Aufwändiger »Hoffmann« an der Semperoper

www.semperoper.de



Besuchte Vorstellung 4. Dezember 2016 (Premiere)





Regie

Johannes Erath


Dirigent

Frédéric Chaslin


Bühnenbild

Heike Scheele


Kostüme

Gesine Völlm


Sprache

Französisch


Version

Kaye-Keck


Orchester

Staatskapelle Dresden





Hoffmann

Eric Cutler


Muse

Christina Bock


Olympia

Tuuli Takala


Antonia

Sarah-Jane Brandon


Giulietta

Measha Brueggergosman


Widersacher

Peter Rose








Fazit: Ein fulminanter »Hoffmann« in einem der schönsten und berühmtesten Opernhäuser der Welt, gesanglich ausgezeichnet, begleitet von einem der besten Orchester der Welt, das seinem Ruf alle Ehre machte. Das moderne und optisch anspruchsvolle Bühnenbild sowie die Kostüme waren aufwändig. Zahlreiche Videoprojektionen steigerten den optischen Genuss. Erfreulich die Abwesenheit von aufgesetzten und werkfremden Gags. Neu war die Idee, Hoffmann, seine Muse und den Widersacher als Einheit darzustellen. Auch sonst einige originelle Einfälle der Regie. Von der Interpretation her folgte die Inszenierung dem goldenen Mittelweg. Das Ende wurde ein glückliches für Hoffmann. Ein zusammenfassendes Video kann man hier sehen.



Endlich mal ein neuer »Hoffmann« in Sachsen, nachdem ich 2007 in Zwickau zuletzt einen pfiffigen »Hoffmann« mit einer hervorragenden Olympia sehen durfte. Auf Leipzig und Chemnitz warte ich immer noch. Zu Dresden habe ich eine besondere persönliche Beziehung, nachdem ich 1985 am Plattensee ein Paar aus Dresden kennengelernt hatte, das ich danach häufig besuchte. Im seit damals bestehenden Umfeld bin ich heute noch der Bananenonkel aus der Bananenrepublik. Natürlich benötigte ich jetzt in Dresden kein Hotelzimmer. Danke, liebe Heidrun für die Bewirtung. Die Semperoper, im verheerenden Bombenangriff im Februar 1945 zum Zwecke der Niederringung des Hitler-Faschismus weitgehend zerstört, wurde 1985 wieder in altem Glanz eröffnet. Der Plan dazu wurde übrigens vom bayerischen Märchenkönig Ludwig II. In Auftrag gegeben, aber in München nie ausgeführt.



Auch aus einem anderen Grund war ich gespannt auf Dresden. Im Jahr 2008 hatte ich am Berner Theater einen begeisternden »Hoffmann« vom gleichen Regisseur gesehen. Besprechung hier. Das war nun der dritte »Hoffmann« 2.0 eines Regisseurs innerhalb eines Jahrzehnts. Christian von Götz hatte in Lissabon und Magdeburg zwei völlig verschiedene »Hoffmänner« auf die Bühne gestellt, wobei er sich beim zweiten Mal deutlich gesteigert hatte. Hinrich Horstkotte lieferte nach Halberstadt in Mönchengladbach einen fast identischen, naiv-kindlichen »Hoffmann« ab, obwohl er eine Neuinszenierung angekündigt hatte. Ich war natürlich entsprechend enttäuscht. Nun aber, um die Dresdner Erfahrung reicher, hätte ich der Semperoper geraten, den Berner »Hoffmann« wiederaufzunehmen, denn der war von der psychologischen Interpretation und der gefühlsmäßigen Anmutung um Klassen besser gewesen als die Dresdner Version, allerdings wesentlich weniger aufwändig und musikalisch sowieso gesanglich nicht ganz so hervorragend.



