos.


Dann lud die Bergener Oper das Publikum zur Premierenfeier ein, und viele kamen. Endlich konnte ich mich wieder einmal satt essen, was ich mir angesichts der norwegischen Preise sonst verkneifen musste. 0,4 Liter Bier kosteten allerdings acht Euro, aber erfreulicherweise war das feine Buffet gratis.






Der Madrider »Hoffmann« Nicolas Joëls im Vergleich zu gegenwärtigen Trends in der »Hoffmann«-Interpretation


Nachdem diese Inszenierung von 2006 nun den fünften Aufführungsort erlebt hat und somit eine der weitestgereisten Inszenierungen überhaupt, wenn nicht gar die meistgespielte von allen ist, möchte ich einerseits der Neuen Oper Bergen zu einer perfekten Aufführung gratulieren, andererseits aber doch anregen, diese Madrider Produktion in den wohlverdienten Ruhestand zu versetzen. Sie entspricht nicht mehr den heute erreichten Ansprüchen, was die psychologische Vertiefung und Interpretation dieser Oper angeht, wie sie von mehreren Theatern (Moskau/Tartu, Berlin/Komische Oper, Warschau, Osnabrück, Bern, Aachen) beispielhaft umgesetzt wurden. Nicolas Joėl, damals Intendant am Théâtre du Capitole de Toulouse, hat zu viel Energie auf ein exquisites und teures Bühnenbild verwendet, und zu wenig Empathie auf die Botschaft dieser Oper und die Vertiefung der Charaktere. Das beeindruckende, oft verspielte Bühnenbild und die aufwändigen Kostüme dienten mehr der optischen Wirkung als ihrer Funktion für die Oper. Die Unterstützung der Handlung durch die Ausstattung hätte sich mit viel einfacheren Mitteln erreichen lassen.

Das Bühnenbild des »Hoffmann« an der Königlichen Oper Covent Garden ist ähnlich aufwändig, aber im Gegensatz zu dieser Madrider Produktion funktional und interaktiv mit der Handlung auf der Bühne.

Zur gleichen Zeit, als diese Produktion in Madrid entstand, hatten Harry Kupfer (Berlin und Warschau), Thilo Reinhardt (Berlin) und Dmitri Bertman (Helikon-Theater Moskau) schon andere Maßstäbe gesetzt, gefolgt von Johannes Erath (Bern), Corinna von Rad (Aachen), Christof Nel (Mannheim) und zuletzt Lorenzo Fiorini (Osnabrück). Die Madrider Produktion schöpft das Potenzial der Interpretationsmöglichkeiten dieser Oper bei weitem nicht aus. Hätte das Bergener Ensemble, und besonders der Hoffmann-Darsteller David Curry, nicht so engagiert und lebhaft gespielt und gesungen, wäre diese Oper in statischer Schönheit erstarrt.

Die Übernahme dieser Produktion ist nicht der gegenwärtigen Leitung der Bergener Oper anzulasten, denn die ist erst seit Beginn dieser Spielzeit im Amt, und Opernproduktionen, auch Übernahmen von anderen Bühnen, haben bekanntlich eine Vorlaufzeit von vier bis fünf Jahren.

Aber trotzdem Dank an die Neue Oper Bergen für einen beeindruckenden Opernabend und an das örtliche Regieteam, das das Beste aus dem vorgegebenen Rahmen machte. Unvergesslich ist das hohe musikalische Niveau der Sänger und des Orchesters sowie das Engagement des ganzen Ensembles.




Bilder von der Premierenfeier




Giulietta und Hoffmann


Dirigent



Muse und Olympia


Cochenille und Spalanzani



Antonia







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