9-Euro-Ticket-Ausflüge

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Wenn schon nicht gut, dann wenigstens preiswert? Hat das 9‑Euro-Ticket unnötige Fahrten erzeugt, oder war es der Startpunkt für schnelle Verbesserungen im Nahverkehr?

Das 9‑Euro-Ticket war im Sommer der absolute Star unter den ÖV-Themen. Die Impulse, die von den Diskussionen ausgingen, führen derzeit zum Plan einer Nachfolgeregelung. Für neun Euro wird das künftige Ticket nicht zu haben sein, aber hoffentlich das Fahren mit Bus und Bahn vereinfachen. Beim Erstellen der Webseiten zu meinen 9‑Euro-Ticket-Touren kam ich auch an ein paar grundsätzlichen Gedanken nicht vorbei. So liest man öfters, das 9‑Euro-Ticket hätte Mehrverkehr verursacht, weil die meisten Nutzer es für zusätzliche Freizeitausflüge genutzt hätten.

Dass ich das Ticket für Ausflüge genutzt habe, ist offensichtlich. Als notorischer Bahn- (und Bus-)fahrer hatte ich nicht wirklich die Gelegenheit, irgendwelche Autofahrten durch ÖPNV zu ersetzen. Außer zu Ausflügen diente das Ticket auch zu ein paar "Nutzfahrten", sei es innerhalb des Münchner Verkehrsverbunds über die Grenzen meiner Abokarte hinaus, oder schlicht um anderswo mobil zu sein (ohne Zeit an Fahrscheinautomaten zu vertun). Das waren dann für mich kleinere Einsparungen; die große war die Reduzierung meines Abopreises auf 9 Euro pro Monat.

Weitere Einsparungen gab es bei den Ausflugsfahrten. Für solche Touren habe ich allerdings nicht auf das 9‑Euro-Ticket gewartet. Im Urlaub ist die Freizeitmobilität auch mit normalen ÖPNV-Fahrscheinen vergleichsweise günstig – und umweltfreundlich sowieso (Beispiel: Südtirol und Graubünden). Aber auch von zuhause aus geht es immer mal wieder mit der Bahn in die Berge oder in andere Richtungen (Beispiel: "Ein Tag Bayerwald und Oberpfalz"). Mit Start im Raum Bonn sei ein Ausflug mit VRS- und Euregioticket nach Maastricht und Lüttich genannt (Beispielfahrplan, Fotos vom Bahnhof Liège-Guillemins).

Ebenfalls zum Anschauen und Nachlesen im Internet: "Bahn, Bus, Schiff im Ruhrgebiet" oder "Die Bergische Runde". Und das Sauerland stand auch schon auf dem Programm, mit Touren über Bad Berleburg nach Winterberg (Beispielfahrplan) oder via Olpe zur Hönnetalbahn (Beispielfahrplan). In Berlin gibt es zwar auch in der Stadt immer wieder Neues zu sehen, da ich aber bereits recht häufig dort war, sind Ausflüge ins Umland eine interessante Ergänzung – ob mit oder ohne 9‑Euro-Ticket.

Fazit: Ich habe zwar Geld gespart, aber ob ich mit dem 9‑Euro-Ticket Mehrverkehr erzeugt habe, weiß ich nicht. Und sind Ausflüge mit Bus und Bahn wirklich eine so klimaschädliche Freizeitbeschäftigung? Oder gilt das nicht viel eher für das Herumfahren mit dem Auto, sei es im Urlaub oder bei der Freizeitgestaltung in heimischen Regionen? Die Einfachheit, und die Tatsache, das Ticket (in Form meiner MVV-Abokarte) schon in der Tasche zu haben, haben mich sicher zusätzlich motiviert. Wenn man sich neben dem Fahrplan nicht auch noch um Tariffragen kümmern muss, ist das eine große Erleichterung.

Ein schönes Beispiel ist meine Tour aus dem Rheinland zur Kurhessenbahn. Tariflich bietet sich dafür zu normalen Zeiten ein Quer-durchs-Land-Ticket an. Dann wäre ich aber auf der durch zweimaligem Zugausfall notwendigen Ersatzstrecke mit Linienbussen zwischen Olsberg und Korbach erneut zur Kasse gebeten worden. Ob ein Fahrgastrechteantrag dazu auf Zustimmung der DB gestoßen wäre, oder ob ich dann noch deutlich mehr Aufwand hätte treiben müssen, weiß ich nicht. Zum Ärger über die Zugausfälle wäre in jedem Fall der tarifliche Ärger hinzugekommen.

Hier steckt letztlich auch ein Problem des ÖPNV: Wenn die Reise nicht wie geplant funktioniert, oder wenn man seine Ziele nur mit großer Verspätung erreicht, werden die Fahrpreise nicht mehr als angemessen, sondern eher als Abzocke empfunden. Da die meisten Verkehrsverbünde und -unternehmen auch dann den vollen Preis kassieren, wenn einiges nicht klappt, werden Risiken und Zusatzaufwand auf die Kunden abgeschoben. Ein unhaltbarer Zustand.

Ideal wäre es, wenn Bus und Bahn fahren wie in den Fahrplänen angekündigt, und wenn es bei Verspätung eine funktionierende Anschlusssicherung gäbe. Davon sind wir weit entfernt. Dazu kommt, dass Preiserhöhungen im ÖPNV seit langer Zeit über dem Durchschnitt erfolgen. Das mag die Kostensituation der Unternehmen widerspiegeln – ist aber gleichzeitig ein Programm zur Förderung des Autoverkehrs. Was wir brauchen – und zwar eigentlich recht dringend – ist etwas anderes.

Mit einem Preis für den Nachfolger des 9‑Euro-Tickets im mittleren zweistelligen Bereich wird man keine Massen bewegen. Aber es gibt dann weniger Argumente gegen ÖPNV. Busse und Bahnen werden voller werden. In städtischen Regionen wird der Druck durch mehr Fahrgäste vielleicht Angebotsverbesserungen auslösen. Aber wie ist es in ländlichen Regionen, oder in Kommunen ohne finanziellen Spielraum?

Günstige Fahrpreise alleine werden es nicht richten können. Außerhalb der Ballungsräume sind aufeinander abgestimmte Taktverkehre – auch abends und am Wochenende – und eine Erhöhung der Fahrtenzahl, je nach Fahrgastzahlen auch durch On-Demand-Verkehre (Rufbus, Anruftaxi, etc.), das Mittel der Wahl. Insgesamt muss das Angebot von Bus und Bahn aber wieder den Status verlassen, in dem Ausfälle und größere Verspätungen zum Normalfall geworden sind. Ohne eine deutlich verbesserte Zuverlässigkeit wird der ÖPNV immer stärker als ein System auf dem absteigenden Ast wahrgenommen, und nicht als Alternative zum Autoverkehr.
 


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