Über dieses prächtige Opernhaus und seine wechselvolle Geschichte findet man einen Artikel in der Wikipedia. Ich hatte schon in DDR-Zeiten mehrere Aufführungen an der Semperoper besucht, aber leider den letzten »Hoffmann« vor 25 Jahren verpasst. Das Haus ist ziemlich groß und hat 1300 Plätze. Im relativ kleinen Orchester zählte ich zwei Kontrabässe und drei Celli. Laut Internetseite war die Vorstellung ausverkauft, aber vor der Oper, auf dem leicht radioaktiven Pflaster, wurde ich von mehreren Kartenverkäufern angesprochen. Innen sah ich ein paar freie Plätze. Da für mich bzw. hoffmannserzählungen.de keine der zahlreich verteilten Presse- und Ehrenkarten übrig war, hatte ich mir eine Karte zu 48 Euro im obersten Rang letzte Reihe gekauft, von dem aus ich dank einem von meinen Freunden damals geschenkten Zeiss-Jena-Feldstecher freie und gute Sicht auf die Bühne hatte. Die Akustik da oben war wie in den meisten Theatern ausgezeichnet. (In der Met bekommt man auf den billigsten Plätzen unter dem Dach die besten Hörerlebnisse, während man im Parkett kaum etwas hört.)



Die Vorstellung begann mit fünf Minuten Verspätung. Erstaunlicherweise hatte man den 40köpfigen und ganz in Schwarz gekleideten Männerchor in den Orchestergraben gestellt. Die Auftakte kamen in einem Tempo, das man noch als maestoso durchgehen lassen kann. Erleichterung meinerseits. Sehr bald war ich wie elektrisiert von dem präzisen Spiel des Orchesters. Der Vorhang ging auf, und ein komplexes Bühnenbild wurde sichtbar. Wir befanden uns in einem Theater, das wohl die Ränge der Semperoper spiegelte.



Zur Vorstellung der Muse wurde ein weißes Tüllkleid sichtbar, das bis zum Ende der Oper als eine Art Running Gag verschiedene Funktionen erfüllte. Die Muse trat in einem androgyn wirkenden Anzug auf und überzeugte gleich mit ihrem Gesang in einem vollen, zum Alt tendierenden Mezzo. Lindorf stieg aus dem Souffleurkasten, während auf der Bühne raffinierte Projektionen abliefen. Eine kleine schwarz-weiße Bühne erschien auf der Bühne, auf der ein verzweifelter Hoffmann lag. Vorne stellte sich Lindorf ziemlich ausführlich vor. Er bestach mit perfektem Bassbariton.


Der vielköpfige Männerchor in Lutters Taverne


Aufwändige Kostüme der Choristen beherrschten die Bühne. Der riesige Chor sang erstaunlich synchron und war gut choreographiert. Hoffmann trat in einem lila Samtanzug auf, in welchen übrigens auch die Muse und Lindorf gekleidet waren. Man wollte offensichtlich die drei Charaktere als Einheit sehen, als drei Aspekte seiner multiplen Persönlichkeit. Das war neu. In Tartu waren die Muse und der Widersacher identisch gekleidet, in München Hoffmann und die Muse. Warum nicht alle drei? Hoffmann hat ja auch einen selbstzerstörerischen Charakterzug, und die Muse verkörpert seine Vernunft. Diese Dreieinigkeit ist also gut nachvollziehbar.


Als Hoffmann im Klein-Zach zu Stella überging, klammerte er sich an das weiße Tüllkleid, das als eine Art Fetisch die Verbindung zu seiner idealisierten Traumfrau herstellte. Es gab kräftigen Applaus für den Klein-Zach. Lindorf betrachtete das Ganze entspannt und siegesgewiss bei einer Flasche Wein in der linken Proszeniumsloge. Genau gegenüber residierte übrigens die Muse. Das Vorspiel zog sich ziemlich lang hin. Auch Gretchen, Eleonore und Fausta wurden erwähnt, aber gut in Beziehung zu Olympia, Antonia und Giulietta gesetzt. 35 Minuten dauerte der 1. Akt in Lutters Taverne (nicht in Auerbachs Keller, wie ein Kritiker meinte). Der zweite Applaus ging an Niklaus für die Vogelarie. Wir befanden uns schon im Olympia-Akt. Scheinbar einträchtig saßen Niklaus, Hoffmann und dessen Widersacher nebeneinander.


Alle in Lila: Spalanzani, Hoffmann und Niklaus


Olympia wurde angedeutet als Puppe in einem Glaskasten, und Spalanzani als eine Art Zauberkünstler, der diese Jungfrau mit einer Säge folgenlos zerteilt. Cochenille wurde als mystisch-elegante Gestalt wie aus einer Commedia dell´arte dargestellt, wie sie einem Film von Nicolas Roeg enstammen könnte.


Spalanzanis Festgesellschaft scheint eher der Pariser Halbwelt als der üblichen Schickeria zu entstammen. Unglaublich der Aufwand, der in Dresden getrieben wurde. Jeder Darsteller hatte ein anderes Kostüm, und das waren keine Kleider von der Stange, wie man sie preisgünstig bei KiK bekommt. Alle trugen dunkle Brillen, was sie wohl als Blinde charakterisieren sollte, die sich wie Automaten bewegten.


Olympia


Dann kam die eigentliche Olympia im weißen Corsagenkleid mit Tüllrock. Schnell und präzise kam das Lob des Chores auf Olympias Augen. Um das zu illustrieren, hatte man 700 Tischtennisbälle manuell so präpariert, dass sie beim Herunterfallen nicht sprangen und das Orchester irritierten. Was für ein Aufwand für eine Szene, die gerade mal drei Sekunden dauerte und die Bedeutung der Augen versinnbildlichen sollte. Aber sie wirkte so, als ob ihre Augen nicht so perfekt funktionierten. Während ihrer Arie wurde sie von Hoffmann umarmt. Als ihr Hoffmann unter den Rock kroch, gab es rechts vorne einen grellen Blitz, und die Sicherung flog raus. Es wurde stockdunkel, und die Oper ging erst weiter, als das Malheur repariert war. Das war eine neue Variante, das Schwächeln der Olympia darzustellen. Für Olympias Arie gab es kräftigen Applaus. Kunterbunte Scherben symbolisierten Olympias Ende, und Hoffmann wurde kräftig verlacht.


Pause und Gang durch die prächtige Oper und Gelegenheit, ein vorläufiges Resumee zu ziehen. Als einer von mindestens zwei Premierenbesuchern, die Eraths Berner Inszenierung gesehen hatten (die anwesende Intendantin der Bregenzer Festspiele hatte sie auch gesehen), kann ich gravierende Unterschiede zwischen beiden Inszenierungen konstatieren. In Bern hatte uns Johannes Erath einen tiefen Blick in Hoffmanns Psyche gewährt, die Oper psycholgisch aufbereitet und mit einfachen aber eindringlichen Mitteln erlebnismäßig vertieft. In mehreren emotional packenden Szenen wurde der Zuschauer quasi zur Identifikation gedrängt. Ich ging tief bewegt, fast ergriffen aus beiden Vorstellungen in Bern. Auch meine Hoffmann-kundige Begleiterin empfand Eraths Berner Inszenierung ebenso. In Dresden dagegen gab es ein aufwändiges, meist gefälliges Spektakel, viel Äkschn und beeindruckende optische Effekte. Die Identifikation mit der Handlung und den Charakteren war in Dresden schwieriger.



Antonias Auftritt war gut inszeniert. Ganz alleine saß die von ihrem Geliebten Getrennte auf leerer Bühne. Mit schöner Stimme sang sie etwas zu dramatisch, aber das ist meistens so. Nur wenige Sopranistinnen bekommen den lyrischen Stimmcharakter hin. Aber sie bekam Applaus für ihr Auftrittslied von der entflogenen Taube. Die verderbliche Rolle der Musik wurde durch einen zerfallenden Flügel symbolisiert. Franz trug die Urne mit der Asche der Mutter herein. Damit Antonia nicht mehr sang, bekam sie ein Klebeband auf den Mund. Naja. Bei dem offensichtlich notwendigen Couplet des Franz hatte man aufgepasst und in den Übertiteln die mangelnde Technik beklagt. Dann stieß Franz die Urne der Mutter um, deren Inhalt verstreut wurde.


Mirakel und Antonia


Ganz interessant war, dass Antonia, die Muse und Hoffmann sich in drei verschiedenen Sektoren der Bühne befanden. Sie waren auf der tiefen Bühne perspektivisch hintereinander angeordnet und klar voneinander getrennt. Dann gab es eine Geigenarie des Niklaus, der nun auch ein weißes Tüllkleid trug. Auf den Rücken hatte man die F-Löcher eines Cellos gemalt, wie das Man Ray getan hatte und schon mal 2007 in Kassel auf dem Rücken der Anna Walerowicz zu sehen war. Kräftiger Applaus für die gut gesungene Geigenarie.


Seltsamerweise fremdelten Antonia und Hoffmann, denn es gab vorerst keine Begrüßung. Dann endlich legte Hoffmann seiner Geliebten das weiße Tüllkleid an. Applaus gab es für das schön gesungene Duett der beiden. Bei Mirakels Pseudodiagnose geriet die physische Welt ins Schwanken. Hoffmann versuchte, dieser bedrohlichen Welt durch ein zu hoch gelegenes Fenster zu entkommen, schaffte es aber nicht. (Das war die einzige Parallele zu Bern, wo er versucht, im Giulietta-Akt dem Geschehen zu entkommen). Leider gab es im Antonia-Akt wie so oft einige Längen. Warum ließ man nicht den funktionslosen Auftritt des Franz weg?



Die Mutter trug auch das gleiche weiße Tüllkleid und erschien auf dem hinteren Sektor der Bühne. Links waren drei hintereinander gestaffelte ominöse Luken, aus denen alles Mögliche kam oder darin verschwand. Aus einer ragten die Füße einer Toten, vielleicht als Mahnung an die zerstörte Olympia. Riesenapplaus gab es für das großartig gesungene und begleitete Terzett Antonia – Mirakel – Mutter, vermutlich musikalisch das beste, das ich je hörte. Das Orchester spielte weiter, aber wir ließen uns nicht beeindrucken und klatschten weiter. Antonia sang sich einsam und alleine zu Tode. Dabei stand der falsche Arzt teilnahmslos in der Proszeniumsloge.



Dann kam eine längere stumme Pause. Hüstel, hüstel. Da könnte man doch eine der vielen Melodien spielen, die den notwendigen Streichungen zum Opfer fallen müssen.


Hoffmann als Hahn im Korb. Oben Giulietta.


Der Giulietta-Akt begann mit einer gefühlvoll gesungenen Barkarole, bei der Giulietta und Niklaus nahe beeinander standen. Zwar hatte man die Piccoloflöte nicht herausgenommen, aber sie wurde verhalten gespielt und kreischte nicht. Fünf Frauen in weißen Tüllkleidern, Hoffmanns Verflossene, standen nun auf der Bühne. Gemeinsam begrapschten sie Hoffmann, den Hahn im Korb. Giulietta bat: Nehmt Platz zu Pharaon. Doch niemand ließ sich zu dem Brettspiel nieder. Offensichtlich kannte man das in Dresden nicht oder hatte es vergessen. So konnte Hoffmann auch nicht sein Geld verlieren.


Obwohl in der Einführung die Diamantenarie angekündigt worden war, ertönte nun eine konverntionelle Spiegelarie, dieses Kuckucksei, das Andreas Bloch 1908 in Monaco den Contes verpasst hatte, und das seitdem unausrottbar erklingt. Wenn man, wie in Dresden schon die teure Kaye-Keck-Fassung spielt (ca. 15% jeder Abendkasse), könnte man doch die hübschere und musikalisch anspruchsvollere Diamantenarie Jacques Offenbachs spielen. Oder man hätte in der stummen Umbaupause die unechte Arie vor dem Vorhang singen lassen können, wie das William Friedkin am Theater an der Wien originellerweise getan hatte. Dann hätten die schlecht informierten Traditionalisten keinen Grund zum Meckern. Dazu wurde auf der Bühne viel herumgespiegelt, und es gab verhaltenen Applaus für die Spiegelarie, obwohl sie stimmlich hervorragend präsentiert wurde, wenn auch etwas emotionslos. Der Sänger des Widersachers besitzt eine begnadete Stimme, zeigte aber in allen Rollen wenig Variabilität.


Schönes Ambiente bei Giulietta


Schöne Farben und Beleuchtungseffekte erfreuten nun das Auge. Dann kam ein gelungener Einfall. Giulietta sang im Stil einer erotischen Revuesängerin Die Liebe sprach … in ein Shure-Mikrofon. Das tat sie derart gut, dass ich bedauerte, als sie nach nur wenigen Takten in konventionellen Arienstil überging. Sie hätte von mir aus gerne weiter so erotisch ins Mikrofon hauchen können. Ich musste dabei an Marilyn Monroes Happy birthday Mr President … denken. Sie bekam verdienten Applaus. Als Hoffmann sein Spiegelbild verloren hatte, wurde er von Dapertutto kräftig verspottet.


Ein Leichnzug kam herein, als das Sextett erklang. Der kaputte Flügel wurde als Sarg hereingetragen. Allerlei Utensilien wurden in den Flügel gelegt, bevor er verschlossen wurde. Um das übliche Patzen nach der Fermate zu verhindern, wenn ein paar dutzend Leute gleichzeitig einsetzen müssen, ließ man Giulietta eine Note voraus singen. (Nur in Bad Orb hatten dies bisher die dortigen Amateure präzise hinbekommen). Bei der Wiederholung der Barkarole starb Giulietta während sie Hoffmann umarmte. Mit ihr sanken auch Olympia und Antonia hin. Schluss mit Lustig für Hoffmann.


Fehlerlos, wie von der Staatskapelle nicht anders zu erwarten, erklang der ernüchternde Hörnerchor, der den Träumer in die Wirklichkeit weckte. Mehrere Gestalten aus den drei Akten, darunter drei Frauen in weißen Tüllkleidern, bewegten sich langsam rückwärts schreitend von rechts nach links. In der Bühnensprache bedeutet das Verschwinden in die Vergangenheit oder nichts Gutes. Auch die Muse ging rückwärts auf Hoffmann zu, doch beide fanden sich. Mit bewegender lyrischer Stimme sang sie Die Asche deines Herzens … Stürmische Umarmungen der beiden folgten. Dann legte sie ihr Tüllkleid ab und bot uns ihren nackten Rücken mit Man Rays F-Löchern. Auf den schrieb Hoffmann mit einem Gänsekiel seine Erzählungen. Das war ein bewegender und korrekter Schluss.



Noch vor dem einsetzenden stürmischen Applaus erklang ein lautes Buh! Doch danach wurde heftig geklatscht. Ein bejubelter Hoffmann eröffnete den Reigen der Soloauftritte, dann folgte gleich das Ensemble. Der größte Chor aller Zeiten samt seinem Leiter wurde verdient bejubelt. Es gab auch Jubel für die drei Sopranistinnen, großen Jubel für den Widersacher und lauten Jubel für die Muse, und immer wieder für Hoffmann. Jubel auch für das wahrlich ausgezeichnete Orchester, das keinen Vergleich zu scheuen braucht.



Als das Regieteam erschien, erschollen zahlreiche Buhrufe, es wurde aber auch geklatscht. Deswegen nahm man das Regieteam gleich wieder von der Bühne. Später erschien es wieder, und auch die Buhrufe wurden erneuert. Fast zehn Minuten dauerte der Applaus, der ehrlich, aber nicht enthusiastisch war.



Persönlicher Epilog: Wäre ich nicht einer der Wenigen gewesen, die auch Johannes Eraths Berner »Hoffmann« sahen, hätte ich diese Inszenierung für gut befunden. Eine weitghehend werkgetreue Interpretation, keine aufgesetzten Bizarrerien und keine Verfremdungen, ausgezeichneter Gesang in allen Rollen und natürlich dieses Spitzenorchester. Aber da rumorte der Berner »Hoffmann« in meinem Hinterkopf. Hätte man den übernommen, hätte man sich viel Aufwand gespart, hätte es vermutlich keine Buhrufe gegeben, und das Publikum hätte vermutlich im Stehen applaudiert und wäre geläutert aus dem Hause gegangen.

Leider ist es ja so, dass viele außergewöhnlich gelungene Inszenierungen dem Vergessen anheimfallen, wenn sie abseits der sogenannten ersten Häuser stattfanden. Dagegen gingen mehrere unauffällige Inszenierungen auf Reisen, wie der oberflächliche »Hoffmann« 1.0 des Königlichen Theaters Madrid wurde zwischen Tel Aviv und Bergen/Norwegen gespielt, der verfremdete »Hoffmann« 2.0 von Madrid reiste nach Stuttgart, und der dümmliche »Hoffmann« der Münchner Staatsoper wanderte nach London.

Alle Rechte an den obigen Szenenfotos liegen beim Fotografen Jochen Quast und bei der Semperoper Dresden. hoffmannserzählungen.de dankt für die Überlassung der Szenenfotos.


Niemand bisher griff die geniale Inszenierung Johannes Eraths in Bern, den sensiblen »Hoffmann« Christof Nels in Mannheim oder den unter die Haut gehenden »Hoffmann« Lorenzo Fioronis in Osnabrück auf, um nur einige der herausragenden »Hoffmänner« zu nennen, derer nur mehr auf dieser Seite gedacht wird.



Startseite o weiter nach Meiningen